Die Kaserne wird erdbebensicher gemacht – und nutzt diesen Umbau, um das Publikum an neuen Orten zu erschüttern und aufzuwühlen. Während das ansprechende Saisonprogramm in den drei Sparten vielversprechend und auch selbsterklärend zu sein scheint, bleibt eine Frage offen: Verlängert Carena Schlewitt ihren Vertrag ein weiteres Mal?
Die brennendste Frage konnte Carena Schlewitt an der Saisonvorschau noch nicht beantworten: ob sie noch ein paar Jahre in Basel bleiben wird. Zwar blickt sie zufrieden auf die verflixte 7. Spielzeit zurück, «wir haben sie sehr gut hinter uns gebracht». Und die künstlerische Leiterin der Kaserne Basel ist auch motiviert, die achte Spielzeit in Angriff zu nehmen und mit dem Wackelkanton Baselland über Subventionen zu verhandeln.
Aber rein vertraglich könnte dies auch ihre letzte Saison sein, immerhin läuft ihr Engagement aus. «Wir stehen in Verhandlungen», sagt die Direktorin auf die Frage der TagesWoche, ob sie sich erneut für drei – oder gar mehr Jahre – ans Kleinbasler Dreispartenhaus binden werde. Hat sie denn Abwanderungsgelüste? «Eigentlich nicht», sagt sie.
Auf Reisen geht Schlewitt auf jeden Fall, im – für Basel – besten Fall aber nur temporär. Die Kaserne wird in diesen Wochen erdbebensicher gemacht, sprich umgebaut; das zwingt den Kulturbetrieb, die Saison ausserhalb der gewohnten Wände zu lancieren.
Soul aus den USA, Triprock aus England
Musikchef Sandro Bernasconi hat sich dabei für das Union als Gastspielort entschieden. Warum nicht fürs Volkshaus, dessen Akustik unbestritten gut ist? «Weil die Produktionskosten für uns dort höher gewesen wären», sagt Bernasconi. Im Union kann die Kaserne mit ihrem eigenen PA-Material arbeiten und muss dieses nicht für teures Geld mieten. «Der Union-Saal ist für uns nicht nur günstiger, sondern ebenfalls akustisch und vom Aussehen her sehr schön», sagt Bernasconi.
Damit das Kasernen-Publikum im Oktober niederschwellig an den temporären Standortwechsel herangeführt werden kann, lockt er mit einem Gratiskonzert: Saun & Starr aus den USA kennt die hiesige Soulgemeinde, weil sie als Background-Sängerinnen mit Sharon Jones und den Dap Kings aufgetreten sind. Ihr Gastspiel bildet am 10. Oktober den musikalischen Saisonauftakt, bei freiem Eintritt.
Später kehren alte Bekannte in die dann erdbebensichere Reithalle zurück: Am 5. November etwa Apparat, der vor einem Jahr zusammen mit Modeselektor die Bässe vibrieren liess (das waren noch Zeiten! Bässe! Basel!).
Mit Archive (Triprock, UK) und Calexico (Texmex, USA) sind zwei Formationen angekündigt, die irrtümlich für das selbe Datum gebucht waren. «Zum Glück konnte das Tourmanagement noch Anpassungen vornehmen, sodass wir nun beide Formationen präsentieren können», sagt Bernasconi.
Ihre Rückkehr freut den Kasernen-Gänger, waren diese Bands doch zuletzt im Volkshaus und am «Stimmen»-Festival zu erleben, ebenso Sophie Hunger, die 2016 ein sicherlich ausverkauftes Gastspiel geben wird.
Drei Plattentaufen von regionalen Bands
Im regionalen Bereich stehen einige Plattentaufen an: von den jungen The Drops (Pop) über die etablierten Les Reines Prochaines (Indie-Chansons) und Brandhärd (Rap).
Auch Tanz/Theater weicht zum Saisonstart aus. Mit «Situation Rooms» präsentiert das preisgekrönte Rimini Protokoll ein überaus spannendes «Multiplayer Video Stück» in der Dreispitzhalle. Theater 2.0, quasi. Auf dem Dreispitz kommt es auch zu einer Kooperation mit dem HeK in Form eines Thementages, wie Carena Schlewitt mitteilt. Auch zahlreiche andere Formationen und Performerinnen kehren in die Kaserne mit neuen Produktionen zurück, zum Beispiel Martin Zimmermann (für einmal ohne de Perrot), Marcel Schwald, Beatrice Fleischlin oder Alexandra Bachzetsis.
Eine erste Annäherung an das neue Theater Basel unter der neuen Direktion von Andreas Beck ist in der Verpflichtung von Philippe Quesne herauszuspüren. Denn während die Kaserne «Mélancolie des Dragons» zeigt, wird im Stadttheater «L’effet de Serge» auf die Bühne gebracht. Die zwei grössten Häuser in Basel reden miteinander und ergänzen sich absichtlich: Das macht Hoffnung!
Das junge theater makes some «Noise»!
Und dann sollte man sich unbedingt noch die Spieldaten des jungen theater basel notieren. Denn so wie die Kaserne selber bis November ausquartiert wird, so ist auch das Theater von Uwe Heinrich zu Gast bei Freunden: «Noise», die neuste Regiearbeit von Sebastian Nübling, wird von 18. November bis 17. Dezember in der Reithalle als Gastspiel aufgeführt. Und verspricht einmal mehr eine explosive Performance, bei der «Publikum wie die Darsteller zur Bewegung gezwungen werden», so Carena Schlewitt.
Wenn wirs schon von «Noise» haben: Rückblickend drängt sich noch die Frage auf, warum die Kaserne in der vergangenen Saison einen markanten Rückgang an Konzerten zu verzeichnen hatte – von 100 (Saison 2013/2014) auf 75 (Saison 2014/2015)?
Verdrängen die Sparten Theater und Tanz, die längere Buchungsvorlaufzeiten aufweisen, die publikumsmässig überlegenere Musik aus den Sälen? Nein, nein, beschwichtigen sowohl Schlewitt als auch Bernasconi. «Mit 100 Shows haben wir das Limit überschritten», sagt der Musikchef und betont, dass die Qualität – und nicht die Quantität – im Vordergrund stehe. Nicht immer sei es möglich, an den verfügbaren Daten entsprechende Wunschmusiker verpflichten zu können. Und auf pure Lückenfüller wolle man in der Kaserne der Qualität zuliebe verzichten.
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Hier geht es zum Saison-Programm der Kaserne Basel.