Da geht der Puls eingefleischter Fans gleich schneller: GRRM ist Ehrengast am NIFFF, und wer dabei nur Bahnhof versteht, ist zumindest schon einmal auf dem richtigen Weg. Denn NIFFF ist das Kürzel für das Internationale Festival des Fantastischen Films in Neuchâtel, die wohl sonnigste Nische für Liebhaber des Abseitigen.
GRRM wiederum steht für George R. R. Martin, den amerikanischen Autor der Fantasy-Buchreihe «A Song of Ice and Fire», welche die Vorlage zur auch hierzulande eifrig geguckten HBO-Serie «A Game of Thrones» liefert. Worum es darin geht, ist schnell erzählt: Meucheln, Metzeln, Morden.
Anhänger der Serie schwärmen von deren Härte und Authentizität, Feuilletonisten rümpfen ob der Blutfontänen und Vergewaltigungsfantasien die Nase – was soll man auch anderes erwarten von einem Katholiken, der vom rechten Glauben abgefallen ist?
Herzblut auf der Leinwand
Andererseits begeistert sich der gesellige Bestsellerautor aber auch für Comics und unterstützt ein Aufzuchtprojekt für Wölfe, was wiederum bestens zum Profil des schwarzgewandeten, aber doch harmlosen Festivalpublikums passt, das sich im Zeichen der Morbidität ein fröhliches Stelldichein gibt. Dass die Hälfte der gezeigten Beiträge im Internationalen Wettbewerb aus den 20 friedlichsten Staaten der Welt stammt, spricht für sich.
Denn bei aller roten Farbe, die über die Leinwand spritzt, ist es eben doch das Herzblut, von dem die gezeigten Produktionen leben: Die Liebe zum Kino entzündet sich an den Spezialeffekten, für die Super 8-Amateurfilmer einst gerne Familie und Freunde als Statisten einspannten. Die schauspielerischen Leistungen waren deshalb meist schauerlicher als der dargebotene Grusel – was heute noch zutrifft.
Lust am Exzess
Auch Kevin Smith, dem das NIFFF eine Retrospektive widmet, hatte für sein Regiedebüt die eigene Mutter in einer Nebenrolle aufgeboten – um Milchkanister zu sortieren. «Clerks» aus dem Jahr 1994 über zwei richtungslose Ladenangestellte gilt heute als Kultfilm.
Obwohl er ohne Grausamkeiten auskommt, bringt «Clerks» auf den Punkt, was das sympathische Festival am Neuenburgersee auszeichnet: eine nerdige Lust am imaginären Exzess, die filmische Grenzüberschreitungen in aller Unschuld geniesst.