«Das Kunstmuseum Basel ist weit mehr als ein Museum»

Die Nachfolge von Bernhard Mendes Bürgi ist geregelt: Neuer Direktor des Kunstmuseums ist Josef Helfenstein. Der gebürtige Luzerner wird seinen Job im September 2016 antreten.

Josef Helfenstein im Foyer der Menil Collection in Houston. Im Hintergrund das Werk «Holiday Ruse (Night Shade)» von Robert Rauschenberg.

(Bild: Lynn Lane)

Die Nachfolge von Bernhard Mendes Bürgi ist geregelt: Neuer Direktor des Kunstmuseums ist Josef Helfenstein. Der gebürtige Luzerner wird seinen Job im September 2016 antreten.

Josef Helfenstein heisst der neue Direktor des Kunstmuseums Basel. Er folgt ab 1. September 2016 auf Bernhard Mendes Bürgi, der wenige Monate nach Eröffnung des Erweiterungsbaus im kommenden Frühling in Pension geht. Das Präsidialdepartement sowie die Kommission des Kunstmuseums Basel freuen sich laut Medienmitteilung «ausserordentlich über die einstimmige Wahl des international renommierten und hervorragend vernetzten Museumsdirektors».

Helfenstein wurde 1957 in Luzern geboren und ist seit mehr als 30 Jahren im Museumsgeschäft sowie als Dozent an verschiedenen Universitäten tätig. Er hat in Bern und Genf Kunstgeschichte studiert und seither als Wissenschaftler diverse Bücher und Kataloge publiziert.

Im Kunstmuseum Bern begann seine Museumskarriere – als Leiter der Graphischen Sammlung und der Paul-Klee-Stiftung. Von 1995–2000 waltete er als stellvertretender Direktor. Er leitete in dieser Funktion auch die Herausgabe des Catalogue Raisonné zum Werk von Paul Klee. Ein zweiter Catalogue Raisonné, diesmal zu Max Ernst, ist in Arbeit.

Letzte Station «Menil Collection»

Die letzten 15 Jahre verbrachte Helfenstein in den USA, wo er zuletzt seit 2004 in Houston, Texas, in der «Menil Collection» als Direktor tätig war. Er half mit, die Institution aufzubauen und zu dem Vorzeigeprojekt zu machen, das sie heute ist.

Mit Helfenstein setzt das Kunstmuseum somit auf einen erfahrenen Mann: «Josef Helfensteins kunsthistorische Kenntnisse, seine kuratorischen Fähigkeiten und seine Offenheit für wichtige kulturelle Fragen der Gegenwart machen den ausgewiesenen Wissenschaftler zu einem ausgezeichneten Kunstvermittler, der mit seinen Ausstellungen und Vermittlungsprojekten in Dialog mit einer breiten Öffentlichkeit und der Fachwelt zu treten vermag», ist sich die Findungskommission sicher. In seiner Verantwortung werde künftig «die zeitgemässe Fortführung der im Kunstmuseum verankerten Basler Tradition, die auf künstlerischer Exzellenz, wissenschaftlicher Forschung und internationaler Ausrichtung beruht», liegen.

Und Helfenstein sollte sich mitten in den Beständen des Kunstmuseums pudelwohl fühlen. Denn in der Sammlung des Ehepaars Menil – mit rund 16’000 Werken eine der grössten und bedeutendsten Privatsammlungen moderner Kunst weltweit – finden sich viele Namen wieder, die uns in Basel geläufig sind: Max Ernst, Pablo Picasso, Marcel Duchamp oder Henri Matisse, aber auch Robert Rauschenberg, Cy Twombly, Jackson Pollock und Andy Warhol. Helfenstein begibt sich somit zumindest aus kunsthistorischer Sicht auf bekanntes Terrain.




«Kunst ist für die Allgemeinheit da», sagt Josef Helfenstein. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Ein Zitat Helfensteins zu seiner künftigen Aufgabe zeigt ausserdem, dass er mit seiner Einstellung ganz auf der Linie der Basler Kulturpolitiker liegt, nach welcher die Museen wieder stärker an die Öffentlichkeit treten und in einen öffentlichen Diskurs eingebunden werden sollen:

«Ich bin davon überzeugt, dass Kunst für die Allgemeinheit und das Allgemeinwohl der Gesellschaft da ist. Museen wahren das Erbe für unsere Gesellschaft – nicht nur für einen Teil, sondern für die gesamte Gesellschaft in all ihrer Vielfalt. Menschen jeglicher sozioökonomischer Herkunft sollten Zugang zu Kunst haben, so wie sie es auch zur Bildung haben sollten. In unserer zunehmend kommerzialisierten und privatisierten Gesellschaft sind Museen massgebende kulturelle Schätze, Erinnerungsplattformen, Orte der Bildung und der öffentlichen Diskussion. Am wichtigsten aber: Museen sind Orte des Staunens und der Schönheit.» Er ist deshalb überzeugt, dass das «Kunstmuseum Basel weit mehr ist als ein Museum im konventionellen Sinn.»

Helfensteins Job am Kunstmuseum wird aber nicht nur schöne Seiten haben, sondern auch anstrengende: Neben der kuratorischen Bespielung von Kunstmuseum, Erweiterungsbau und Museum für Gegenwartskunst werden auch finanzielle Belange wichtig werden. Er wird nicht darum herumkommen, neue Gelder zu akquirieren, um den Erweiterungsbau adäquat bespielen zu können – gerade mit hochkarätigen und deswegen kostspieligen Sonderausstellungen. Dies wird wohl hauptsächlich über Spenden geschehen müssen.

Kommunikatives Geschick gefragt

Dafür und auch sonst sollte der neue Direktor nicht nur die ausgewiesene Erfahrung, sondern auch kommunikatives Geschick mitbringen. In den vergangenen Monaten hörte man von von Abzügen oder Verkäufen aus Sammlungen (zuvorderst ist hier Rudolf Staechelins Verkauf der «Nafea» von Paul Gauguin zu nennen), welche dem Kunstmuseum als Leihgaben zur Verfügung stehen.




Bleibt länger, als man erwarten konnte: Josef Helfenstein hat einen Vertrag über sieben Jahre erhalten. Zu verstehen scheint er sich gut mit Regierungspräsident Guy Morin (mitte), Peter Mosimann (rechts) und Kulturchef Philippe Bischof (mit dem Rücken zur Kamera). (Bild: Hans-Jörg Walter)

Obwohl man der Leitung des Kunstmuseums keine Vorwürfe machen kann, weil die meisten Abzüge der jeweiligen Stiftungen aus finanziellen Gründen erfolgten, muss die neue Direktion trotzdem darum besorgt sein, dass diese Entwicklung gestoppt werden kann – ist doch das Kunstmuseum Basel eines der herausragenden und einzigartigen Beispiele für das Modell eines funktionierenden Mäzenatentums.

Viel Zeit wird Helfenstein dafür nicht zur Verfügung stehen, aber auch länger als man es erwarten konnte: Bei Amtsantritt wird er 59 Jahre alt sein – nach rund fünf Jahren hätte er Bernhard Mendes Bürgi nachfolgen und in Pension gehen können. Dies wird allerdings nicht der Fall sein: Helfenstein hat einen Vertrag über sieben Jahre unterschrieben. Er wird also 2023 Platz machen für die nächste Direktion.

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