«Das fliegende Klassenzimmer» hebt im Theater Basel nicht wirklich ab

«Das fliegende Klassenzimmer» auf der Kleinen Bühne des Theater Basel hat leider nicht den Drive und den umwerfenden Charme von Erich Kästners Romanvorlage.

Schlafenszeit im Bühnen-Klassenzimmer, das nicht wirklich fliegen will.

(Bild: Simon Hallström)

«Das fliegende Klassenzimmer» auf der Kleinen Bühne des Theater Basel hat leider nicht den Drive und den umwerfenden Charme von Erich Kästners Romanvorlage.

Zur Adventszeit klingelt an den Theatern das Glöckchen für Kinderproduktionen. Das Theater Basel hat in den letzten Jahren auf überzeugende Art bewiesen, dass die obligate Kinderproduktion keineswegs als Pflichtübung abgetan wird. Gerne erinnern wir uns an den herrlich schmissigen «Gestiefelten Kater» vom letzten Jahr, an den erfrischend-skurrilen «Zauberer von Oz» oder an das reizende «Heidi» mit echten Geissen auf der Bühne.

Gross waren also die Erwartungen an die neue Produktion, zumal mit Erich Kästners «Das fliegende Klassenzimmer» die Bühnenadaption eines wunderbaren Jugendromans über Mut, Freundschaft und die spezielle Weisheit von Kindern auf dem Programm steht. Die Erwartungen müssen weitum sehr gross sein, denn alle Vorstellungen bis Weihnachten sind bereits ausverkauft.

Also soll man überhaupt noch über die Inszenierung schreiben? Denjenigen, die ihre Eintrittskarte bereits haben, will man die Überraschung nicht verderben, wie die wilde, lustige und gescheite, aber nicht allzu stringent erzählte (Weihnachts-)Geschichte der Internats-Schulfreunde auf der Bühne umgesetzt wird. Und diejenigen, die keine Karte mehr bekommen haben, will man nicht allzu neidisch werden lassen.

Wilde Geschichte, kraftlos umgesetzt

Nun ja. Wirklich neidisch brauchen die Abwesenden nicht zu sein. Oder: «Das fliegende Klassenzimmer» in der Inszenierung von Daniele Kranz enttäuscht. Die wilden Erlebnisse der Schulfreunde, die sich bei Kästner mit einem grandiosen und fesselnden Drive durch die Buchseiten ziehen, plätschern auf der Kleinen Bühne ziemlich kraftlos dahin. Da hilft auch das Musiker-Quintett nicht, die mit den mehr verspielt als dynamischen Kompositionen des kalifornischen Komponisten Jherek Bischoff aber zumindest etwas Schwung in die Sache bringen.

Zu sehr handelt sich die Inszenierung an der Rahmenhandlung entlang: Der Konflikt der Internatsgymnasiasten mit den Realschülern und der wiedererwachten Freundschaft zwischen dem «gerechten» Hauslehrer Bökh und dem Aussteiger Uthofft. Das mündet sehr früh im Stück bereits in den Höhepunkt: eine Schneeballschlacht mit watteweichen Kunstschneebällen zwischen dem Publikum und den jugendlichen Darstellern auf der Bühne – ein überaus stimmiger Moment, bei dem das eigentlich frisch aufspielende junge Ensemble zeigen kann, welche Energie in ihm stecken würde.

Auf der Strecke bleiben aber die wunderbaren Details, die Kästner herausgearbeitet hat: die merkwürdige aber berührende Freundschaft zwischen dem Angsthasen Uli und dem stets hungrigen Kraftprotz Matz, der forsche Mut des «ulkigsten Primus Europas» Martin, der hier Marie heisst, weil er von einem Mädchen dargestellt wird, der seelische Konflikt des im Roman eigentlich doch nicht ganz so bösen Realschülers Egerland und weiteres mehr.

Blasse Erwachsene, frenetischer Applaus

An den jugendlichen Darstellern liegt das nicht. Sie legen sich mit viel Spielfreude ins Zeug, werden von der Inszenierung aber nicht genügend getragen. Relativ blass bleiben die erwachsenen Hauptfiguren, der Hauslehrer und der Aussteiger, der «Nichtraucher» genannt wird. Das gilt besonders für den Lehrer, der bei Kästner eine weise und gerechte Vorzeigefigur ist. Auf der Kleinen Bühne aber ist ein relativ langweiliger Pauker zu erleben, der zwar nett ist, was aber alleine nicht erklären kann, warum er von seinen Schülern so hoch geachtet wird.

Nun aber genug getadelt. Es ist eine Aufführung für Kinder und Jugendliche ab 6 Jahren, vielleicht sollte ein viel zu alter Kritiker etwas zurückhaltender bleiben. Das werden wohl viele der jungen Zuschauerinnen und Zuschauer denken, die die Premiere miterlebt haben. Sie feierten die Aufführung beim Schlussapplaus und zuweilen auch mit Zwischenapplaus mit grosser Begeisterung. Und ja: Das Publikum hat am Ende immer recht.

Theater Basel: «Das fliegende Klassenzimmer» nach Erich Kästner. Weitere Vorstellungen: Bis 22. Dezember alle ausverkauft (Restkarten an der Abendkasse), am 26. und 27. Dezember 2016 sowie am 14. und 15. Januar 2017 gibts noch Karten.

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