Der Tod des Mundart-Musikers Polo Hofer ist am Dienstag das dominierende Thema in den Medien. Mit grossen Frontbildern und Doppelseiten ehren die Zeitungen den Mundart-Rock-Pionier. Sie streichen auch seine politischen und philosophischen Seiten hervor.
Der Berner Sänger und Bandleader Polo Hofer, der durch Mundart-Hits wie «Kiosk», «Giggerig» und «Teddybär» bekannt wurde, starb am Samstag 72-jährig. Vor knapp einem Jahr hatte er bekannt gegeben, dass er an Lungenkrebs erkrankt sei. Der letzte ausgebildete Handlithograf der Schweiz war der Gründer der ersten Mundart-Rock-Band des Landes.
Hofer blieb auch mit anderen Bands auf der Erfolgsspur. Songs wie «Giggerig» liefen im Radio in Endlosschlaufe. Der von Hofer und seinem langjährigen Weggefährten Hanery Amman komponierte Hit «Alperose» wurde 2006 vom Schweizer Fernsehpublikum zum grössten Schweizer Hit aller Zeiten gewählt.
«Tschou zäme, es isch schön gsy!»
Polo Hofer war nicht nur ein erfolgreicher Musiker und begnadeter Verkäufer – er tanzte immer schon auf vielen Bühnen. Für ein provokantes Polit-Statement war er immer zu haben. Er war der Kiffer der Nation, aber er engagierte sich auch im Kampf gegen Aids und erhob seine Stimme gegen rechtspopulistische Tendenzen.
Seit einigen Jahren hatte der Schlagzeuger, Sänger, Dichter und Maler mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Vor gut zehn Jahren lag er wegen einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse zehn Tage lang im künstlichen Koma, ein Jahr später folgte eine Operation an den Stimmbändern.
2016 wurde bekannt, dass Polo Hofer an Lungenkrebs erkrankt war. Sein letztes Album «Ändspurt» erschien am 8. Januar 2016.
«Tschou zäme, es isch schön gsy!», heisst es in der von ihm verfassten Todesanzeige. Und in der kurzen Pressemitteilung, die seine Familie am Montagabend verschickte: «Am Samschtig, 22. Juli, churz vor Mitternacht, het mys letschte Stündli gschlage und i bi zfriede deheime ygschlafe.» Auf Hofers Wunsch werde es weder eine Aufbahrung noch eine Abdankung geben.
So würdigen Deutschschweizer Medien «Polo National»
Für die «bz Basel» ist ein Pionier und die Stimme einer Nation verstummt. Er habe in den 1970er-Jahren zu den Wegbereitern des Berner Rocks gehört. Der Bürger aus Interlaken habe der Gegenbewegung, den Hippies, ein Gesicht gegeben. Er habe ihr Songs gegeben, die ein Lebensgefühl vermittelten, in einer Sprache, die jeder verstanden habe: Mundart.
Mit Polo National verliert die Schweiz ihren grössten Volkssänger – ein Nachruf https://t.co/Orn8D3YrMcpic.twitter.com/sDwGYkB5hK
— bzBasel (@bzBasel) 24. Juli 2017
Die «Basler Zeitung» ist sicher, dass Polo Hofer wegen seiner vielen schönen Lieder nicht in Vergessenheit geraten wird. Hofer habe Melancholie in seinen Liedern und seiner Stimme gehabt. Gleichzeitig habe er auch Störrisches, Knorriges und Widerborstiges ausgestrahlt.
Die «Berner Zeitung» konstatiert, dass der Musikkünstler ein Gespür für den Geist der Zeit gehabt habe. Hofer habe in den 1960er-Jahren als Erster Mundart und Rock verbunden. Später sei er vom gesellschaftspolitischen Provokateur zum allseits respektierten Nationalheiligtum geworden.
«Das Paradies stelle ich mir schrecklich langweilig vor», sagte Polo Hofer in seinem letzten Interview mit der BZ. https://t.co/EV0kvH94oQ
— bernerzeitung.ch (@BernerZeitung) 24. Juli 2017
Der «Tages-Anzeiger» würdigt den Texter, Maler und Lebemann, zu dessen Erscheinungsbild oft eine dunkle Sonnenbrille und eine Zigarette zählten, als «Kumpel des Schweizervolks» und «Rebellen von nebenan». Hinter dem Sprücheklopfer sei auch ein sensibler Mensch verborgen gewesen. Seine Heiterkeit werde schmerzlich fehlen.
«Tschou zäme, es isch schön gsy!» https://t.co/0ALM1ISOwh
— Tages-Anzeiger (@tagesanzeiger) 24. Juli 2017
Die «Neue Zürcher Zeitung» sieht in Hofer ein Vorbild in der Musikszene. In seiner drei Jahrzehnte umfassenden Karriere habe er seit den 1980er-Jahren den Weg bereitet für Bands wie Züri West, Patent Ochsner, Stiller Has und viele andere, heisst es im Nachruf. Polo Hofers «Swissness» sei verkaufsfördernd gewesen. Schliesslich sei die Konkurrenz für Hofer und seine Schmetterband aber immer grösser geworden.
Der «Blick» hält Hofer für einen «National-Unheiligen» und «schweizerischen Weltstar». Er sei nicht nur Scherzbold und Provokateur gewesen, sondern auch ein Philosoph, der gerne über die Existenz Gottes diskutiert habe. Den grössten Schweizer Mundart-Rocker habe man nie richtig gekannt.
Weitere Reaktionen
Der Schweizer Kulturminister Alain Berset würdigte Hofers Lebenswerk in einer kurzen Stellungnahme. Hofer habe «wie kein anderer vor ihm die Mundart und die Rockmusik zusammengeführt», erklärte Berset. «Er hat auch ganzen Generationen in allen Sprachregionen der Schweiz gezeigt, wie viel Kraft, wie viel Geist, wie viel Poesie in der Berner Mundart steckt.»
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