Far A Day Cage scheitert mit dem Versuch, Jules Vernes opulenten Roman «Die Propellerinsel» als kindliches Papptheater auf die Bühne zu bringen.
Jules Vernes Romane zeichnen sich nicht nur durch eine grosse Hingabe zu fantastischen technischen Errungenschaften aus, sondern auch durch ausgesprochen opulent bestückte Szenerien. Man denke nur an das feudal ausgestattete Unterseeboot des Kapitäns Nemo oder an die schwimmende Luxus-Metropole für amerikanische Milliardäre im Roman «Die Propellerinsel».
Diesen Roman hat die im Ensemble des Theaters Basel eingebettete Truppe Far A Day Cage als Vorlage für ihr neustes Bühnenprojekt auserkoren. In «Die Propellerinsel» lässt Jules Verne ein Streichquartett auf einer künstlichen Insel landen, die sich amerikanische Milliardäre als luxuriöses Refugium vor einer Welt haben errichten lassen, die bekanntlich auch ihre Schattenseiten hat. Natürlich geht das schief: Innere und äussere Konflikte – die Luxus-Insel muss unter anderem arme Schiffbrüchige aufnehmen – führen schliesslich zum Zusammenbruch.
Entgegen kommt der musikalisch versierten Truppe bei diesem Stoff die Tatsache, dass ein kleines Musikerensemble im Zentrum der Geschichte steht. Schwieriger wird es mit der opulenten Umgebung und der gigantischen Maschinerie, die beschrieben wird, sowie dem ausladenden Personalaufgebot. Früher, so ist im Programmheft zu lesen, sollen Romane von Jules Verne als wahre Ausstattungsorgien aufgeführt worden sein – mit Hundertschaften von Statisten, richtigen Eisenbahnwaggons und Elefanten auf der Bühne.
Spielzeug-Kulisse
Elefanten und Menschenmassen haben aber auf der Kleinen Bühne des Theater Basel, die hier zur offenen, rundum mit Zuschauerplätzen gesäumten Arena umgestaltet wurde, nicht genügend Platz. Erfindungsreiches Theater kann sich aber natürlich auch anderweitig behelfen. Far A Day Cage hat sich dazu entschlossen, das Ganze zum armen Papptheater einzudampfen: mit einer Vielzahl an spielzeugartigen Sperrholz-Objekten als Ausstattung sowie ein paar Kisten, aus denen das sechsköpfige Ensemble die vielen Kostüme fürs rasche Rollenhopping auf offener Bühne klauben kann.
Diesem kindlichen Rahmen entsprechend sehen wir uns auch nicht dem von Jules Verne beschriebenen klassischen Streichquartett, sondern einem Jahrmarkt-Orchester gegenüber. Das ist eine Idee, die auf den ersten Blick vielleicht etwas Charme zu entwickeln vermag, letztlich aber nicht aufgeht. Oder um es mit dem Satz zu sagen, den Jules Verne an den Anfang seines Romans gestellt hat: «Wenn eine Reise schlecht anfängt, nimmt sie gewöhnlich auch kein gutes Ende.»
Hölzerne Beliebigkeit
Das naive Papptheaterspiel der Truppe um Schauspiel-Co-Leiter Tomas Schweigen zerfällt rasch in eine hölzerne Beliebigkeit, die fern davon ist, so etwas wie eine dramatische Spannung aufzubauen. In einer ermüdenden Gleichförmigkeit spulen Philippe Graff, Vera von Gunten, Silvester von Hösslin, Jesse Inman, Mareike Sedl und Bühnenbildner Stephan Weber die mit vielen abstrusen Momenten durchsetze Romanhandlung herunter.
Und auch der Versuch, mit der «Propellerinsel» einen Bezug zur politischen Aktualität in Sachen Flüchtlingsdramatik und eidgenössischer Abschottungsmentalität zu schaffen, zielt letztlich ins Leere. Alleine mit dem Einfall, die Szene mit den armen Schiffbrüchigen, die so sehnlichst als Arbeitskräfte auf der Insel der Superreichen bleiben würden, mit verwackelten Filmbildern eines überfüllten Flüchtlingsschiffes zu untermalen, lässt sich keine inhaltliche Brisanz herstellen.
_
Far A Day Cage: «Die Propellerinsel» nach einem Roman von Jules Verne. Theater Basel, Kleine Bühne.
Die nächsten Vorstellungen: 26. September., 4., 6., 9., 12. Oktober