Ganz zu Beginn wird die Verleihung des Schweizer Buchpreises 2017 kurz politisch. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums werden die Preisträger der vergangenen Jahre für einen kurzen Rückblick auf die Bühne gebeten. Rolf Lappert, der 2008 den Preis als erstes übernehmen durfte, wendet sich stattdessen ans Publikum:
«Uns steht eine gefährliche Abstimmung bevor. Bitte geht alle an die Urne, um die No-Billag-Initiative zu verhindern.»
Der Applaus der rund 400 Personen im Publikum ist ihm gewiss. Schliesslich hat sich die gesamte Schweizer Literaturprominenz eingefunden und der Anlass wird vom Radio SRF 2 Kultur live übertragen. Hier muss wohl niemand von der Wichtigkeit der SRG überzeugt werden.
«Fulminant, bösartig, philosophisch und klug»
Danach geht die Veranstaltung in geordneten Bahnen weiter. So geordnet, dass am Schluss auch derjenige Autor das ausgelobte Preisgeld von 30’000 Franken mit nach Hause nehmen darf, der vorgängig weitum als Favorit gehandelt wurde.
Jonas Lüscher wird ein mächtiger Blumenstrauss überreicht und sein Roman «Kraft» von der Jury als «welthaltiges, dringliches und sprachmächtiges Werk» gelobt. Es sei ein «fulminanter Text, der durch seine erfrischende Bösartigkeit ebenso überzeugt wie durch seinen philosophischen Tiefgang und die kluge Gegenüberstellung von alter und neuer Welt.»
In «Kraft» versucht ein neoliberaler Rhetorikprofessor seiner unglücklichen Ehe und seinen Geldnöten zu entfliehen, indem er bei einem Schreib- und Denkwettbewerb teilnimmt. Es geht um die Frage, ob die beste aller Welten noch weiter verbessert werden kann. Zeitgemässerweise wird dieser Wettbewerb jedoch nicht von einem grossen Philosophen veranstaltet, sondern von einem Milliardär aus dem Silicon Valley.
Die vier übrigen Nominierten gehen jedoch nicht leer aus. Neben dem Werbeeffekt, der den Verkauf der Bücher für gewöhnlich kräftig ankurbelt, durften sich Martina Clavadetscher, Urs Faes, Lukas Holliger und Julia Weber je über 2500 Franken freuen.