Der Kunstmarkt als Ausweichplatz für Geldwäscherei

Kunst spiele als Tatobjekt und als Wertträger durchaus eine Rolle in der Geldwäscherei. Diese von Kunsthandelsvertretern scharf widersprochene These vertrat die Finanzmarktspezialistin Monika Roth an der prominent besetzten Tagung «Kunst und Recht» der Juristischen Fakultät der Universität Basel, die zeitgleich zur Art Basel im Kongresszentrum der Messe Basel stattfand.

Der Kunstmarkt auf der Prüfbank

Kunst spiele als Tatobjekt und als Wertträger durchaus eine Rolle in der Geldwäscherei. Diese von Kunsthandelsvertretern scharf widersprochene These vertrat die Finanzmarktspezialistin Monika Roth an der prominent besetzten Tagung «Kunst und Recht» der Juristischen Fakultät der Universität Basel, die zeitgleich zur Art Basel im Kongresszentrum der Messe Basel stattfand.

«Kunstsammler sind keine Drogenbarone, sie verfolgen ein kulturelles Interesse.» Alexander Jolles, Rechtsanwalt und Sekretär der Schweizerischen Vereinigung der Kunstsammler hatte wenig Freude am Referat der Finanzmarktspezialistin und Dozentin an der Hochschule Luzern, Monika Roth, und stellte ihre aufgestellten Thesen generell in Abrede. Roth hatte im Rahmen der von Beat Schönenberger und Peter Mosimann geleiteten Fachtagung «Kunst und Recht» der Juristischen Fakultät der Universität Basel zum Thema «Geldwäscherei im Kunsthandel» referiert – mit dem Fazit, dass der intransparente Kunsthandel als Ausweichplatz für Geldwäscherei durchaus eine unrühmliche Rolle spiele.

Das Thema hatte angesichts der zeitgleich stattfindenden Kunstmesse Art Basel, an der einmal mehr Hunderte von Millionen Franken umgesetzt wurden, ein hohes Mass an Brisanz. Es ist kein Geheimnis, dass sich unter den Käufern nicht nur Kunstliebhaber befinden, die ihre Sammlungen im eigenen Heim oder im Museum bereichern möchten, sondern auch Investoren, die Kunst als Mittel der Diversifikation ihrer Anlagestrategien betrachten. «Kunst ist eine Währung und eine Anlageform», sagte Monika Roth.

Kunst im Milliardenwert in Zollfreilagern

Kunst als Anlageobjekt landet nach Roths Aussage oftmals – steuerfrei – in den Zollfreilagern. Die ominösen Luxusgut-Horte in Genf oder Singapur, die zum Teil sogar über integrierte Kunstrestaurierungsateliers verfügten, seien zu 41 Prozent alleine mit Kunst gefüllt, sagte Roth. Als konkretes Beispiel nannte sie eine Sammlung von 4000 bis 5000 Kunstwerken in den Genfer Lagern, dessen Wert auf 5 Milliarden Franken geschätzt werde – unter anderem mit nicht weniger als 300 Picassos, was nach der Sammlung des Musée Picasso in Paris das weltweit grösste Konglomerat an Werken dieses hochgehandelten Künstlers sei.

Auf dem Kunstmarkt sind nach Roths Aussage zudem Wertsteigerungsstrategien zu beobachten, die man vom Finanzmarkt her kenne. Als konkretes Beispiel führte sie die im «Forbes Magazine» beschriebene Strategie eines Galeristen und Sammlers aus, der rund hunderte Werke von Lucio Fontana im Genfer Zollfreilager parkiert hat. An einer Sotheby’s-Auktion habe dieser fünf Bilder des im siebenstelligen Bereich gehandelten Leinwandschlitz-Künstlers erworben und bei vier weiteren ohne Zuschlag die Preise hochgetrieben mit dem Ziel, den Wert der eigenen eingelagerten Sammlung zu steigern.

Ausweichplatz für Geldwäscherei

Auf einem Gebiet, auf dem mit so hohen Geldbeträgen gehandelt werde, auf dem Käufer und Verkäufer oftmals anonym auftreten und nach wie vor viel Bargeldzahlungen abgewickelt würden, sei das Missbrauchpotenzial hoch, ist Roth überzeugt. Dazu komme, dass es seit Einführung des Geldwäschereigesetzes auf dem Finanzplatz schwieriger geworden sei, Gelder zu waschen. «So suchen sich Geldwäscher Ausweichplätze, zu denen neben dem Fussballgeschäft eben auch der Kunsthandel zu zählen ist, der sich wegen des hohen Grads an Spezialisierung und der verbreiteten Diskretion und Anonymität der Beteiligten besonders dafür eignet.»

Anders als auf dem Finanzmarkt gibt es für den Kunstmarkt keine griffigen Sorgfaltspflichten, um Missbräuche zu vermeiden, sagte Roth. Der Versuch des Basler Juristen Thomas Christ und seiner Berliner Kollegin Claudia von Selle, dem Kunstmarkt Regeln für mehr Transparenz aufzuerlegen, scheiterten am Widerstand des Kunsthandels. Nach den «Basel Art Trade Rules» genannten Bestimmungen hätten die Identität der Käufer und Verkäufer ebenso offengelegt werden sollen wie die Provenienz des gehandelten Kunstwerks.

«No sunny place for shady people»

Für Monika Roth besteht klarer Handlungsbedarf.  «Die Schweiz sollte sich als seriöser Kunsthandelsplatz profilieren und nicht als sunny place for shady people.» Dass der Nationalrat eben erst der Einführung einer Bargeldzahlungslimite von 100’000 Franken eine Abfuhr erteilt hat, deutet aber in eine andere Richtung. Ein gewisses Risikobewusstsein scheint es aber auch im Kunsthandel zu geben. So wies Bertold Müller, Managing Director von Christie’s in Zürich, als Reaktion auf Roths Ausführungen darauf hin, dass sich das Auktionshaus selber eine Bargeldlimite von 10’000 Franken auferlegt habe.

Die Tagung «Kunst und Recht» der Juristischen Fakultät der Universität Basel fand zum fünften Mal statt. Neben dem Referat von Monika Roth äusserten sich auch noch weitere Spezialisten zu verschiedenen rechtlichen Themen im Zusammenhang mit dem Kunsthandel und dem Urheberrecht. So unter anderem der renommierte Heidelberger Rechtswissenschaftler Erik Jayme, der sich zum Fall Gurlitt äusserte, oder der Berliner Kriminalhauptkommissar René Allonge, der über die Erfahrungen bei der Bekämpfung der Kunstkriminalität sprach. Abgeschlossen wurde die Tagung mit einem Panel zum Thema Folgerecht, das Künstlern oder deren Erben die Möglichkeit zugestehen soll, von der Wertsteigerung «ihrer» Werke bei einem Weiterverkauft mit zu profitieren.

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