Das knuffigste Meisterwerk von Albrecht Dürer

Am liebsten würde man ihm durchs Fell wuscheln: Albrecht Dürers «Feldhase» ist knuffig und fast so bekannt wie der Osterhase. Und ausserdem eines der wichtigsten Kunstwerke der deutschen Renaissance.

Dürers wohl schönste, sicherlich aber bekannteste Tierdarstellung: sein «Häslein». (Bild: ©Albertina Wien)

Am liebsten würde man ihm durchs Fell wuscheln: Albrecht Dürers «Feldhase» ist knuffig und fast so bekannt wie der Osterhase. Und ausserdem eines der wichtigsten Kunstwerke der deutschen Renaissance.

Dürers wohl schönste, sicherlich aber bekannteste Tierdarstellung: sein «Häslein».

Dürers wohl schönste, sicherlich aber bekannteste Tierdarstellung: sein «Häslein». (Bild: ©Albertina Wien)

In Ruhestellung, die Ohren auf- und ausgerichtet, so sitzt Albrecht Dürers «Feldhase» da. Entspannt und wachsam zugleich und erschreckend lebensecht, obwohl schon über 500 Jahre alt. Das weiche Bauchfell, die feinen Härchen an den Ohren und vor allem der Lichtpunkt im rechten Auge des Tieres, all dies ist Dürer (1471–1528) in dieser Aquarellzeichnung meisterlich gelungen.

Nicht immer geriet dem deutschen Künstler die Darstellung der Tiere derart gut. Auf einer Zeichnung, die zur Sammlung des Kupferstichkabinetts im Kunstmuseum Basel gehört, tanzen zum Beispiel Affen, die verdächtig an kleine behaarte Menschlein erinnern, um einen Topf. Jedoch ist es kein Wunder, dass der Hase dem Künstler weniger Mühe bereitete – schliesslich war das langohrige Tier keine Seltenheit im Deutschland des 16. Jahrhunderts. Der Affe jedoch sehr wohl, und es ist anzunehmen, dass der Nürnberger nur selten einen in natura zu Gesicht bekommen hatte.

Begeistert von der Natur

Er hätte ihn aber sicher gerne länger studiert. Denn Dürer interessierte das Studium der Natur zeitlebens. Es begann mit der möglichst realistischen Wiedergabe der Landschaften, die er als Jüngling auf seiner ersten Italienreise im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts vorfand.

Der Feldhase markierte in seinem Entstehungsjahr 1502 den Beginn einer intensiven Beschäftigung mit der Natur, insbesondere mit Tieren und Pflanzen. Dürer gilt als der erste Künstler, der bis dahin für die Kunst unbedeutende und unscheinbare Geschöpfe sorgfältigst und mit beinahe fotografischer Präzision festhielt – autonome Tier- und Pflanzenstudien existierten bis dahin kaum beziehungsweise wurden nicht als Kunstwerke wahrgenommen. 

Kopien en masse

Erst in seinen letzten Lebensjahren stellte Dürer seine praktischen Übungen auf eine theoretische Ebene: In seiner 1528 veröffentlichten Proportionslehre findet sich der Satz von der Wahrhaftigkeit der Natur, deren Vorbild den dargestellten Gegenstand erst zum Kunstwerk macht. Nicht jeder Künstler jedoch suchte sich daraufhin seine Inspiration draussen vor der Tür. Manch einer kopierte stattdessen schlicht Dürers «Hasen» – es entstand eine stattliche Zahl von Kopien, von denen einige bis heute erhalten geblieben sind.

Keine hundert Jahre nach seiner Entstehung war Dürers «Feldhase» also bereits Kult. Und er ist es bis heute geblieben, wenn auch für eine gewisse Zeit die «Betenden Hände» ihm den Rang als Dürers bekanntestes Werk abgelaufen hatten. Heute trägt aber noch ein anderer Umstand dazu bei, dass die Leute strömen, wenn die Aquarellzeichnung in einer Ausstellung zu sehen ist. Das Werk ist nämlich derart fragil, dass es nur rund alle zehn Jahre aus seiner Box im unterirdischen Sicherheitsdepot ans Licht geholt wird. Die übrige Zeit hängt in der Albertina in Wien, der Besitzerin des «Hasen», eine Replik an der Wand.

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Der «Feldhase» lässt sich im Rahmen des Google Art Projects Pixel für Pixel online erkunden: Der Dürer-Gigahase.

Albrecht Dürers «Affentanz».

Albrecht Dürers «Affentanz». (Bild: ©Kunstmuseum Basel / Martin P. Bühler)


Albrecht Dürer im Kunstmuseum Basel

Den «Feldhasen» wird man in der Ausstellung «Albrecht Dürer und sein Kreis» im Kunstmuseum Basel nicht bewundern können, dafür aber den «Affentanz». Gezeigt werden zudem weitere Dürer-Zeichnungen aus den Beständen des Kunstmuseums sowie Werke von Künstlern, die in seinem engeren Umfeld oder in seiner Werkstatt in Nürnberg tätig waren: Hans Baldung Grien, Hans Schäufelein, Hans von Kulmbach und Hans Springinklee.
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Kunstmuseum Basel, 1. November 2014 bis 1. Februar 2015. Vernissage Freitag, 31. Oktober, 18.30 Uhr.

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