Der Superhelden-Ruhestand muss warten

«Age of Ultron» spielt mit den Ängsten unserer Zeit – und jenen der Hauptfiguren. Die Superhelden würden gerne kürzertreten, doch sie machen sich das Leben selber schwer. Die Avengers-Fortsetzung ist ein dichter, actiongeladener Film. Selbst für Comic-Fans wird es aber ultron-kompliziert.

«Age of Ultron» spielt mit den Ängsten unserer Zeit – und jenen der Hauptfiguren. Die Superhelden würden gerne kürzertreten, doch sie machen sich das Leben selber schwer. Die Avengers-Fortsetzung ist ein dichter, actiongeladener Film. Selbst für Comic-Fans wird es aber ultron-kompliziert.


Auch in der Fortsetzung sind die Sprüche gut. Aber nach getaner Arbeit darf der Spass nicht fehlen, die Szene gewinnt allerdings im Verlauf des Films an Bedeutung.

Sie sind müde, die Superhelden aus der Wohngemeinschaft im Stark-Tower. Wer könnte es Iron Man (aka Tony Stark aka Robert Downey Jr.), Hawkeye (aka Clint Barton aka Jeremy Renner), Captain America (aka Steve Rogers aka Chris Evans) und Black Widow (aka Natasha Romanow aka Scarlett Johansson) übelnehmen, retten sie inzwischen doch regelmässig einzeln oder gemeinsam die Welt (und damit das Filmstudio). Aber langsam hat selbst ein Gott wie Thor (aka Chris Hemsworth) die Nase voll, und so beginnt die Fortsetzung von «The Avengers» mit einem tiefen Durchatmen.

Die Rächer haben sich dieses auch bereits nach zehn Minuten in «Age of Ultron» verdient – und mit ihnen die Zuschauer: Der Film steigt rasant mitten in der Schlacht im (fiktiven) osteuropäischen Staat Sokovia ein. Harte Schnitte, schnelle Bewegungen, 3D-Effekt, kaum hat man sich zurechtgefunden, ist der Kampf auch schon wieder vorbei. Das Zepter von Loki ist aus den Fängen der «Hydra» – dieser gesichtslosen Nazi-Gruppierung – zurückerobert, die Daten und Entwicklungen von Baron Wolfgang von Strucker (aka Thomas Kretschmann, wer sollte auch sonst den Nazi spielen) in Sicherheit.

Vermeintlich.

Party-Atmosphäre: Der Baron ist besiegt, das Zepter in Sicherheit. Bleibt Zeit für ein Gläschen unter Helden. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Statt das Zepter Thor in die Hand zu drücken und ihn damit nach Asgard zu verabschieden, wird es erst mal eingehend untersucht – von Tony Stark und Bruce Banner (aka Hulk aka Mark Ruffalo). Die beiden Genies arbeiten eigentlich an ihrer Rente: Sie wollen den Kampf gegen die übermächtigen Gegner gerne einer Maschine übergeben, oder wie Tony Stark es formuliert: «Ich habe versucht, der Welt eine Rüstung zu bauen.» So erklärt er es seinen WG-Gspänli. Das Perfekt im Satz verrät – so ganz perfekt ist der Plan nicht.

«The Avengers: Age of Ultron» läuft ab dem 23. April in den Kinos in Basel.

Die künstliche Intelligenz, die sich im Zepter von Loki befindet, tötet gleich einmal Jarvis, Iron Mans Bordcomputer (aka Stimme von Paul Bettany), übernimmt die Herrschaft über all die angefertigen Rüstungen von Iron Man und entwischt durchs Internet zurück ins Nazi-Schloss (wo er eine ganze Heerschaar von Killer-Robotern fertigt). Und Ultron nimmt mit, was er kann – und das ist viel: Die Bewacher der Welt haben haufenweise Daten gesammelt, die besten Computerprogramme, die gefährlichsten Waffen – und nun sind sie alles los.

Tony Stark und Bruce Banner bauen hinter dem Rücken der Kollegen eine Maschine, die sie in Rente schicken soll: Ultron. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Regiesseur Joss Whedon nimmt damit ein aktuelles Thema unserer Zeit auf: Wer bewacht unsere Bewacher? Und wie gefährlich können uns Computer und Roboter werden?

Auf der einen Seite steht Jarvis, dem iPhone-Programm Siri ähnlich. Er nimmt Iron Man die Arbeit ab: Das Programm analysiert, empfiehlt, programmiert, steuert, führt Befehle aus – wie sich das für eine gute Maschine gehört. Auf der anderen Seite steht Ultron, auch nicht mehr als ein Programm, der allerdings den Wunsch seines Schöpfers etwas missversteht, was auch einer künstlichen Intelligenz passieren kann:

«I was designed to save the world. People would look to the sky and see… hope. I think I’ll take that first. There’s only one path to peace: their extinction.»

 

Das Thema der künstlichen Intelligenz ist gerade sehr aktuell im Kino (siehe dazu auch «Ex Machina»), in «Avengers: Age of Ultron» bekommt es noch den Zuckerguss, dass die mächtigsten Superhelden und klügsten Menschen sie erschaffen. Sie ist dank Internet überall und nirgendwo, weiss über die Erschaffer mehr als sie selbst und kennt ihre Schwächen. Wer also kann sie stoppen?

