«Bei uns geht es primär um Musik» – Nordstern-Chef Agi Isaku im Interview

Nach langem Brodeln in der Gerüchteküche gab Nordstern-Chef Agi Isaku bekannt, dass sein Club aufs Schiff umzieht. Ein Gespräch über seine Pläne am Rhein und seine Zusammenarbeit mit der Nightlife-Grösse Simon Lutz.

Agi Isaku an seiner künftigen Wirkungsstätte: Noch ist der Schiffssteg an der Anlegestelle provisorisch abgesperrt. 

(Bild: Timon Christen)

Nach langem Brodeln in der Gerüchteküche gab Nordstern-Chef Agi Isaku bekannt, dass sein Club aufs Schiff umzieht. Ein Gespräch über seine Pläne am Rhein und seine Zusammenarbeit mit der Nightlife-Grösse Simon Lutz.

Agi Isaku ist ein umtriebiger Club-Betreiber, Veranstalter und Szenenkenner. Seit 15 Jahren arbeitet er nonstop im Club-Business. Nach einer längeren Zeit als Veranstalter in Zürich hat er aus dem Nordstern in Basel einen der erfolgreichsten Clubs der Schweiz gemacht. Erst kürzlich hat das Nordstern erneut den Swiss Nightlife Award in der Kategorie Best Club gewonnen. Vor zwei Wochen gab er bekannt, dass das Nordstern eine neue Heimat gefunden hat. Im April ist Schluss am Voltaplatz, ab Mitte Juni werden die Nordstern-Betreiber auf das Schiff mit dem offiziellen Namen Expostar nach Kleinhüningen umziehen. Mit an Bord neben Isaku ist auch Acqua-Betreiber Simon Lutz. Die TagesWoche hat Agi Isaku exklusiv zu seinen Plänen befragt.

Womit haben Sie sich in den letzten Wochen am meisten beschäftigt?

Im Vordergrund stehen im Moment die Vorbereitungen auf das Closing Ende April. Wir werden die Schliessung des Clubs mit einer 72-stündigen Party begehen. Das bedeutet natürlich sehr viel Arbeit. Parallel dazu haben uns auch der Transport des Schiffs nach Holland sowie der äusserst aufwendige Umbau sehr beschäftigt. Keine einfache Sache. Und dann sind wir schon an der Programmierung des zweiten Halbjahres.

Wann geht es denn los mit dem neuen Club?

Mitte Mai wird das Schiff aus Holland zurückkommen. Dann müssen noch die letzten Feinschliffe vorgenommen werden. Die Eröffnung ist Mitte Juni geplant – zeitgleich zur Art Basel.

Agi Isaku, 37, ist in Stein (AG) aufgewachsen. Mit 18 Jahren begann er, professionell Partys zu veranstalten. Von 2003 bis 2010 lebte er in Zürich. Unter anderem war er für das Freddy Burger Management tätig und organisierte Partys im Kaufleuten, im Club Q und auch im Supermarket. 2006 startete er im Nordstern. 2010 entwickelte er aus dem ehemaligen Kulturprojekt Nordstern gemeinsam mit Nordstern-Gründer Gregory Brunold den Club Nordstern.

In den letzten Wochen gab es immer wieder Gerüchte rund um das Nordstern und den Umzug aufs Schiff. Wie gehen Sie mit dem Medienrummel um?

Ich persönlich bin eher medienscheu und bleibe lieber im Hintergrund bei meiner Kernaufgabe, nämlich dem Clubmanagement. Medienanfragen versuchte ich in letzter Zeit abzublocken. Die Konsequenz daraus ist, dass gewisse Medien angefangen haben, Falschinformationen zu veröffentlichen – für mich eine sehr ärgerliche Angelegenheit. Aber am Schluss muss man sagen: Es ist Teil des Geschäfts. Was mich persönlich jedoch am meisten freut, sind die positiven Reaktionen in den sozialen Medien. Da gibt es eine grosse Gemeinschaft, die sich für uns mitfreut und die sich für uns engagieren will.

Warum haben Sie so lange gewartet, um die Neueröffnung auf dem Schiff offiziell anzukündigen?

Wir wollten abwarten, bis der Transport des Schiffs nach Holland vollständig abgeschlossen war. Wie erwähnt, war das ein arbeitsreiches Unterfangen – da gibt es so viele Faktoren, die man berücksichtigen muss: Zollformalitäten, mögliches Hochwasser und so weiter. Diesen Prozess wollten wir sauber abschliessen, bevor wir mit der Kommunikation rausgehen.

Warum wird das Schiff in Holland umgebaut?

