Verdienen die RFV-Angestellten zu viel? Wird der HipHop unterfördert? Ist der Pop-Preis falsch ausgerichtet? Fragen wie diese wurden «Mitten in der Woche» in der Basler Kuppel diskutiert.
Es ist ein bisschen enttäuschend: Da will sich der RFV Basel Vorwürfen und Vorurteilen stellen, macht das im Vorfeld bekannt und kontaktiert auch auf direktem Weg Leute, die den Popförderverein in der Vergangenheit kritisiert haben – am Ende aber sitzt nur ein einziger RFV-Kritiker vorne auf der Bühne: Johny Holiday von Brandhärd.
So startet der Szeneabend «Mitten in der Woche» als Zwiegespräch zwischen RFV-Geschäftsführer Tobit Schäfer und dem HipHop-Musiker. Rund 35 Interessierte sitzen in der Kuppel, bei drückender Hitze, und erfahren, dass Holiday dem RFV nur eine knapp ungenügende Gesamtnote erteilen würde. Warum?
Weil der Verein zwar den Namen geändert hat, aber im Kern noch immer ein Rockförderverein geblieben sei. Szenen wie die elektronische Musik, HipHop oder Reggae würden zu wenig abgebildet – und auch zu wenig gefördert.
Holiday hatte diese Kritik in der TagesWoche vor 6 Monaten geäussert, jetzt fühlt er sich erneut darin bestärkt: Vor einer Woche habe er für das nächste Brandhärd-Album eine Absage erhalten – einmal mehr sei der HipHop im Nachteil. Frust, weil man keinen Projektbeitrag kriegt. Wer kennt den nicht?
Holiday räumte zwar ein, dass manche Szenis vielleicht selber schuld seien, wenn sie nicht gefördert würden: Trägheit, Faulheit, zu wenig Engagement mögen die Gründe sein. Denn beim RegioSoundCredit müssen Gesuche eingereicht werden. Tatsache sei aber, dass beim Pop-Preis, für den man sich nicht bewerben könne, noch nie jemand ausserhalb der Rock- und Popsparte zum Zug gekommen sei.
Wo bleibt der HipHop?
Die Kriterien des Pop-Preises, u.a. internationales Potenzial und funktionierendes Management, würden wohl gegen einige qualitativ gute Bands sprechen, räumte Tobit Schäfer ein und betonte, dass die Spitzenförderung eigentlich aber nur ein kleiner Teil des gesamten Förderpakets sei. Selbstkritisch offenbarte er aber die Statistik, wonach unter den 20 meistgeförderten Musikern und Bands der letzten Jahre tatsächlich nur ein HipHopper vorkomme: Black Tiger.
Kritikpunkte am Pop-Preis
Der Pop-Preis warf auch im Publikum Fragen auf: Sollen Preisträger wieder nominiert werden dürfen, so wie das bei Anna Aaron der Fall war? Sollen Spartenpreise eingeführt werden, um die Nischen besser zu bedienen, sei es Heavy Metal oder Elektronik, wie das Vertreter der Bitch Queens ins Feld führten – ein Vorschlag, der viel zustimmendes Kopfnicken erhielt?
Und Singer/Songwriter Pink Pedrazzi plädierte für eine genauere Prüfung der Nominierten durch die Jury, damit Fehlschüsse und Hypes vermieden werden könnten. Damit spielte er einerseits auf Slag in Cullet an, die sich nach dem Preissegen auflösten. Andererseits auf Sheila She Loves You, die zum Zeitpunkt der Auszeichnung relativ inaktiv waren und es in der öffentlichen Wahrnehmung auch mehrheitlich geblieben sind.
Dass James Gruntz mehrere Jahre leer ausging, fand Pedrazzi skandalös, sei es doch sonnenklar, dass ein Mann mit diesem Talent und dieser Qualität auch in 20 Jahren noch auf der Bühne stehen wird. James Gruntz übrigens bestätigte dieses Lob mit einem Soloauftritt, bei dem er mit Loops und Effekten den Club zurück auf die Konzertbühne führte. Fantastisch!
Mehr Engagement für die Konzertbühnen verlangt
Dass der RFV in 20 Jahren vom kleinen Selbsthilfeverein zur Institution gewachsen ist, führte auch zu grundsätzlichen Fragen. Sänger Matthias Wilde plädierte für eine Neuausrichtung. CD-Unterstützungen seien nicht mehr zeitgemäss, die Produktionskosten gesunken. Dagegen seien die Auftrittsmöglichkeiten für viele Bands nicht einfacher geworden. Veranstalter Ronald Sternlicht ging in die gleiche Richtung, die Kasernenbühnen blieben vielen lokalen Musikern verschlossen, der RFV soll sich im Bühnenbereich stärker engagieren, forderte er. «Denn Musiker interessieren sich weniger für Geld, sie wollen in erster Linie spielen.»
Tobit Schäfer und auch Präsident Ramon Vaca hörten sich alle Anregungen an, sie argumentierten mitunter dagegen («Es gibt heute deutlich mehr Konzertlokale als noch vor 15 Jahren»), beide verwiesen zudem mehrfach auf die breit abgestützte Förderung, die der Verein betreibt.
Verdienen die zuviel?
Und er äusserte sich auch zu den Löhnen der Angestellten, die Felix Forrer (Denner Clan), der aus gesundheitlichen Gründen seine Teilnahme absagen musste, kritisiert hatte. Er fand Monatslöhne in Höhe von 9000 Franken überhöht, zuviel Geld fliesse so in den Verwaltungsapparat. Tobit Schäfer wollte die tatsächlichen Löhne zwar nicht offenlegen, aber er relativierte die Behauptung: Die Löhne würden weniger als 7200 Franken betragen, man dürfe bei den Personalkosten die ganzen Arbeitgeberbeiträge nicht vergessen.
Am Ende warf Bluesmusiker Cla Nett die Frage auf, ob man die Verwaltung nicht wieder an den Kanton zurückgeben solle – denn dieser könne es sich heute recht einfach machen und sich so auch aus der Verantwortung ziehen, was die Popförderung angehe. Zugleich warnte Nett davor, das Lobbying zu unterschätzen, denn mit den Finanzproblemen des Baselbiets stehe die Popförderung vor schwierigen Zeiten.
Auch Tobit Schäfer schloss sich dem an, ganz Politiker: Tatsächlich würde die Lobbyingarbeit in den nächsten Monaten sehr entscheidend werden, immerhin erhält der RFV vom Baselbiet 220’000 Franken jährlich. Würden diese Gelder gekürzt, würde das die ganze Popszene zu spüren bekommen.
Fazit des Abends: Die Mehrheit der anwesenden Musiker äusserte sich positiv über Existenz und Arbeit des RFV, im Feintuning und in der Vernetzung in Nischenstile könnte mehr investiert werden. Eche Kritiker, die hinstehen mögen, gibt es aber wenige – einige schiessen vermutlich lieber in anderen Foren (und gerne anonym) auf den Verein.