Regisseur Whedon findet eine ziemlich simple Antwort: eine noch bessere Maschine, eine menschliche oder in den Worten von The Vision (aka Paul Bettany aka Jarvis) selbst: «Ich bin kein Mensch. Ich bin keine Maschine. Ich bin.»

Frauen werden ihn vermissen: Thor aka Chris Hemsworth ist nicht so präsent wie auch schon. Süss aber, wie er Natalie Portmann aka Jane Foster vermisst. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Bevor es aber so weit ist, folgt erst mal Kampf auf Kampf: gegen die Roboter-Armee von Ultron, seine beiden Helfer mit Superkräften und vor allem auch mit sich selbst.

Teil drei der «Avengers»-Filme lässt tief in die Schwächen und Fehler der Superhelden blicken: Bruce Banner fürchtet, den Hulk nicht mehr kontrollieren zu können, Black Widow wird von ihrer Vergangenheit als Killerin eingeholt, Hawkeye kommt sich als etwas besser trainierter Mensch zwischen den Über-Menschen klein vor und Captain America hadert mit der Heimatlosigkeit eines Mannes, der eigentlich über 80 Jahre alt wäre, aber noch jung ist.

Iron Man hat aufgerüstet – auf anraten von Bruce Banner, seinen Hulk muss ja jemand stoppen können. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Wie so oft ist die Antwort auf vieles eine alte Weisheit: Gemeinsam ist man stärker und Schwächen sind durchaus menschliche Züge, die es braucht. Etwas Mithilfe erhalten die Superhelden dabei allerdings auch durch den Seitenwechsel von Scarlet Witch und Quicksilver, die allerdings ihre Superhelden-Namen im Film gar nicht erhalten, sondern schlicht Wanda (aka Elizabeth Olsen) und Pietro (aka Aaron Taylor-Johnson) heissen. Sie stellen fest: Wenn die Menschheit vernichtet wird, gehen wir auch drauf – Grund genug für einen Kampf gegen Ultron.

Mit Superkräften, aber ohne Supernamen: Pietro und Wanda kommen im Film noch nicht zur Ehre eines Heldennamens, Fans erkennen sie schnell als Quicksilver und Scarlet Witch. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Die Superhelden-WG erhält also Zuwachs, was nicht erstaunt: Die Comic-Verfilmungen sind ein Goldesel und der Verlag hat adaptiert, was seit Jahrzehnten in den Comics funktioniert – immer neue Figuren, parallele Erzählstränge, neue Zusammenstellungen… ein ganzes Universum entsteht so mehr und mehr.

Und so wird es weitergehen: Mit «Age of Ultron» werden nicht nur drei (Vision, Scarlet Witch und Quicksilver) neue Figuren eingeführt, sondern auch weitere Erzählstränge, die man in weiteren Filmen verfolgen kann. So gibt es einen Abstecher nach Wakanda, wo das Metall Vibranium herkommt, aus dem der Schild von Captain America ist.

Der (fiktive) afrikanische Staat ist zufällig die Heimat des Black Panther, der im Film nicht vorkommt, aber schon bald einen eigenen Film erhält: 2018 schlüpft Chadwick Boseman in die Rolle des ersten schwarzen Superhelden. Sein Gegenspieler wird wahrscheinlich Andy Serkis, der schon mal die Rolle von Ulysses Klaw in «Age of Ultron» probespielen darf.

Übte er schon für eine Haupt-Nebenrolle? Andy Serkis aka Ulysses Klaw. (Bild: © Marvel Cinematic Universe)

Wer nun denkt, «wie kompliziert!», der hat recht: Der Film wurde von drei Stunden auf 140 Minuten runtergekürzt und ist deshalb sehr dicht. Viele Fragen bleiben unbeanwortet (Warum entdeckt man Ultron im Zepter erst jetzt?) oder es wird Wissen vorausgesetzt (Wie gelangte das Zepter überhaupt in die Hände der «Hydra»?).

Ultron-kompliziert wird es für Fans der Comic-Bücher: Der Bösewicht Ultron hat dort nämlich einen ganz anderen «Vater». Doch der eigentliche Erschaffer ist im Film-Universum von Marvel gerade anderweitig sehr beschäftigt: Hank Pym aka Ant-Man (aka Paul Rudd) arbeitet gerade an seinem ersten, eigenen Film, der noch in diesem Sommer über die Leinwände flimmern wird.

Ob Comic-Fan und interessiert an all den Anspielungen, Erzählsträngen und Fragen oder aber einfacher Filmkonsument – der Film ist unterhaltsam. Und eines ist sicher: So lange die Superhelden super Cash für Marvel generieren, werden sie kaum in Rente geschickt – egal wie gut ihre Entwicklungen sind. Es ist nicht die Ära von Ultron, im Filmbusiness regiert: «The Age of Marvel».

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Und wer ist nun eigentlich dieser Vision, der Ultron in den Arsch tritt? Da gibt es zwei Möglichkeiten: diejenige aus dem Film und jene aus den Comics. Ein Erklärungsversuch auf Englisch:

Übersicht verloren? Das ist geplant in den kommenden Jahren (zusammengestellt von der Comics Alliance):




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