Ein Loblied auf die Fantasie

«Luis im Piratenland» heisst die aktuelle Produktion der Flusspiraten auf dem Rhein. Dabei geht es um einen Jungen, der vor lauter Gamen seine Fantasie verloren hat. Bis er von zwei Feen ins Piratenland gezaubert wird.

Theater auf dem Schiff: «Luis im Piratenland» von den Flusspiraten.

«Ich würde am liebsten gleich noch mal!», sagt ein Kind, das nach der ersten Vorstellung von Bord geht. Klingt doch gut, denke ich. An der Hand habe ich einen aufgeregten fast Sechsjährigen. Zu «Luis im Piratenland» habe ich meinen Luis mitgenommen. Nicht nur der Name passt. Piraten findet er toll, und gemeinsame Unternehmungen sind immer gut für die Beziehung.

«Liebe Fahrgäste! Die dicke Berta fährt jetzt an einen geheimen Ort mit dem Namen Schatzinsel», sagt der Kapitän der MS Baslerdybli durch den Lautsprecher. Gespannt sitzen die rund 30 Kinder mit ein paar Eltern und Grosseltern auf ihren bunten Kissen. Das Schiff legt ab, aber die Flussfahrt gerät schnell in den Hintergrund, denn die Kinder tauchen sofort ins Theaterstück ab.

So schön kann Smartphone-Entzug sein: «Luuuiiiis! Du bisch im Pirateland!»

Szene eins: Luis im Clinch mit seiner Mama. Er soll Hausaufgaben machen und aufräumen, spielt aber nur mit dem Smartphone. «Gump! Gump!», schreit er und ignoriert die Mutter völlig. Die ist irgendwann so sauer, dass sie ihn aufs Zimmer schickt. Ohne Handy und Abendessen, ab ins Bett. Luis krümmt sich weinend auf dem Boden.

Ok, dieses Kind wirkt eher wie ein Riesenbaby, mit der Baseballkappe, den Blinkschuhen und dem Donald Duck T-Shirt. Und auch sein Entzug wirkt arg überzeichnet. Aber die Szene funktioniert, die Kinder sind voll dabei.

Luis ist es ohne Smartphone so langweilig, dass er körperliche Schmerzen erleidet. Das arme Kind hat das Spielen verlernt und wirkt tatsächlich abschreckend verblödet. «Womit soll ich spielen? Playmobil? Langwiilig! Malen? Langwiilig!» Er wünscht sich, im Piratenland aufzuwachen und Abenteuer zu erleben. Wundersam tauchen zwei Feen auf, die ihn mithilfe der Kinder dorthin zaubern.

Es folgen slapstick-artige Szenen mit dem schwerhörigen Piratenkapitän Goldzahn und seiner Gehilfin Fischauge, mittendrin der noch verdatterte Luis. «Käpt’n Goldzaaahn!», ruft Fischauge. «Was? Wo ist ein Holzschwan?» Die Verhörer des Käpt’n sorgen jedesmal garantiert für fröhliches Kinderlachen.

Verstehen sich nicht, mögen sich trotzdem: Käpt’n Goldzahn und Gehilfin Fischauge.

Dann legt das Schiff an der Schatzinsel an. Alle Kinder dürfen mithelfen, den Schatz zu suchen. Aus der Kinderschar soll ein Hilfspirat ernannt werden. Klar, dass fast alle aufstrecken und sich um den Job bewerben. «Ich heisse auch Luis!», ruft mein Luis und tatsächlich – es klappt, er wird ausgewählt. Und muss erst mal seinen Namen abgeben. «Ich taufe dich auf deinen Piratennamen: Kanonenfurz!», sagt Käpt’n Goldzahn und zieht ihm einen Piratenhut an.

Bevor der Schatz gefunden werden kann, tauchen zwei böse Piraten auf, die sich ein Gefecht mit Goldzahn und dem grossen Luis liefern. Ein Glück hat er, der eigentlich nur Daddeln konnte, vom Käpt’n vorher noch Fechten beigebracht bekommen. Trotzdem werden beide gefesselt und müssen befreit werden. Von den Kindern natürlich. Die sind nach wie vor voll und ganz im Piratenland, trotz Affenhitze.

«Seid leise, damit niemand anderes den Schatz findet!» Die gesamte Besatzung beim Landgang.

Zurück auf dem Schiff ist Luis endgültig geläutert. «Er hat verstanden, dass das echte Leben viel besser ist als Gamen», sagt eine Fee. «Aber Gamen isch voll toll!», ruft ein Kind rein. «Ich dörf jedes Wuchenend!» ein anderes. Egal, im Stück funktioniert das mit der «Erfahrungen-im-Real-Life-Schlagen-Fiktion». Wobei in diesem Fall das «echte» Leben doch sehr fantastisch ist. Trotzdem wirkt die Geschichte rund, die Schauspieler haben die Aufmerksamkeit der Kinder von Anfang bis Ende. Vor allem die Fee ist super mit ihrem fröhlichen Gekicher, und mein Luis fängt fast wieder an, an sie zu glauben.

Happy Ending: Der Theater-Luis hat seine Fantasie zurückbekommen, hat gekämpft und das Böse besiegt. Und dann dürfen alle Kinder zum Abschluss noch eine richtig echte Kissenschlacht machen und ein Eis schlecken.

Zu jedem Abenteuer gehört die Prise Gefahr. Gut, tauchen diese Bösewichte noch auf.

Mein Luis redet noch den ganzen Tag von dem Theater. «Wirklich ausserordentlich gut», findet er, «vor allem, als die bösen Piraten aufgetaucht sind, da wurde es so richtig spannend.»

Was ihm nicht so gut gefallen habe, will ich wissen. «Ich fand komisch, dass Luis von einem Erwachsenen gespielt wurde. Das sollte lieber ein Kind machen. Und mein Piratenname. Ich bin doch kein Kanonenfurz!»

Die nächsten Spieldaten: jeweils sonntags, 5. und 12. August, 2. und 9. September.
Informationen und Tickets gibt es bei der Basler Personenschifffahrt.

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