Die peruanische Künstlerin Rita Ponce de León stellt im Oberlichtsaal aus

Rita Ponce de León hat keine Angst vor der Leere. Mit wenigen Zeichnungen und architektonischen Setzungen fordert sie die Besucher auf, sich frei im Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel zu bewegen. So wird uns explizit die Möglichkeit geboten, durch Bewegung und Positionswechsel unsere eigene Ausstellung zu kreieren.

(Bild: Serge Hasenböhler, ©the artist und Galeria 80 metros cuadrados, Lima)

Rita Ponce de León hat keine Angst vor der Leere. Mit wenigen Zeichnungen und architektonischen Setzungen fordert sie die Besucher auf, sich frei im leer anmutenden Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel zu bewegen. So wird uns explizit die Möglichkeit geboten, durch Bewegung und Positionswechsel unsere ganz eigene Ausstellung zu kreieren.

Das Eintreten in die Ausstellung, welche Rita Ponce de León in Zusammenarbeit mit dem Architekten Pablo Pérez Palacios für die Kunsthalle Basel konzipiert hat, ist als Öffnung inszeniert: Ponce de León dupliziert die Eingangswand des Oberlichtsaals in eine helle Stoffwand, die einer Tür gleich um die rechte Raumecke in den Saal hineingedreht ist. Die Besucher schlagen hier schon mal ihren ersten Bogen, wenn sie dem so angelegten Weg durch Türöffnung und Öffnung im Stoff folgen. Und stehen zunächst etwas verloren in dem tatsächlich fast leeren Raum.

Die 1982 geborene peruanische Künstlerin Rita Ponce de León, die heute in Mexico City lebt, kondensiert das Motivmaterial ihrer Zeichnungen aus Begegnungen und Gesprächen mit Freunden, mit Menschen, an deren Meinungen und Empfindungen sie Anteil nimmt. Die daraus resultierenden Zeichnungen wirken wie emotionale Kondensate, denen nichts Erzählerisches mehr anhaftet. Aus welchem Erlebnis mag die mehrteilige, riesige Tuschezeichnung auf der Wand entsprungen sein?

Ein als Oval angelegter Menschenreigen formiert sich um ein leeres Zentrum. Die vorderhand evozierte Nähe und Gemeinschaft wird dabei durch das Anschneiden der Kopfpartien arg gestört. Weiter ist eine Rückenansicht einer jungen Frau aufgetragen. Durch ihr zusammengebundenes Haar blicken ihre Augen hindurch und in den Raum hinein. Als drittes Element schwebt ein schwarzes ausgefranstes Blatt hoch oben auf der Wand. Oder stellt dies etwas ganz anderes dar? Aus dem, was die Künstlerin einst sehr persönlich anging, entstehen surreal anmutende Zeichen, deren Interpretation ganz bei den Betrachtern liegt. Mit so viel Offenheit gilt es umzugehen und der Werktitel «Which point of view is actually mine?» fordert genau dazu auf.

Kreisend und kreisschlagend

Die weiter mit Tusche auf die Wände platzierten schmalen Balken schaffen formal und visuell den Bezug zu den mit dem mexikanischen Architekten Pablo Pérez Palacios entwickelten Strukturen. Als Konstruktionen funktionieren sie raumverbindend und weisen auch über den Ort hinaus. Das Produzieren von Kreisen, welches ja im Ausstellungstitel «Endless openness produces circles» versprochen wird, ist hier auf mehrfache Art eingelöst. Die aus Aluminium gefertigten architektonischen Rahmen sind am Durchgang vom Oberlichtsaal zum kleineren hinteren Raum sowie am Fenster installiert, welches sich auf den Kunsthallegarten hin öffnet. Sie laden real und imaginär zu Bewegung und Drehung ein. Die Position des Betrachters verändert dabei die Wahrnehmung sowohl des Innenraums als auch der Sicht durch das Fenster. Perspektivenwechsel durch Drehung wird besonders in der titelgebenden Fensterinstallation «Endless openness produces circles» auf spielerische Weise erlebbar.

Diese Installation setzt sich aus einer Art überdimensionierter Fensterflügel zusammen, vier an der Zahl. Die beiden nach innen gerichteten Rahmen sind beweglich und können von den Besuchern gedreht werden. Die beiden äusseren sind fix installiert. Ein faszinierendes Spiel von vermeintlichen Spiegelungen tut sich hier auf, das in der abendlichen Dämmerung durch das Auftauchen der realen Spiegelung im Fensterglas eine weitere ästhetische Facette erhält. Von aussen betrachtet ragen die fixierten Rahmen hoch oben und meterweit in den Raum hinaus – auch sie durchaus mit einer surrealen Note versehen.

Butoh als Inspirationsquelle

Seit einigen Jahren setzt sich Rita Ponce de León mit Butoh, einer in den 1960er Jahren entstandenen japanischen Form des Tanztheaters, auseinander. Dabei ist sie daran interessiert, alle Aspekte des Lebens und die Wahrnehmung von Raum durch den menschlichen Körper zu erfahren. Dass die Rückseite des Körpers im Butoh als sehend betrachtet wird, spricht die Künstlerin offensichtlich besonders an: Als einziges Werk an der einen Längswand des Oberlichtsaals ist eine eiförmige Vertiefung als Basrelief in die Wand eingelassen. Ponce de León liest diese als Maske, welche aufgesetzt die Wahrnehmung des Raumes durch die Rückseite des Körpers leitet.

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Rita Ponce de León «Endless openness produces circles»: Kunsthalle, Basel. Bis 30. März 2014
Zusammen mit der Künstlerin bietet die Kunsthalle am 28./29. März den zweitägigen Workshop «Never by yourself» für junge Leute bis 25 Jahre an, in dem Butoh und surrealistische und dadaistische Strategien erprobt werden. Anmeldung notwendig.

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