Das Kind aus Detroit

Seit elf Monaten ist der Detroiter Künstler Tyree Guyton als Gast der Stiftung Laurenz Haus in Basel. Was er hier geschaffen hat, kann man nun in seinem Atelier sehen. Da dreht sich vieles um Gott und ein bisschen um Platon und Joseph Beuys.

(Bild: Kevin Rossiter)

Seit elf Monaten ist der Detroiter Künstler Tyree Guyton als Gast der Stiftung Laurenz Haus in Basel. Was er hier geschaffen hat, kann man nun in seinem Atelier sehen. Da dreht sich vieles um Gott und ein bisschen um Platon und Joseph Beuys.

«Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.» Mit diesen Worten trifft Pablo Picasso den Gründungsgedanken der Stiftung Laurenz Haus. Im Februar des Jahres 1996 gründeten Maja Oeri und Hans U. Bodenmann die Stiftung in Erinnerung an ihren ersten früh verstorbenen Sohn Laurenz. Sinn der Stiftung ist es, künstlerisch oder wissenschaftlich tätigen Menschen die Freiheit und materielle Unbekümmertheit des Kindes, in dem der ganze Reichtum aller entfalterischen Möglichkeiten noch vorhanden war, für den Zeitrahmen eines Jahres zu eröffnen. Eines dieser beiden Kinder – es gastieren jeweils immer zwei Künstler im Laurenz-Haus – ist im Moment der 57-jährige Tyree Guyton aus Detroit. 

Mit dem Heidelberg-Project gelang Guyton vor 26 Jahren ein Ausruf, der noch bis heute nachklingt und sich immer wieder erneuert. Zusammen mit seinem Grossvater Sam Mackey erschuf er in und um zwei Strassen in Detroit eine farbige und kontrastierende Kunstwelt. Angefangen hat Guyton, indem er Häuser mit unzählbaren Punkten bestückte. Die Punkte durchziehen als Zusammenspiel von Unterschiedlichkeit und Gemeinsamkeit der Menschen bis heute sein gesamtes Werk – und auch seinen Unterarm. Selbst auf dem Boden seines momentanen Ateliers im Bollag hat er seine Punkt-Spuren hinterlassen.

Das Heidelberg-Projekt jedenfalls entwickelte sich immer weiter, wurde und wird von anderen Künstlern erweitert, und verändert oder nach der Demolierung durch die Stadtverwaltung neu aufgebaut. Zusammen mit der Kunst veränderte sich auch das Quartier. Glaubt man der englischsprachigen Wikipedia, so hat sich die Gegend um das Heidelberg-Project von einem Ort, wo sich Menschen sogar tagsüber gefürchtet haben, zu einem Zentrum des Aufeinandertreffens gewandelt.

Die grossen Zusammenhänge

Tyree Guyton sprüht vor Positivität. Er ist einer der wenigen sehr religiösen Gegenwartskünstler. Die Arbeiten, die er im vergangen Jahr in Basel gemacht hat, haben alle einen sehr starken Gottbezug. Angefangen bei Menschen als Gottes Spielzeug bis hin zum Himmel, den Gott jeden Tag neu bemale. Allerdings öffnet er seinen Horizont und sucht Bezüge und Inspiration in diversen Feldern. «Ich habe von Rudolf Steiner über Platon und Seneca hin zu Joseph Beuys gefunden. Alles hängt miteinander zusammen», kommentiert Guyton seine in Basel entstandenen Arbeiten. 

Nach elf Monaten im Laurenz-Haus an der Eulerstrasse ist Guyton voll des Lobes und möchte gar nicht wieder fortgehen. «Dieses Jahr hat mein Leben verändert. Für immer.» Die Stadt und die Zusammenarbeit mit der Stiftung hätten ihm viele neue Möglichkeiten aufgezeigt und ihn in jeder Hinsicht weitergebracht. «Diese Stadt steckt voller Information», schwärmt der US-Amerikaner.

Die Produkte seiner Basel-Zeit können heute Donnerstag bei einem öffentlichen Aperitif zwischen 17 und 20 Uhr an der Gärtnerstrasse 50 in seinem Atelier in Kleinhüningen oder während der nächsten Wochen auf persönliche Anfrage (Jwhitfield@heidelberg.org) überprüft werden. Dann muss Guyton schon bald Platz machen für Irene Kopelmann, eine argentinische Künstlerin, der die Stiftung Laurenz-Haus während eines Jahres Zugang zu kindlicher Freiheit und unberührtem Schaffen ermöglichen will.

Quellen

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