Das Lehrerzimmer als groteske Vorhölle

Wie sieht es in einem Lehrerzimmer aus, in dem alle am Rande eines Nervenzusammenbruchs stehen? Das Vorstadttheater gibt einen Einblick.

Der Rektor (Michael Wolf) hat sich in die magistrale Teilnahmslosigkeit gerettet.

Ein Drittel der Lehrerinnen und Lehrer sei Burnout-gefährdet, warnten die Lehrerverbände am letzten Schweizer Bildungstag im Sommer 2017. Laut einer Nationalfondsstudie der Fachhochschule Nordwestschweiz fühlt sich jeder fünfte Lehrer «ständig überfordert».

Höchste Zeit, den Fokus für einmal nicht auf den höllischen Leistungsdruck im Klassen-, sondern auf den im Lehrerzimmer zu richten, dachte sich das Basler Vorstadttheater. «Das Lehrerzimmer – eine Passion» heisst entsprechend die jüngste Eigenproduktion. Der Titelzusatz «Passion» ist höchst ironisch gemeint, denn auf der Bühne an der St. Alban-Vorstadt bekommt man vielmehr ein Requiem auf den erhabenen Lehrerberuf vorgesetzt.

Oder einen Blick in eine groteske Vorhölle. Sieben Lehrerinnen und Lehrer reiben sich permanent am Rande des Nervenzusammenbruchs auf: der Rektor, der sich vom Burnout in die magistrale Teilnahmslosigkeit gerettet hat, die Deutschlehrerin, die in den abstrusesten Schüleraufsätzen kreatives Potenzial sehen möchte, der Werklehrer, der seine Schüler hasst, weil sie den Wert eines Stücks Buchenholz nicht zu schätzen wissen, der neue Musiklehrer, der sich damit abmüht, die schrecklich angespannte Stimmung mit peinlichen Witzen aufzulockern …

Regisseur Matthias Grupp präsentiert diesen Abgesang nicht als ernste Tragödie, sondern als bitterböse und höchst rasant inszenierte Posse. Anderthalb Stunden lang hält das fulminant aufspielende Ensemble sich selber und das Publikum auf Trab. Eine Rückwand mit Türe und vielen Holzkästchen bietet den wunderbaren Rahmen für immer wieder überraschende Slapstick-Einlagen.

Die Produktion sorgt für beste Unterhaltung mit Tiefgang. Denn auch in der forcierten Überspitzung deckt die Inszenierung den Blick auf die tragischen Abgründe nicht zu. Als erwachsener Zuschauer werden Erinnerungen an den einen Lehrer oder die andere Lehrerin wach, denen man einst als Schüler vielleicht arg zugesetzt hat. Vielleicht ergeht es dem jugendliche Publikum ebenso. Amüsiert hat es sich bei der Schüleraufführung, die auch wir besuchten, auf alle Fälle.

Vorstadttheater:   «Das Lehrerzimmer – eine Passion».  Läuft bis Ende April, da bereits einige Termine ausverkauft sind, empfehlen wir frühzeitig zu reservieren.

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