Im August 1943 stürzte sich Lore Berger vom Wasserturm auf dem Bruderholz. Die junge Basler Autorin vollzog damit in Realität, was ihre Romanfigur Esther als einzigen Ausweg aus der unerfüllten Sehnsucht nach einem vollen Leben während des Krieges gesehen hatte. «Der barmherzige Hügel. Eine Geschichte gegen Thomas» heisst der Roman, der schmerzlich aufzeigt, was für ein schriftstellerisches Talent da gleich mit dem ersten Buch für immer abtrat.
Der von der Romanfigur (und Autorin) gewählte Weg rüttelt auf. Da ist diese überaus kluge junge Frau, die ihre Umgebung mit witzigem Sarkasmus beschreibt, die Familie und Ärzte, die sie wegen ihrer Magersucht behandeln bis zur Misshandlung, ebenso wie das Gesellschafts- und Studentenleben.
Sogar ihrem ungetreuen Geliebten, an oder gegen den sie ihre Sehnsuchtsbeschreibungen richtet, begegnet sie zuweilen mit ironischer Distanz. Es ist etwas Grundsätzliches, was sie aus dem Leben treibt. Eine «furchtbare Gier nach Freude» sei in ihr, schreibt sie, «eine Ungeduld, ein unstillbarer Durst».
Leonie Merlin Young nähert sich in der Nachtcafé-Box des Theaters Basel dieser Figur. Sie macht dies konzentriert und wohltuend unaufdringlich –zurückhaltend wie der Titel der Dramatisierung: «Esther. Eine Geschichte vom Bruderholz».
Die Inszenierung von Katrin Hammerl vertraut auf die Kraft des Textes. Und dieser Text ist, so stimmungsvoll, wie er hier vorgetragen wird, so stark, dass sich der Besuch dieser kleinen, aber ausgesprochen feinen Produktion absolut lohnt. Und man darauf hofft, dass der Roman eine neue Auflage erfahren wird.
«Esther. Eine Geschichte vom Bruderholz», nach dem Roman «Der barmherzige Hügel» von Lore Berger. In der Nachtcafé-Box des Theater Basels.