Bizarr ist er am besten

Das Kunstmuseum Basel zeigt James Ensor. Vor allem die selten gezeigten Radierungen und Zeichnungen des belgischen Künstlers sind den Besuch der Ausstellung wert.

011 (Bild: © Lukas-Art in Flanders vzw, Foto Hugo Maertens und d/arch / )

Das Kunstmuseum Basel zeigt James Ensor. Vor allem die selten gezeigten Radierungen und Zeichnungen des belgischen Künstlers sind den Besuch der Ausstellung wert.

Schwirren wir kurz durch die Räume, von vorne nach hinten, und nehmen im Vorbeigehen mit, was uns auffällt: Gemälde, viele Radierungen und Kupferstiche, grosse Formate, kleine Formate. Landschaften, Porträts, Seebilder, asiatische Zeichnungen, Karikaturen, Stillleben – die Liste liesse sich fortführen.

Wüsste man es nicht besser, weil man unten an der Kasse des Kunstmuseums ein Ticket gelöst hat für die James Ensor-Ausstellung, so könnte man auch meinen, eine Gruppenausstellung durchflogen zu haben.

James Ensor (1860-1949) durchlebte in seiner Zeit als Maler viele Phasen. Und wenn er später von sich selber sagte, er habe die Moderne vorweggenommen – und zwar all ihre Strömungen –, so meinte er das durchaus ernst. Mangelndes Selbstbewusstsein kann man dem Belgier also nicht vorwerfen, und ebensowenig, nichts gewagt zu haben.

Kritik an den Kritikern

Ensors Werk begeisterte zu seinen Lebzeiten nicht die Massen, und selbst in der Künstlergruppe «Les XX», die er mitbegründet hatte, waren seine Arbeiten umstritten. Die ewige Kritik setzte dem Maler zu, doch er hörte nicht auf zu malen. Im Gegenteil: Er fand einen Weg, den Frust in seiner Malerei künstlerisch zu verwerten.

«Umgeben von Feindseligkeit (…), fand ich Vergnügen daran, Masken zu malen. Seitdem verlässt mich die Lust an der Maske nicht mehr. So konnte ich die scheinheiligen, heuchlerischen, berechnenden und trügerischen Gesichter der Feiglinge, die durch meine verächtlichen Veränderungen vernichtet wurden, philosophisch betrachten», erklärte er. Die Masken wurden zu Ensors Markenzeichen. Und doch ist er nicht nur darauf zu beschränken, wie das Kunstmuseum mit seiner Ausstellung zeigt.

Farbe, Licht und Ironie

Den Auftakt der Schau macht eine Reihe von frühen Werken des Künstlers. Gleich links neben der Tür hängt ein kleinformatiges Bild, das einen Badewagen am Strand von Ostende zeigt. Die Farben des Bildes sind gedeckt, pastellig, pastos aufgetragen. Es folgen Seestücke und ein paar Porträts, die sich nicht sonderlich von Werken seiner Zeitgenossen abheben – wenn man von der grossformatigen «Austernesserin» absieht.

Diese Frau sorgte 1882 für Furore. Zwar ist sie züchtig bekleidet, doch der Maler hat sie in einem Moment abgebildet, der sich damals nicht zur Verewigung eignete: Die Dame ist gerade dabei, eine Auster aus einer Schale zu heben, in der linken Hand hält sie das Austernmesser. Heute scheint uns eine solche Szene nicht unanständig, doch damals war es revolutionär, einen derart privaten Moment öffentlich darzustellen.

In solchen Momenten offenbart sich in Ensors Werk tatsächlich ein Ausblick auf die Moderne. Er besass ausserdem unbestritten ein ausserordentliches Gefühl für Licht und Farbe, das Zeitgenossen inspirierte und dazu führte, dass man Ensor hauptsächlich als «Künstler der Künstler» sah.

In Schwarzweiss am besten

Was Ensor aber wirklich erst einzigartig macht, ist die teils bizarre Ikonografie eines Teils seiner Werke. Diese offenbart sich nicht zuletzt in seinen grossartigen Radierungen und Zeichnungen, von denen das Kupferstichkabinett eine ansehnliche Menge besitzt und die in dieser Ausstellung zu Recht einen wichtigen Part einnehmen.

Hier hat er vieles ausprobiert, was in seinen Gemälden dann Verwendung fand. Hat andere Meister kopiert – Rembrandt beispielsweise oder den japanischen Maler Hokusai. Einiges ist dem Genre der Karikatur nicht unähnlich, und in vielen dieser kleinen Arbeiten zeigen sich der Humor und die Ironie, die der Künstler offensichtlich besass – er konnte auch bissig werden.

Daneben verblassen die Gemälde fast, selbst die bunten Maskenbilder und Skelettszenen, die Ensor schuf, um der Gesellschaft ihren Spiegel vorzuhalten. Trotzdem lohnt es sich, einen Blick darauf zu werfen. Die Details sind manchmal umwerfend komisch.

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«James Ensor – Die überraschten Masken», Kunstmuseum Basel, bis 25. Mai 2014.

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