Das Nokia 3310 – ein Handy für die Apokalypse

Vor 15 Jahren kam das Nokia 3310 auf den Markt. Damals war es wegen seiner simplen Handhabung und seiner Robustheit beliebt. Noch heute schwärmen Nostalgiker von dem Kultstück, das noch mehr kann als nur telefonieren. Bierttrinkern den Abend retten, zum Beispiel.

Der Panzer unter den Mobiltelefonen: Das Nokia 3310 hielt fast alles aus.

(Bild: Science & Society Picture Librar)

Vor 15 Jahren kam das Nokia 3310 auf den Markt. Damals war es wegen seiner simplen Handhabung und seiner Robustheit beliebt. Noch heute schwärmen Nostalgiker von dem Kultstück, das noch mehr kann als nur telefonieren. Biertrinkern den Abend retten, zum Beispiel.

Smartphones sind ein fester Bestandteil unseres Lebens, sodass es schwierig geworden ist, sich ein Leben ohne vorzustellen. Bereits beschäftigen sich Psychologen mit der Nomophobia, der Angst, telefonisch nicht erreichbar zu sein. Das iPhone hat es sogar zu einem nach ihm benannten Syndrom geschafft: «iPhone Separation Anxiety» bezeichnet die Angst, vom iPhone getrennt zu sein. 

Generation Smartphone

Wie war das eigentlich, als es noch keine Smartphones gab? «Wie haben die Leute damals überlebt?», mag man sich fragen. Wer weckte mich am Morgen, sagte mir, wann mein Tram fährt? Damals, im Jahr 2000, las ich im Tram die Zeitung und nicht eine App, man hörte Discman.

Es war das Zeitalter, als Mobiltelefone noch keine Internetverbindungen hatten, dafür Tasten. Schönstes Beispiel dafür: das Nokia 3310. Im Herbst 2000 ging dessen erstes Modell über den Ladentisch. Im Laufe der Jahre ist es immer mehr glorifiziert, zum Mythos, ja, zum Kultwerk geworden.

15 Jahre mögen in unserer Erinnerung nicht viel sein, doch verhält es sich mit den Handy- wie mit den Hundejahren: Die Technik altert viel schneller als wir selber! Beim Modell 3310 handelt es sich zwar nicht um das erste massentaugliche Handy von Nokia, auch nicht um das erfolgreichste. Aber anders als seine Brüder hat das Nokia 3310 einen unerreichten Kultstatus unter den Mobiltelefonen erreicht.

Faszination 3310

Was macht das Blocktelefon zum Klassiker? Ganz einfach: Das Nokia 3310 war Mobiltelefonkultur in Reinform. Man konnte damit alles tun, was man mit einem Handy erledigen muss: Telefonieren, SMS schreiben, Snake spielen – es war sogar stabil genug, um Bierflaschen zu öffnen. Kein Witz, im Internet kursieren Beweisvideos wie dieses hier:

Ein Telefon geschaffen für Teenager, unzerstörbar und mit einer schier endlosen Akkulaufzeit. Damals gab es die Ausrede «Ich konnte nicht telefonieren, mein Akku war leer!» nicht. Nein, das Nokia 3310 hatte nicht einfach plötzlich «keine Batterie mehr». Das Nokia 3310 warnte einen vorsorglich, dass bald der Saft ausgehen würde, um dann noch mindestens einen Tag weiterzulaufen. Bis zu 245 Stunden konnte es im Stand-by-Modus funktionieren.

Das monochrome Display, die dünnen, blechern scheppernden Klingeltöne und die spartanisch gehaltenen Funktionen würden heute wohl niemanden mehr dazu bringen, sich so ein Gerät zu kaufen. Trotzdem brechen die Liebesbekundungen für das Handy aus der Steinzeit des Mobilfunks auch nach 15 Jahren nicht ab. Als «das grossartigste Mobiltelefon aller Zeiten» betitelt Techradar.com das Handy. Auch der «Guardian LV» findet noch heute lobende Worte für das Nokia 3310, bezeichnet es als «unzerstörbar cool».

Handy wird zum Statussymbol

Das Nokia 3310 war aber nicht einfach ein Gebrauchsgegenstand, es war auch ein wichtiges Accessoire, Teil der jugendlichen Identität. Um es der eigenen Persönlichkeit anzupassen, gab es verschiedene Covers. Was in den Nullerjahren angesagt war, stand als Sujet zur Verfügung: Tribal- und Flammenmuster, chinesische Zeichen, sogar mit Hologramm-Hüllen konnte man seine Individualität zum Ausdruck bringen. 

Doch die Liebe zum Detail ging noch tiefer. Man konnte seinem Nokia auch mit herunterladbaren Bildschirmschonern, Grussbotschaften für Freunde und Klingeltönen den letzten Schliff geben. Der Klingelton kommunizierte den Mitmenschen, mit was für einer Person man es zu tun hatte: War man ein Konformist (der bloss die auf dem Gerät gespeicherten Melodien verwendete), jemand der den aktuellen Charttrends hinterherrannte oder ein Grufti, der den traurigsten Portishead-Song selbst einprogrammiert hatte?

Damit lockt man heute niemanden mehr aus dem Dschungelcamp, doch damals war das alles unglaublich aufregend, weil neu. Genauso neu wie die ersten Fälle von Verschuldungen, die auftraten, als die Leute es mit dem Bildschirmschoner-Runterladen übertrieben.

Zäh wie eine Kakerlake

Das Nokia 3310 ist überraschend robust. Für ein Smartphone kommt es einem Todesurteil gleich, wenn das Gerät auf den Boden fällt. Passiert das mit einem Nokia, muss man sich eher Sorgen um den Boden machen.


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Eine Vielzahl von Leuten auf YouTube haben es sich zum Ziel gesetzt, das Handy vor laufender Kamera auf seine Belastbarkeit zu testen. So lerne ich: Ist man wild entschlossen dem Leben seines Nokias wirklich ein Ende setzen, muss man schon zur Kettensäge greifen. Aber wer will das schon?

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