Culturescapes 2014 mit einem abgespeckten Tokio-Schwerpunkt

Mit dem Schwerpunkt Tokio 2014 präsentiert Culturescapes ein spannendes, gegenüber früheren Ausgaben aber deutlich schlankeres Festivalprogramm. Die finanzielle Situation zwingt die Veranstalter überdies, ab 2015 vom Einjahres- auf einen Zweijahresrhythmus umzustellen.

Mit seinen «Toky(o)bsessions» eröffnet der Fotokünstler Kyoichi Tsuzuki Einblicke in spezielle Nischen des Lebens in der japanischen Metropole. (Bild: Kyoichi Tsuzuki)

Mit dem Schwerpunkt Tokio 2014 präsentiert Culturescapes ein spannendes, gegenüber früheren Ausgaben aber deutlich schlankeres Festivalprogramm. Die finanzielle Situation zwingt die Veranstalter überdies, ab 2015 vom Einjahres- auf einen Zweijahresrhythmus umzustellen.

Es war und ist noch immer eine ganz schön grosse Kiste: das jeweils auf geografische Schwerpunkte fokussierte Mehrspartenfestival Culturescapes, das dieses Jahr seine 14. Ausgabe präsentieren wird. Vom 27. September bis 22. November 2014 führt die Reise in die japanische Wahnsinns-Metropole Tokio und damit zu Kunst- und Kulturprojekten am «Schnittpunkt zwischen grossen Traditionen und Cyberspace».

Aber Festivalgründer und -direktor Jurriaan Cooiman räumte an der Medienorientierung zum aktuellen Programm ein, dass die diesjährige Ausgabe «Tokio 2014» deutlich kleiner ausfallen wird, als das beim Balkan-Schwerpunkt von 2013 noch der Fall war. Offensichtlich hat das überreich befrachtete Festivalprogramm des vergangenen Jahres die eigentlich etablierte Veranstaltungsreihe an den Rand des Ruins gebracht.

Finanzielles Risiko

«Das Thema ‹Balkan› mit Produktionen aus acht Ländern hatte uns dazu verleitet, etwas zu gross aufzutischen», sagt Cooiman. Doch der Festivaldirektor ist nicht einer, der so schnell aufgibt. Als projektfinanziertes Festival konnte (und musste) Culturescapes wieder von Neuem beginnen. Überdies laufen gemäss Cooiman bereits die Vorbereitungen zur Ausgabe 2015 mit dem Schwerpunkt Island, bevor sich das Festival, das bislang jährlich stattfand, dazu gezwungen sieht, zur Biennale zu werden, also in den Zweijahresrhythmus zu wechseln.

Aber auch die schlankere Ausgabe 2014 bleibt ein finanzielles Risiko. Eines indes, das nicht in erster Linie das Festivalteam selbst, sondern einer der Partner zu tragen hat. Ein Partner, der dies, angetrieben durch eine grosse Begeisterung für die japanische Kultur, bewusst und freiwillig tut.

Riesenkiste «Bunraku»

Die Rede ist von Herbert Haag, Präsident der Schweizerisch-Japanischen Gesellschaft und einer der vielen Partner von Culturescapes. Er, der viele Jahre in Japan gelebt hat, möchte sich zum Anlass des 150-Jahr-Jubiläums der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Japan einen Traum erfüllen. Dieser Traum trägt den Namen «Bunraku», eine sehr traditionsreiche und spezielle Form des Figurentheaters und überdies ein Stück Unesco-Weltkulturerbe.

«Es war ein hartes Stück Arbeit, ‹Bunraku› in die Schweiz zu bekommen», sagte Haag. Weil er es nach drei Jahren Verhandlungen wider Erwarten geschafft hat, vermag die Vorfreude das finanzielle Risiko offenbar aufzuwiegen. 900 000 Franken kostet die Schweizer Gastspielreise – das ist weit mehr, als das eigentliche Gesamtbudget des Festivals von 620 000 Franken, das aber nicht alle Beiträge der Partnerinstitutionen beinhaltet. Etwas mehr als zwei Drittel der Kosten von «Bunraku» sind gesichert. Haag wird also unter Umständen tief in die eigene Tasche greifen müssen.

Eröffnung mit traditionellen Produktionen

Unter anderem mit dem «Bunraku»-Theater wird Culturescapes am 27. September im Theater Basel eröffnet. Es beginnt also mit einem Einblick in die grosse Tradition der Kultur Japans, bevor die zeitgenössische Kultur aus dem Land der aufgehenden Sonne das Programm beherrschen wird. Aber Tobias Brenk, Dramaturg der Kaserne Basel, der das Gesamtprogramm mit spannendem Gegenwartstheater bereichert, betonte an der Medienorientierung, dass man sich «Bunraku» nicht entgehen lassen sollte.

Das gilt auch für die drei zeitgenössichen Produktionen, die in der Kaserne Basel (und an anderen Schweizer Spielorten) gezeigt werden. Es sind dies die Kapitalismus-Farce von Toshiki Okadas chelfitsch Theatre Company, die Tanztheaterproduktion von Kim Itoh und Zan Yamashita sowie Kuro Taninos skurriles Wohnzimmertheater.

Weiterhin zahlreiche Partnerschaften

Die Kaserne Basel ist eine der vielen Partnerinnen, die Culturescapes jeweils einbinden kann. Der Pool reicht vom The Bird’s Eye Jazz Club und der Gare du Nord über die Literaturhäuser von Basel und Zürich, das Neue Kino, das Animationsfilmfestival Fantoche und das Basler Münster bis zum Haus der elektronischen Künste und das Museum Haus Konstruktiv in Zürich.

Alle Partnerinstitutionen aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Berichts sprengen. Die Auswahl vermittelt aber einen Eindruck der Vielfalt des Programms aus den Sparten Film, bildende Kunst, Fotografie, Theater/Tanz, Musik und Literatur mit elektronischer Musik und Jazz-Alphorn-Fusion zwischen Japan und der Schweiz, mit Animations- und Dokumentarkurzfilmen, Ikebana, japanischer Trommelkunst, schrägem Theater, Lesungen, Koch- und Origamikursen sowie vielen Vorträgen.

Ein konkretes Beispiel, nämlich dasjenige von Haus Konstruktiv in Zürich, soll hier dennoch herausgegriffen werden. Dessen Direktorin Sabine Schaschl hat zusammen mit ihrem Kollegen Kenjiro Hosaka vom Museum of Modern Art Tokyo offenbar auf eigene Rechnung eine beachtliche Gruppenausstellung mit Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstlern aus Japan zusammengestellt. Diese trägt den Namen «Logical Emotion – Contemporary Art from Japan», ein inhaltlicher Widerspruch, der durchaus als Hinweis auf die breite Spannweite zwischen konstruktiver und expressiver Kunst verstanden werden kann.

Culturescapes Tokio 2014. Vom 27. September bis 22. November 2014 in Basel und der Region sowie in Bellinzona, Chur, Genf, Lausanne, Lugano, Uster und Zürich. Das detaillierte Programm ist ab 10. September auf www.culturescapes.ch abrufbar.

 

 

 

 

Nächster Artikel