Samuel Schwarz Verfilmung des Theaterstücks «Kasimir und Karoline» von Ödön von Horváth läuft am 5. Juli in den Schweizer Kinos an. Die TagesWoche war an der Vorpremiere von «Mary & Johnny» im Hinterhof Basel dabei.
Der Film wurde bereits im November 2011 am «Zurich Film Festival» uraufgeführt. Er heimste von der Jury und Presse viel Lob ein. In die Kinos kommt er erst ab morgen Donnerstag. Dies «weil es sehr schwierig war, die Kinos davon zu überzeugen, den Film in ihr Programm aufzunehmen», sagt Regisseur und Produzent Samuel Schwarz. «Ausserdem wollten wir ihn im Umfeld der EM-Zeit rausbringen, da es darin um Fussball geht».
Fussbal steht für Kapitalismus
Aber um Fussball scheint es in «Mary & Johnny» eben gerade nicht zu gehen. Der WM-Final 2010 zwischen den Niederlanden und Spanien ist nur die Bühne für das Stück. Diesen Einwand lässt sich Schwarz aber nicht gefallen: «In meinem Film geht es um Macht, Verführung und Habgier. Der Fussball, und damit die UEFA, stellen den Kapitalismus dar, der sich bei emotionalen Ereignissen, wie eben ein Fussballspiel, in die Seelen der Leute einschleicht.» Medialisierte Zonen, Biermonopole, private Investoren – das alles seien Auswüchse einer kapitalistischen Scheinwelt, deren Mechanismen er mit seinem Film einfangen und offenlegen wolle.
Manipulation und Macht
Ein weiteres Thema von «Mary & Johnny» sind Machtausübung und Manipulation in menschlichen Beziehungen. Mary, Johnnys Freundin, schnitzt sich die Männer auf ihre Bedürfnisse zurecht, bis sie zu Waschlappen degradiert sind und deswegen von ihr fallengelassen werden. Johnny ist das herzensgute, doch (deswegen?) manipulierbare Opfer. Der UEFA-Manager Rauch und der Yuppieschnösel Hostettler, die beiden Männer von Mary, sind Symbole des Kapitalismus. Wobei Rauch für «dessen grobschlächtige, direkte, und Hostettler für dessen keimfreie und kalte Variante steht», wie Samuel Schwarz erklärt.
Eine besondere Figur stellt Mischa dar. Oberflächlich der Schläger des Films, wird er zusehends vom anfänglichem Antihelden zum psychotischen Bösewicht. Doch seine Rolle greift tiefer, wie Regisseur Schwarz erläutert: «Mischa ist die heimliche Hauptfigur des Streifens, weil er wir ist. Durch seinen Zynismus, Voyeurismus und seine Schadenfreude verkörpert er unseren Blick auf die Gesellschaft. Vom Strudel der Ereignisse mitgerissen, kann er nur impulsiv handeln, und erst nach geraumer Zeit, nach einer Art Läuterung, die Geschehnisse objektiv und klar beurteilen».
Mit «Mary & Johnny» ist Regisseur Samuel Schwarz ein sozial- und wirtschaftskritischer Film gelungen, der nahe am Zeitgeist ist und auf beklemmend intensive Weise das Spiel von Macht und Unterwerfung in menschlichen Beziehungen durchleuchtet. Absolut sehenswert.
In welchen Kinos der Film ab dem 5.7.2012 läuft, sehen sie hier.