Das jüngste staatliche Museum mit den ältesten Objekten

Das Antikenmuseum Basel wird 50 Jahre alt. Das jüngste staatliche Museum Basels ist auf der einen Seite ein Musterbeispiel für das legendäre Mäzenatentum Basels. Auf der anderen Seite ist es das einzige Haus, dessen Ursprünge nicht Jahrhunderte zurückreichen.

Vor 50 Jahren öffnete das Antikenmuseum Basel als jüngstes der staatlichen Museen Basels seine Pforten.

Das Antikenmuseum Basel wird 50 Jahre alt. Das jüngste staatliche Museum Basels ist auf der einen Seite ein Musterbeispiel für das legendäre Mäzenatentum Basels. Auf der anderen Seite ist es das einzige Haus, dessen Ursprünge nicht Jahrhunderte zurückreichen.

Die Basler Museen weisen jeweils mit Stolz nicht nur auf ihre bedeutende internationale Reputation hin, sondern auch auf ihre Jahrhunderte alte Geschichte, die bis auf das Amerbach-Kabinett zurückreicht, das die Stadt Basel im 17. Jahrhundert angekauft hat.

Ausgerechnet das Museum mit den ältesten Sammlungsobjekten tanzt in Sachen Tradition aber deutlich aus der Reihe. Als das Antikenmuseum Basel 1966 seine Tore öffnete, konnte es nur ganz am Rand auf Objekte aus den öffentlichen Sammlungen zurückgreifen. Das Haus, das sich in der Humanistenstadt Basel auf den humanistischen Lebensentwurf der Antike besinnt, musste quasi von null an beginnen – ganz anders als die angeschlossene Skulpturhalle, die bereits in den 1880er-Jahren gegründet worden war.

Museumsdirektor Andrea Bignasca spricht in seinem Vorwort zum Jubiläumsbuch «Aktuelles aus 5000 Jahren – 50 Jahre Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig» von der «Aura eines Wunders», welche die Entstehungsgeschichte des Hauses oder der Häuser am St. Alban-Graben prägte. Von Wunder zu sprechen, mag etwas übertrieben sein. Aber das Prädikat «ausserordentlich» ist durchaus angebracht.

Musterbeispiel des bürgerlichen Engagements

Die Geschichte des Antikenmuseums Basel ist ein Musterbeispiel für das mäzenatische Engagements der Basler (und nicht nur der Basler) Bürger. Am Anfang stand der Wunsch von Archäologen nach einem Museum. 1959 schenkte der Basler Spediteur Giovanni Züst Basel seine Antikensammlung: Nicht weniger als 600 Objekte vermachte er der Stadt, verknüpft mit der Forderung, dass sie in einem neuen Museum gezeigt werden. Das Museum ehrt den Sammler und Mäzen derzeit mit einer Sonderausstellung.

1963 folgte der damalige Präsident der Ciba-Geigy, Robert Käppeli, Züsts Beispiel. Diese Schenkung löste eine ganze Unterstützungswelle aus. Viele Sammler stellten ihre Objekte zur Verfügung, andere garantierten grosszügige Mittel für bauliche Massnahmen für ein neues Museum. Zu den wichtigen Mäzenen gehörten auch der Textilchemiker und Stifter des Römerhauses in Augusta Raurica, René Clavel, und der damalige Verwaltungsratspräsident des Schweizerischen Bankvereins, Samuel Schweizer – die enge Verbindung zur Schweizer Grossbankenwelt war auch später Entwicklungsmotor für das Museum.

Die Sammlung Ludwig

Diese Herren und weitere Sammler ermöglichten den Aufbau der einzigen Schweizer Museumssammlung der Antike und 1961 die Gründung (beziehungsweise 1966 die Eröffnung) des Museums, das damals noch Antikenmuseum Basel hiess. Heute lautet der offizielle Name Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig. Diese Namensänderung war die Folge einer bedeutenden Schenkung, die in ihrer Abwicklung aber bemerkenswert ist in der Geschichte der staatlichen Basler Museen.

