Heute Abend feiert «Biedermann und die Brandstifter» im Theater Basel Premiere. In Volker Löschs Inszenierung werden die mysteriösen Brandstifter die Ausländer sein.
Als «Biedermann und die Brandstifter» 1958 in Zürich uraufgeführt wurde, war das Publikum Feuer und Flamme. Zu dumm. Im Stück nimmt der Fabrikant Biedermann, dessen Name Programm ist, zwei «Fremde» in sein Haus auf, obwohl diese keine Andeutung auslassen, dass sie Brandstifter sind. Da raunten die Theatergänger: «So kommt es, ja, so kommt es, wenn man Kommunisten in sein Haus lässt» – das war nicht in Frischs Sinne.
Deswegen schrieb er ein Nachspiel. Setting ist die Hölle, in der sich alle Figuren wieder treffen, die Biedermanns eingeschlossen. Womit Frisch die Message auf volle Lautstärke drehte. Um jeden Zweifel auszukehren, sind die Biedermanns dort Sympathisanten der Nazis. Wenig später strich Frisch das Nachspiel wieder. Er wollte nicht, dass die Figuren in der Vergangenheit angesiedelt sind und auf ein bestimmtes Land gemünzt.
Was jedoch in Erinnerung bleibt, ist der schöne Untertitel:
«Lehrstück ohne Lehre – Mit einem Nachspiel»
Dieses Nachspiel, wenn man so will, liefert Volker Lösch mit seiner Inszenierung am Theater Basel nach. Im Ankündigungstext zitiert die Website Frischs berühmten Satz: «Man hat Arbeitskräfte gerufen und es kommen Menschen.» Löschs Inszenierung wird sich also auf unseren Umgang mit den Ausländern beziehen – er hätte nach dem 9. Februar keinen aktuelleren Anlass finden können. Neben dem Feuerwehrchor wird Lösch auch einen Löschtrupp aus Asylanten auf die Bühne schicken, ebenfalls in chorischer Funktion. Seine Brandstifter sind die Ausländer. Und die Biedermänner – eine Mehrheit von uns. Wir sind in unserer Anschauung aus Bequemlichkeit Freunde des Multikultis und im Herzen nicht so sicher, wie wir das eigentlich finden. Frischs Brandstifter werden uns also keinen Ausweg lassen. Denn der Autor hat sie mit einem Sprachskill ausgestattet, der es dem Biedermann unmöglich macht, sie vor die Tür zu setzen. Jede Andeutung, dass sie sein Haus in die Luft jagen werden, kombinieren sie mit der Erleichterung, in Biedermann noch einen guten Menschen vor sich zu haben, der nicht jeden Fremden gleich für einen Brandstifter hält. Da werden auch reaktionäre Herzen weich.
Frischs «Lehrstück ohne Lehre» wird bei Lösch doch wieder eine Lehre bekommen und klar ausdeuten, mit welchen Fremden Biedermann da ringt. Das obwohl sich der Autor 20 Jahre nach Uraufführung selbst dazu äusserte, wen seine Brandstifter seiner Meinung nach darstellen: «Es gibt Pyromanen. Ihre Tätigkeit ist apolitisch. Ich meine, ihre Tätigkeit gehört in die Familie der Dämonen. Sie sind geboren aus Gottlieb Biedermann selbst: aus seiner Angst, die sich ergibt aus seiner Unwahrhaftigkeit.» Und das passt schon wieder sehr gut. Dass die Bedrohlichkeit der Ausländer aus unserer Angst geboren wird, spricht sich hoffentlich bald rum. Das Nachspiel zur gegenteiligen Überzeugung haben wir ja bereits am Laufen.
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Theater Basel, Premiere am 27. Februar. www.theater-basel.ch