In Basel existiert keine passende Werft. Es gibt ein Unternehmen in Luzern. Aber das Schiff an den Vierwaldstättersee zu transportieren, wäre schlicht unmöglich gewesen. 



Die Expostar wird in Holland komplett renoviert. 

Die «Expostar» wird in Holland komplett renoviert.  (Bild: Nordstern)

Was wird denn auf der «Expostar» alles neu werden? Was wird genau umgebaut?

Unter anderem gibt es neue sanitäre Anlagen und eine neue Lüftung. Der ganze Clubraum wird komplett umgebaut. Wir wollen die Decke um einen Meter fünfzig erhöhen. Und es wird ein Raum-im-Raum-System etabliert, um eine optimale Schalldämpfung und Soundqualität zu erreichen. 

Das klingt teuer. Was kostet dieser Umbau?

Über Zahlen rede ich nicht. Aber Tatsache ist, dass es sich um eine beachtliche Stange Geld handelt, die wir aus Sponsorengeldern und Eigenkapital zusammengebracht haben.

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Sie reden von Eigenkapital. Wird man mit einem Club wie dem Nordstern reich?

Wir organisieren dreimal wöchentlich eine Party. Davon ist jedoch nicht jede gewinnbringend. Zudem investieren wir ständig in unsere Infrastruktur und in die Programmierung. Wir beschäftigen über 45 Mitarbeiter – davon sind sieben fest angestellt. Insgesamt sind es rund 26 Vollzeit-Stellen. Reich wird man mit einem Club wie dem Nordstern also nicht. Jedoch kann ich bei einem Arbeitspensum von bis zu 14 Stunden täglich gut davon leben.

Soll das Club-Konzept auf dem Schiff gleich bleiben wie im Nordstern?

Unser Konzept ist sehr erfolgreich – warum sollten wir es also ändern? Wir werden weiter Top-Stars wie Richie Hawtin oder Ricardo Villalobos buchen. Ergänzend zu den ganz bekannten Namen werden wir auch spannende Geheimtipps präsentieren, die man bei uns entdecken kann.

Wie steht es um das Nordstern-Team? Zieht das mit aufs Schiff?

Das Team soll weitgehend gleich bleiben. Das gilt für das Büro-Team, die Security und auch die Leute hinter der Bar.

Apropos Team: Wie jetzt offiziell bekannt ist, arbeiten Sie auf dem Schiff mit Simon Lutz zusammen. Wie kam es zu dieser Partnerschaft?

Simon Lutz kenne ich seit vielen Jahren. Ich hab als etwa Zwanzigjähriger Veranstaltungen im Atlantis organisiert, als Simon Lutz Teil des Teams dort war. Mittlerweile sind wir sehr gute Freunde und verstehen unsere Zusammenarbeit als perfekte Ergänzung unterschiedlicher Stärken. Wir sind so wie Yin und Yang. Auch wenn er zu einer anderen Generation von Veranstaltern gehört als ich, passen wir gut zusammen. Wir denken ähnlich über Basel. Wir wollen beide, dass diese Stadt für den Tourismus und für das internationale Publikum noch attraktiver wird.



Die Schiffsluke gewährt tiefen Einblick in die aufwändige Baustelle. 

Die Schiffsluke gewährt tiefen Einblick in die aufwendige Baustelle.  (Bild: Nordstern)

Wann kamen Sie eigentlich auf die Idee, das Schiff zu übernehmen?

Zum ersten Mal mit den alten Mietern vom Schiff in Kontakt getreten bin ich vor zehn Jahren. Damals wurde eine Zusammenarbeit abgelehnt. Dann kam die Partnerschaft mit Gregory Brunold im Nordstern. Eine Partnerschaft, über die ich sehr glücklich bin, wenn man die Erfolgsgeschichte des Nordstern betrachtet. Partys auf dem Schiff zu organisieren war aber schon immer mein Traum. Und nun hat sich dieser Traum erfüllt, worüber ich sehr glücklich bin. Denn so geht die Geschichte vom Nordstern an einem Ort weiter, den ich als perfekt betrachte. Für mich ist diese Location weltweit einzigartig.

Wird das Schiff Nordstern heissen?

Damit haben wir uns noch nicht beschäftigt. Gerade haben wir anderes zu tun. Aber der Name «Das Schiff» wird wahrscheinlich nicht beibehalten.



Der Club-Raum bekommt nicht nur einen Neuanstrich.

Der Clubraum bekommt nicht nur einen Neuanstrich. (Bild: Nordstern)

Wie steht es um das Sonnendeck auf dem Schiff? Finden da künftig Open-Air-Partys statt?

