Das Theater Roxy ist zurück

Das Theater Roxy feierte seine Wiedereröffnung mit einem halbtägigen Programm in Zusammenarbeit mit Culturescapes. Wir haben uns «Nostalgija», den Parcours durch Birsfelden, zu Gemüte geführt – das schönste Zeichen für den Kulturaustausch des Theaters mit seiner vorstädtischen Nachbarschaft.

(Bild: Valentin Kimstedt)

Das Theater Roxy feierte seine Wiedereröffnung mit einem halbtägigen Programm in Zusammenarbeit mit Culturescapes. Wir haben uns «Nostalgija», den Parcours durch Birsfelden, zu Gemüte geführt – das schönste Zeichen für den Kulturaustausch des Theaters mit seiner vorstädtischen Nachbarschaft.

Das Theater Roxy in Birsfelden hat wiedereröffnet – mit Sven Heier als neuem Leiter. Das Haus im ehemaligen Kino, das so nah an Basel liegt und doch ausserhalb, hat sich für den neuen Abschnitt vorgenommen, seine Nachbarschaft stärker einzubeziehen. Doch ein Theater für den Ort zu sein – das nehmen sich die meisten Kulturhäuser bei ihrer (Wieder-)Eröffnung vor.

Donnerstag feierte das Roxy seinen Neubeginn mit einem Programm, das einen halben Tag füllte, alle Acts in Zusammenarbeit mit Culturescapes. Wir haben uns «Nostalgija / Heimwehe / Birsfelden» von Nataša Rajković, Ivna Žic und Lea Letzel zu Gemüte geführt, einen geführten Spaziergang durch Birsfelden. Bei dem Rundgang stösst man an jeder Ecke auf einen Musiker, auf ein Geräusch, auf eine Szene, bis man mit der Weile die ganze Umwelt als potenzielle Performance wahrnimmt. Die architektonische Wucht ist die Gegend ja nicht, mehr so Vorstadtblues. Umso besser, dass wir für diesen Spaziergang von einer der Künstlerinnen an die Hand genommen werden. Die Einbindung der Nachbarschaft – sie hätte nicht schöner gelingen können als in dieser programmatischen Erstproduktion.

Klanggang

Als wir im Grüppchen durch Birsfelden tappeln, haben wir Redeverbot, weswegen manche kichern. Nach kurzem rasselt ein Schlagzeug durch die Dämmerung. Der junge Mensch sitzt vor einem Geschäft für Autotuningteile und groovt kommentarlos ab. Völlig ohne Kontext. Unser Grüppchen spaziert schweigend vorbei. Kurz darauf betreten wir die Werkstatt eines Klavierbauers. Während wir eintreten, wird an verschiedenen Klavieren reihum gspielt. Eine junge Schülerin ist dabei, sehr sachte spielt sie, sehr fein. Wieder raus, weiter zum Friedhof. Auf dem Weg dorthin schollert ein Saxophon aus einem gesichtslosen Wohnblock.

Bald wird uns klar: Viel zu selten spaziert man in einer Gruppe umher und schweigt dabei. Und viel zu selten bespielen Menschen den öffentlichen Raum, in dem sie leben. Innerlich wachsen uns Flügel, jedem von uns, man sieht es. Auf der Halbzeit des Spaziergangs begegnen wir dem anderen Teil der Gruppe, der in entgegengesetzter Richtung gestartet ist. Alle strahlen sich an, Saxophon im Ohr: «Total geil», steht in ihre Gesichter geschrieben und: «Hihi!»

Der Vorstatblues ist besiegt

Der Vorstadtblues (den man natürlich auch als Vorabendmystik im Spätherbst wahrnehmen kann) ist besiegt. Natürlich nur für den Kunstmoment. Aus irgendwelchen Gründen wird die kleine Hipsterband das nächste Mal nicht vor ihrer Garage spielen, sondern drin, mit Eierpalette an der Decke. Der Saxophonist wird das Fenster wieder zumachen. Und sie haben recht. So ist es halt. Das Roxy setzt jedoch mit diesem Gang das schönste Zeichen zu seiner Wiedereröffnung: Für einmal setzen sich die Birsfelder anonym auf die Strasse und spielen für die, die anonym doch mit geöffneten Ohren vorbeispazieren.  

Der Parcours endet im Theater Roxy. Eine Schauspielerin und eine Barfrau thematisieren Nostalgie. Die Szenen sind sehr nah, wir stehen direkt voreinander. Es gibt keine Möglichkeit, sich auf Publikumsstühle zu verkriechen. Wir sind dabei ohne gerüttelt zu werden. Der Abend lässt uns keinen Raum, uns auf herkömmliche Theaterkonzepte zu berufen. Uns bleibt nur, etwas zu riskieren. Sehr unnostalgisch eigentlich.

  • Weitere Aufführungen von «Nostalgija / Heimwehe / Birsfelden»: Samstag, 2. und Sonntag, 3. November, je 17 Uhr. Theater Roxy, Muttenzerstrasse 6, Birsfelden.

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