Der teuerste Buchtrailer aller Zeiten

Mit seinen «Monuments Men» zeigt George Clooney, dass ein grosses Trara, gute Schauspieler und eine interessante Geschichte noch lange nicht für einen Knüller reichen.

Wir sind lustig, wir sind froh! George Clooney (m.) und Freunde nach erfolgreicher Ausgrabung. (Bild: © Twentieth Century Fox)

Mit seinen «Monuments Men» zeigt George Clooney, dass ein grosses Trara, gute Schauspieler und eine interessante Geschichte noch lange nicht für einen Knüller reichen.

Beruht ein Film auf historischen Begebenheiten oder auf einem Buch, so liegt es nahe, Vorlage und Umsetzung zu vergleichen. Bei den «Monuments Men» gibt es beides, die Geschichte und das Buch. Ein Vergleich, so mutmasst nach dem Kinobesuch eine, die das Buch nicht gelesen hat (also ich), müsste hier zu Ungunsten des Filmes ausfallen. Oder anders ausgedrückt: Der Film macht Lust darauf, das Buch zu lesen. Denn die dürftige Geschichte, die «Monuments Men» zeigt, kann und darf einfach nicht alles gewesen sein.

George Clooney ist für viele schon Garant genug, das Kinoticket zu kaufen. Seine Filme sind mal gut, mal super, mal ernst, mal unterhaltsam. So richtig schlecht waren sie bislang jedenfalls nie (wenn man auch auf die eine oder andere Fortsetzung der «Ocean’s Eleven» hätte verzichten können). Mit den «Monuments Men» aber scheitert er zum ersten Mal. Woran liegts?

Die Geschichte:

Die Monuments Men waren eine real existierende Gruppe von Männern und Frauen, die im Zweiten Weltkrieg aufgeboten und durch Europa geschickt wurden, um Kunst und Kultur vor dem Zugriff der Nazis oder der Zerstörung durch die vorrückenden Alliierten zu schützen. Luftwaffenchef Hermann Goering liebte es zu plündern, und Adolf Hitler hatte es sich zum Ziel gesetzt, ein Führermuseum mit den besten Kunstwerken der Welt zu füllen – oder aber Kunstwerke zu zerstören, die nicht seinem Kunstsinn entsprachen. Am Ende waren es rund 350 Personen, die in der Abteilung «Monuments, Fine Arts and Archives» zugange waren.

Bei Clooney erhält man das Gefühl vermittelt, es habe sich um eine kleine Gruppe mehr oder weniger fanatischer Kunsthistoriker gehandelt, die sich dieser Aufgabe stellten. Der Film fokussiert auf acht Figuren, sieben Männer und eine Frau, ein bunt zusammengewürfeltes Trüppchen, bestehend aus ein paar Amerikanern, einem Engländer, einem Franzosen, einem Juden und einer Französin. Die Figuren werden dem Kinopublikum vorgeführt wie alte Freunde – fast ist man erstaunt, dass niemand klatscht, wenn John Goodman (Überraschung!) hinter einer Statue hervorlugt.

Bereits in der Zeichnung dieser Figuren versagt der Film. Zu oberflächlich geht er an ihre Geschichten ran – an jene des Engländers Donald Jeffries (Hugh Bonneville) beispielsweise, der unbedingt die Brügger Madonna retten will. Doch warum? Oder an jene der Konservatorin des Museums Jeu de Paume, Claire Simone (Cate Blanchett), der es im Film mehr darum zu gehen scheint, Matt Damon alias James Rorimer zu einem Seitensprung zu bewegen als Kunst zu retten. Auch Clooney selbst, der die Hauptfigur Frank Stokes verkörpert, bleibt blass. Hier hätte man gern mehr erfahren.

Die Glorifizierung:

Die «Monuments Men», die George Clooney zeigt, suhlen sich in ihrem Erfolg – sobald sie diesen haben. Sie sind die Helden in einem typischen Hollywoodfilm, von Anfang an ist klar, dass Scheitern keine Option ist. Die innere Zerrissenheit, der Schrecken des Krieges, all dies kommt zwar vor, aber dabei geht es mehr darum, ein Setting zu skizzieren. Man fährt durch Trümmerfelder, trifft Soldaten, gibt dem desertierten Deutschen eine Zigarette und spricht mit ihm zwei Worte: «John Wayne». Am Schluss ist es die amerikanische Flagge, die über den Russen (und Hitler) flattert.

Das Genre-Dilemma:

Was für einen Film wollte Clooney drehen? Ist das nun eine Komödie? Ein ernst gemeinter historischer Beitrag? Oder gar nur eine Spielwiese für gute Schauspieler, die hier aber ihr Können kaum zeigen können? Tatsächlich wird man den Eindruck nicht ganz los, dass Clooney hier seine Freunde um sich versammelte und in historischen Kostümen einfach etwas Spass haben wollte. Für eine Komödie aber war der Stoff zu ernst, das was man vermitteln wollte zu seriös. So wird die Intention während des ganzen Filmes nicht klar, und genau hier scheitert der Film grandios.

Die Lehre:

Die Arbeit der echten Monuments Men war bislang nur Insidern bekannt. Dank Clooney weiss nun ein grösseres Publikum, dass es diese gab. Und auch, wie der Genter Altar aussah (übrigens wirklich ein Meisterstück, das man im Original mal gesehen haben sollte, das nur so am Rande), oder Michelangelos Brügger Madonna. Der Film aber beschränkt sich auf die beim Publikum gut anpreisbare Seite der komplizierten und komplexen Rettungsaktionen: Jene, wo berühmte Meisterwerke gesucht und gefunden werden. Dass die Aufgabe der Monuments Men aber beispielsweise auch darin bestand, den Alliierten zu sagen, welche Gebäude sie bitte nicht bombardieren sollen oder Kirchtürme vor dem Einsturz retteten, das kommt im Film fast gar nicht vor, beziehungsweise muss zwischen den Zeilen gelesen werden.

Wer also wirklich etwas wissen will über die Monuments Men, diese für die europäische Kulturgeschichte tatsächlich «Ungewöhnlichen Helden» (welch unsäglicher deutscher Titel für den Film), der sollte sich das Buch kaufen. Und den Film als gut gemachten Trailer dafür verstehen. Dazu taugt er.

__________
Der Film läuft unter anderem in Basel im Pathé Küchlin.

Nächster Artikel