Die Reise zum Sofa, auf dem einst Dieter Roth nächtigte

Island ist gar nicht so weit weg. Das merkt man, wenn man sich die Culturescapes-Ausstellung im Ausstellungsraum Klingental ansieht. Denn diese zeigt die Verbindungen zwischen Basel und der Insel im hohen Norden auf.

Island ist gar nicht so weit weg. Das merkt man, wenn man sich die Culturescapes-Ausstellung im Ausstellungsraum Klingental ansieht. Denn diese zeigt die Verbindungen zwischen Basel und der Insel im hohen Norden auf.

Hellissandur zählt keine 400 Einwohner. Das kleine Fischerdorf liegt hier:




Zweieinhalb Stunden dauert die Autofahrt von Reykjavík dorthin, für isländische Verhältnisse ein Katzensprung. Und obwohl man gar nicht weit weg ist von der Hauptstadt des Landes, fühlt man sich, einmal angekommen, als hätte man den äussersten Zipfel der Welt erreicht.

So erging es auch dem Team des Ausstellungsraums Klingental, das sich im Rahmen des diesjährigen Culturescapes nach Island aufmachte, um dort für eine Ausstellung nach Verbindungen zu Basel zu suchen. Sie hätten keine Lust gehabt, einfach eine Schau mit isländischer Kunst zu kuratieren, sagt Thomas Heimann, und deshalb einen speziellen Ansatz gesucht. Behilflich waren den drei Kuratoren Heimann, Nic Bezemer und Annina Zimmermann beim Konzept die Basler Künstler Eric Hattan und Silvia Bächli, die immer wieder auf der anderen Seite der Insel, im östlichen Seyðisfjörður, Zeit verbringen.

Island war schon mal hier

Hattan und Bächli hatten in der «Filiale», jenem legendären Offspace, zu deren Gründungsteam sie gehörten, bereits 1984 isländische Künstler gezeigt. Was also lag da näher, als daran anzuknüpfen?

Zu Tumi Magnússon hatten die Basler all die Jahre über Kontakt, und Eggert Pétursson war ebenfalls leicht zu überzeugen, zur Ausstellung «Unterwegs nach Hellissandur» Werke beizusteuern. – Magnússon eine Soundarbeit, die das Stampfen eines Schiffsmotors zum Herzschlag der Schau werden lässt, und Pétursson seine eigenwilligen Blumenbilder, für die er in Island berühmt geworden ist.



Eggert Pétursson mal die Flora Islands. Die rote Wand dahinter entstammt der Erde des Snæfellsjökull, dem Vulkan hinter Hellissandur.

Eggert Pétursson malt die Flora Islands. Die rote Wand dahinter entstammt der Erde des Snæfellsjökull, dem Vulkan hinter Hellissandur.

Dazu suchte man aktuelle und arrivierte Positionen. Darunter findet sich auch Islands wohl wichtigster Kunstexport, der Performancekünstler Ragnar Kjartansson. Mit einem Werk aus Graphitzeichnungen von Wellen und Wogen, die er bei unzähligen Besuchen zusammen mit seinem Vater am Meer fertigte, ist er vertreten.

Und auch Ragnars Grossvater, der denselben Namen wie sein Enkel trug, hat mittels einer Studie für eine seiner bekanntesten Plastiken den Weg nach Basel gefunden. Es gibt verschiedene Versionen davon, und bei manchen ist man sich sicher, dass der kleine dargestellte Junge Ragnar junior ist. Es handelt sich beim Werk um Vater und Sohn, um einen Fischer, der sein Handwerk seinem Kind weitergeben will – Alltag im kleinen Fischerdorf Hellissandur.



Vater und Sohn, Fischer und zukünftiger Fischer: Die Studie zu einem Werk von Ragnar Kjartansson, dahinter ein Bild von Dieter Roth.

Vater und Sohn, Fischer und zukünftiger Fischer: Die Studie zu einem Werk von Ragnar Kjartansson, dahinter ein Bild von Dieter Roth.

Doch wo liegen bei diesen beiden die Verbindungen zu Basel? Nun, ein Freund von Ragnar senior hiess Dieter Roth, und der ist hierzulande kein Unbekannter.

Roth arbeitete als Dekormaler für den Bildhauer und Keramiker und wohnte eine Zeitlang auch bei ihm. Und so kam es, dass Thomas Heimann sich bei seinen Recherchen plötzlich sitzend auf dem Sofa wiederfand, auf dem der Basler einst genächtigt hatte. Und dass ein Werk Dieter Roths, das dieser in Island hinterlassen hat, nun erstmals in Basel zu sehen ist.

Nicht nur Erinnerungen

Es sind einige solche kleinen Geschichten, die die Schau im Ausstellungsraum Klingental zusammenhalten. Damit man sich darin aber nicht nur in Erinnerungen verliert, haben die Basler noch einen isländischen Offspace mit an Bord geholt. «Kling og Bang» heisst dieser, und getreu seinem Programm in Reykjavík zeigen dessen Mitglieder hier in Basel viel Videokunst.

Wöchentlich wechselt das Programm, dessen Filme in einem speziell inszenierten Raum im Raum gezeigt werden. Die Wände sind nicht fest, sondern werden durch Papierbahnen imitiert. So müssen auch die Künstler flexibel sein – denn mit einem Film, der schön rechteckig auf eine Wand proijziert werden soll, muss man bei den Leuten von «Kling og Bang» gar nicht erst antanzen.



Der Offspace «Kling og Bang» präsentiert Videokunst in einem eigens kreierten Raum im Raum.

Der Offspace «Kling og Bang» präsentiert Videokunst in einem eigens kreierten Raum im Raum.

Noch bis Freitag kann man hier eine Arbeit von Ásdís Sif Gunnarsdóttir sehen. Ab Samstag dann ist Ragnar Helgi Ólafsson an der Reihe. Was er zeigt – so viel sei verraten – wird erst diese Woche vor Ort gefilmt. Und wird die Besucher involvieren.

_
«Unterwegs nach Hellissandur», Ausstellungsraum Klingental, bis 22. November.

Nächster Artikel