Wenn im Zusammenhang mit Baudenkmälern von «Macht und Pracht» die Rede ist, landet man schnell bei Burgen, Schlössern und herrschaftlichen Anwesen. Daran hat die Nationale Informationsstelle zum Kulturerbe (Nike) natürlich gedacht, als sie das entsprechende Motto für den Denkmaltag schuf. Aber auch an einen Blick darüber hinaus auf «versteckte Formen der Macht im kulturellen Erbe», wie es im nationalen Programm heisst.
An diesen eher «versteckten Formen» dürfte sich die Basler Denkmalpflege orientiert haben, als sie das Programm für Basel zusammenstellte. Denn diesen Samstag geht es durchs «St. Johann – vom Totentanz zum Lysbüchel».
Rundgang durch das Arbeiter- und Industrieviertel
Angekündigt wird ein anregender Mix: «Historische Altstadthäuser und Bürgerpalais, Wohnbauten unterschiedlicher Ausprägung, ehemalige Industrieareale und aktuelle Arealentwicklungen, historische Monumente und Parkanlagen mit bewegter Vergangenheit, stadtraumprägende Infrastrukturen und Gebäudekomplexe, alt und neu, beständig und flüchtig, beschaulich und rasant», wie es im lokalen Programm heisst.
Natürlich wird es offensichtliche Zeugnisse von «Macht und Pracht» zu sehen geben: klassizistische Prachtbauten an der St.-Johanns-Vorstadt, wie der Erlacher- und Formonterhof, oder das Klinikum 1 des Universitätsspitals, die als «Ikone des modernen Spitalbaus» betitelt wird.
Richtig spannend wird es aber weiter nordwärts, wenn man in die Entwicklung des Arbeiter- und Industrieviertels eintauchen kann, in ein Quartier, das sich in jüngster Vergangenheit rasant verändert hat und auch in Zukunft städtebaulich nicht so rasch zur Ruhe kommen wird.
Einer der vielen Rundgänge führt zum Beispiel auf das Industrie- und Gewerbeareal Lysbüchel, das sich unter dem Namen Volta Nord zum neuen Stadtteil entwickeln soll. Ein anderer erzählt die Geschichte nach, wie aus der Pflanzenschule der Stadtgärtnerei das Kulturtreibhaus Alte Stadtgärtnerei wurde, das schliesslich für den heutigen St. Johanns-Park geräumt wurde.
Letzte Gelegenheit zur Besichtigung
Ein weiterer der vielen Rundgänge führt in ein Gebäude, dessen Tage gezählt sind – ein Umstand, den die Denkmalpflege offensichtlich bedauert, wie aus der Ankündigung herauszulesen ist. Konkret geht es um das Institut für Organische Chemie am St. Johanns-Ring.
Die Denkmalpflege bezeichnet das Gebäude, das der damalige Kantonsbaumeister Julius Maurizio 1949 bis 1952 für den Nobelpreisträger Tadeus Reichenstein errichtet hatte, als einen «der markantesten Bauten der frühen Nachkriegsmoderne in Basel».
Das zum grossen Teil original erhaltene Institutsgebäude wird in den nächsten Jahren neuen Forschungsbauten weichen müssen. Regierung und später auch das Appellationsgericht stuften die Bedürfnisse der Uni nach zeitgemässen Forschungsstätten höher ein als die Schutzwürdigkeit des Baus. Wann die Abbruchmaschinen auffahren werden, steht zwar noch nicht fest. Dass sie es aber dereinst tun werden, schon.
Wer also die Gelegenheit zur Besichtigung verpasst, wird wohl keine weitere mehr erhalten.
Europäischer Tag des Denkmals in Basel: «St. Johann – vom Totentanz zum Lysbüchel», am Samstag, 9. Februar 2017. Mit vielen Führungen, Spezialangeboten und Live-Musik mit dem Sinfonieorchester Basel und Ira May.