Von den Stuhlprototypen für den St.-Jakob-Park über Dutzende von Modellentwürfen für den Roche-Turm bis zur eindrücklichen Kunstinstallation: Das Schau-Archiv von Herzog & de Meuron präsentiert sich, angereichert mit der frisch erworbenen Fotosammlung Herzog, als reiches Wunderkabinett der Architektur und Kunst.
Der Gang durch das Modell-Schaulager im ersten Stock des mächtigen Sockels des Hauses «Helsinkibasel» im Dreispitz führt von einem Aha-Erlebnis zum andern. Der Weg führt vorbei an Miniaturversionen berühmter Bauten, die das Büro Herzog & de Meuron in der ganzen Welt verteilt haben: vom Olympia-Stadion in Peking, zur Elbphilharmonie in Hamburg und vom Ergänzungsbau für die Tate Modern in London bis zum Roche-Turm.
Ein Stück Nationalstadion (Bild: Dominique Spirgi)
Oder besser bis zu den Roche-Türmen: In mehreren Vitrinen stapeln sich Dutzende von Modell-Entwürfen der Basler Stairway to Heaven, kleine Vormodelle und grössere Modellbauten. Sie zeigen den facettenreichen Weg auf, der zum strengen Stufengebilde geführt hat, der schliesslich ausgeführt wurde. Offensichtlich wurden ursprünglich auch weit unregelmässigere und spielerischere Umrisse ausprobiert und wieder verworfen.
In mehreren Vitrinen sind Dutzende von Modellentwürfen für den Roche-Turm zu sehen. (Bild: Dominique Spirgi)
Kabinett für Kunst und Architektur
«Kabinett» nennen Jacques Herzog und Pierre de Meuron ihr Schaulager, das sie nun erstmals öffentlich präsentierten. Das Kabinett enthält den gesamten «Nachlass» aus dem Wirken des Architekturbüros, also Modelle, Pläne, Schriften, Fotografien, Materialproben, Computermodelle und Entwurfsskizzen – das gesamte Archivmaterial, das von der Anfangszeit im Jahr 1978 bis heute entstanden ist und in Zukunft noch anfallen wird.
Stuhl-Prototypen für den St.- Jakob-Park. (Bild: Dominique Spirgi)
Das Kabinett enthält aber auch Kunstwerke. Das liegt in erster Linie daran, dass Herzog & de Meuron bei vielen Projekten die Zusammenarbeit mit Künstlern gesucht haben. Mit dem chinesischen Künstler Ai Weiei entwarfen sie zum Beispiel das Nationalstadion in Peking oder den Pavillon der Serpentine Gallery in London. Der deutsche Fotokünstler Thomas Ruff arbeitete an der Fassadengestaltung für die Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde mit.
Im Sockel ihres Baus «Helsinkidreispitz» haben Herzog & de Meuron Architektur- und Kunst-Kabinett eingerichtet. (Bild: Dominique Spirgi)
Eine enge Zusammenarbeit verband die Architekten mit dem Konzeptkünster Rémy Zaugg, der 2005 verstarb. Zauggs Werk ist unter anderem mit einer ganzen Installation mit 27 Schriftbildern präsent, die den Titel «Vom Tod II» trägt. Zaugg hatte die eindrückliche Bildergruppe ein Jahr vor seinem Tod in seinem Atelier auf dem Dreispitzareal präsentiert. Dorthin ist das Werk, das sich sich rund um den Satz «Und wenn der Tod ich wäre» dreht, nun zurückgekehrt.
Übernahme der Fotosammlung Herzog
Noch etwas weiter aus dem engeren Dunstkreis der Architektur heraus treten Herzog & de Meuron mit dem Erwerb der Fotosammlung von Ruth und Peter Herzog. Es handelt sich um eine der bedeutendsten und mit rund 300’000 zumeist historischen Fotografien umfangreichsten privaten Fotosammlungen weltweit. Dass der Architekt und die Fotosammler Herzog denselben Nachnamen tragen, ist übrigens kein Zufall: Jacques und Peter Herzog sind Brüder.
Mit dem Kauf des bedeutenden Konvoluts garantieren die Basler Achitekten nicht nur, dass die herausragende Sammlung zusammenbleibt, sondern und auch in Basel. Herzog & de Meuron sorgen mit der Überführung des Kabinetts in eine gemeinnützige Stiftung überdies dafür, dass das gesamte Material der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Basler Museen und Institutionen sollen die Sammlungsobjekte jederzeit als Leihgaben zeigen können. Vereinbart ist, dass der jeweilige Direktor des Kunstmuseums Basel im vierköpfigen Stiftungsrat Einsitz haben wird.
Wer Einblick haben will in die reiche Sammlung, muss auf solche Leihgaben hoffen. Denn der Besuch des Kabinetts von Herzog & de Meuron ist vorerst nur für Fachpersonen auf Anfrage möglich.
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