Wir müssen sehr vorsichtig sein, was die Lärmemissionen betrifft. Das Schiff hat immer wieder Probleme mit den französischen Anwohnern gehabt. Grosse Partys auf dem Deck sind also nicht geplant. Die Musik wird eher im Hintergrund laufen. Aber wir wollen das Sonnendeck auf eine sehr spannende Art und Weise neu gestalten. 

Simon Lutz und Sie haben im letzten November die Luis AG gegründet. Die AG ist Mieterin des Schiffs. Werden Sie das Schiff irgendwann zusammen erwerben?

Die Luis AG hat ein Vorkaufsrecht. Zurzeit steht eine feste Übernahme jedoch nicht zur Diskussion.

Sie sind 37 Jahre alt. Seit 15 Jahren sind Sie im Veranstalter-Business professionell tätig. Nun verwirklichen Sie mit dem Schiff einen Traum. Ist das Ihre letzte Station im Clubwesen?

Ich fühle mich noch zu jung, um so etwas zu sagen. Tatsache ist, dass ich ein Macher bin. Noch ist es zu früh, an meine Pension zu denken!

Der neue Club auf dem Schiff klingt nach einem eher luxuriösen Projekt mit erstklassigem Equipment und der passenden Gastronomie. Ist das ein Zeichen dafür, dass Sie in den letzten Jahren selber anspruchsvoller geworden sind?

Mit 25 habe ich tatsächlich eher trashige Underground-Clubs spannend gefunden. Nicht nur ich bin diesbezüglich anspruchsvoller geworden. Die ganze Szene hat sich weiterentwickelt. Die junge Clubber-Generation mag heute eher einen sauberen, professionellen Club als eine runtergekommene Location. Alles ist kommerzieller geworden. Eine Underground-Szene existiert so ja gar nicht mehr.

Wird sich das Zielpublikum am neuen Ort verändern?

Wir haben nie auf Äusserlichkeiten geschaut, wenn es um den Einlass ging. Es geht uns darum, dass unser Publikum versteht, was wir machen, und dies schätzt. Bei uns geht es primär um Musik – das müssen unsere Gäste verstehen. Private Tischreservationen in einer Lounge und Flaschenverkauf wollen wir auch im neuen Club nicht.

Die Party-Reihe von «GayBasel» hat lange Tradition auf dem Schiff. Die nächste Ausgabe am 18. Juni kann nicht stattfinden. Warum nicht?

Wir haben die Veranstalter von «GayBasel» kurz nach der Übernahme proaktiv kontaktiert. Leider liegt ihr erstes Wunschdatum mitten in der Art-Basel-Woche. Wir sind zu diesem Zeitpunkt programmatorisch im Club wie auch im Restaurant bereits schon ausgebucht. Deswegen haben wir in Absprache mit den Veranstaltern einen Alternativtermin am zweiten Juli vereinbart.

Die Clublandschaft in Basel hat sich in den letzten Wochen verändert. Der Hinterhof darf weitere fünf Jahre am alten Standort bleiben. Es eröffnen neue Clubs, wie das Café Singer oder auch der Schallplatz an der Heuwaage. Wie betrachten Sie das aktuelle Umfeld?

Es gibt in Basel rund acht Clubs oder Bars, die elektronische Musik spielen. Die Mitbewerber auf dem Markt sind sehr unterschiedlich. Es gibt Clubs wie den Hinterhof, die auf Nachhaltigkeit und Eigenständigkeit setzen. Andere wiederum kopieren meiner Meinung nach bestehende Erfolgskonzepte anderer Locations, was ich wenig authentisch finde. Und schliesslich gibt es auch so etwas wie Preis-Dumping: unendlich lange Gästelisten oder Preisreduktionen, die den Markt schädigen. Genau so wie Clubs, die bereit sind für gewisse Acts doppelt so viel zu bezahlen wie andere.

Sie betreiben selber nicht nur den Nordstern. Auch beim Café Singer und beim Conto am Voltaplatz sind Sie involviert. Besteht da nicht die Gefahr, sich zu verzetteln?

Ich habe mit Anfang zwanzig meine ersten Erfahrungen im Unterhaltungssegment gesammelt, damals bei Freddy Burger (legendärer Zürcher Kulturmanager, Red.). Dann war ich lange beim Seerestaurant Acqua in Zürich. Ich war immer auch in der Gastronomie tätig. Ich bin jemand, der sich ständig weiterentwickeln muss. Den Umbau des Singerhauses zum Café Singer habe ich zwar mitgestaltet – operativ habe ich aber nichts damit zu tun. Im Vordergrund steht für mich nach wie vor das Nordstern. Das Conto ist mein Baby und mein Hobby. Die Aufteilung ist also klar.

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Das nehmen wir zum Anlass für eine Neubetrachtung der Clubszene. 
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