Der Name geht zurück auf das legendäre Sammlerpaar Peter und Irene Ludwig, die zu ihren Lebzeiten sammelten, was an Kunst und Kunstobjekten zu bekommen war. Und diese Werke auch grosszügig, wenn auch auf nicht ganz uneitle Art weitergaben, sodass es mittlerweile vor allem in Deutschland ein gutes Dutzend Museen gibt, die den Namen Ludwig tragen.

Basel bewarb sich in den 1980er-Jahren mit Erfolg (und zum Ärger einiger deutscher Museen) um die Antikensammlung mit dem Preis, dass das Antikenmuseum fortan den Namenszusatz «und Sammlung Ludwig» tragen musste. Dafür aber über 200 hochkarätige Meisterwerke aus der griechischen und römischen Antike erhielt. Für diesen Werkzuwachs musste das Museum räumlich erweitert werden.

Neue Räume für die orientalische Antike

Quasi den umgekehrten Weg ging das Museum kurz vor der Jahrtausendwende. Um die Sammlung mit Werken aus Ägypten (und später auch aus Mesopotamien, aus Iran und Anatolien) zu bereichern, liess sich das Museum von der UBS im Jahr 2000 einen neuen unterirdischen Ägyptensaal schenken. Diese Erweiterung war nicht zuletzt der Freundschaft zwischen dem damaligen Museumsdirektor Peter Blome und dem UBS-Chef Marcel Ospel zu verdanken. Die Schenkungen aus vielen Privatsammlungen der Schweiz liessen nicht lange auf sich warten.

«Das Antikenmuseum wurde zu einem Kompetenzzentrum für die wichtigsten antiken Mittelmeerkulturen», schreibt Bignasca im Jubiläumsbuch. Gleichzeitig muss es aber darum kämpfen, ein Publikum für seine Sammlung und die Sonderausstellungen zu gewinnen. Die Herausforderungen haben sich im Vergleich zu den Gründerjahren stark verändert, bemerkt der Direktor. Unter anderem, weil sich die ethnische Diversität der Gesellschaft verstärkt habe. «Wie wichtig ist die griechisch-römische Vergangenheit für Japaner, Brasilianer oder Tamilen?», lautet eine der selbstkritischen Fragen im Jubiläumsbuch.

Weg vom Kunstmuseum der Antike

Bignasca möchte sich den Herausforderungen stellen. «Wir wollen uns weg vom Kunstmuseum der Antike zu einem kulturhistorischen Museum bewegen», sagt er. Er möchte in seinem Haus die «kritische Kultur der gesellschaftlichen Debatte» pflegen, «ähnlich wie im griechischen Theater des 5. Jahrhunderts v. Chr., als das Handeln des Menschen, aber auch das Schicksal von Frauen, Sklaven, Deportierten und Flüchtlingen bereits thematisiert wurde».



Alte und zeitgenössiche Kunst im Dialog: Antike Büsten und Bronzeplastiken von Markus Lüpertz.

Alte und zeitgenössiche Kunst im Dialog: Antike Büsten und Bronzeplastiken von Markus Lüpertz.

Das sind ambitionierte Ziele. Wie er das bewerkstelligen will, zeigt unter anderem die Ausstellung «Die Avantgarde der Kontinuität. Markus Lüpertz im Antikenmuseum Basel», die am 12. November eröffnet wird. Sie stellt in Kooperation mit der Galerie Knöll zeitgenössische Zeichnungen und Skulpturen des deutschen Künstlers Lüpertz den antiken Vorbildern gegenüber.

Neue Strukturen, neue Öffnungszeiten

Bei den Öffnungszeiten wagt das Museum die Flucht nach vorne. Am Donnerstag und Freitag soll das Museum bis 22 Uhr offen bleiben. Das Bistro, welches das Museum künftig selber betreiben möchte, wird erst um 23 Uhr schliessen. Der Eintritt wird ab 19 Uhr frei sein.

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Längere Öffnungszeiten gibt es auch am Geburtstagsfestwochenende vom 12. und 13. November. Das Festprogramm reicht von Podiumsgesprächen (unter anderem zum existenziellen Thema «Braucht es heute noch Museen?») bis zur Party mit DJ Andres.

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