Die Steampunk-Performance Tiefseefisch stoppt am Rhein auf ihrer Suche nach unverseuchtem Wasser.
Ein Himantolophus groenlandicus am Basler Rheinufer: Nicht erschrecken, der sucht bloss sauberes Wasser.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Der Tiefsee-Anglerfisch ist in echt eine grausige Laune der Natur. Das beflügelt die Phantasie.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Philosophin und Tüftlerin Mareike Schwarz hat das Fischmonster aus Stahl mit dem Kollektiv Metallkombo zum Leben erweckt und tourt jetzt damit von Leipzig bis ans Meer.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Zwei Tonnen Industriestahl und Schrott hat das Kollektiv verbaut.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Kann vorwärts und rückwärts fahren. Und noch vieles mehr.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Man stelle sich so eine Szene nachts vor. Uiuiuiui!
(Bild: Alexander Preobrajenski)Diese Mutanten gehören mit zur Performance.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Fürs Familienalbum ein Bild von der «Marina Basel».
(Bild: Alexander Preobrajenski)Mareike Schwarz über die Performance mit dem Fischmonster: «Als Schauspieler sind wir Amateure. Schweissen und Bauen können wir definitiv besser.»
(Bild: Alexander Preobrajenski)Schauerliche Wesen hausen in den düsteren Abgründen der Meere. Was Fischer manchmal als Beifang an Land ziehen, das hätten sich sämtliche dunklen Fantasten von Hieronymus Bosch bis H.R. Giger nicht ausmalen können.
Eine besonders grausige Laune der Natur ist der Tiefsee-Anglerfisch oder Himantolophus groenlandicus. Diese Fische locken ihre Beute in über tausend Metern Tiefe mit einem Leuchtorgan an, das wie ein Angelköder vor ihrem mit Fangzähnen bewehrten Schlund baumelt. Wer dem Licht folgt, schwimmt in den sicheren Tod. Denn der klobige Kopf macht bei den meisten Unterarten an die Hälfte des Körpers aus. Zumindest bei den Weibchen.
Die Männlein dagegen sind schlank und wesentlich kleiner. Eine Unterart zählt mit sechs bis zehn Millimetern Körperlänge gar zu den kleinsten Wirbeltieren überhaupt. Das hat mit der Fortpflanzung dieses Fisches zu tun. Und nun wird es erst richtig abartig. Hat ein Männlein in der Dunkelheit eine Schönheit entdeckt, beisst es sich an deren Unterleib fest. Bei dieser Vereinigung wachsen die Tiere allmählich zusammen. Das Männlein wird dabei wie ein Säugetier-Embryo vom Blutkreislauf seiner Partnerin ernährt. Nur seine Kiemen und sein Laichorgan funktionieren autark.
Die Verbindung dauert definitiv bis in den Tod. Seine Partnerin muss er allerdings manchmal mit mehreren Nebenbeissern teilen.
So ein Tiefsee-Angler-Weibchen gibt es dieses Wochenende bei der «Marina» zu bestaunen. Es ist sieben Meter lang – und aus Stahl. In dieses hat sich derzeit aber kein Männchen verbissen. Dieser Himantolophus groenlandicus ist gerade Single.
«Wir versuchen, unser Männlein bis heute Abend wieder fit zu bekommen», sagt Mareike Schwarz. Die Philosophin und Tüftlerin gehört zum Kollektiv Metallkombo, das die Anglerfisch-Dame aus zwei Tonnen Industriestahl und Schrott zusammenschweisste. Das war vor einem Jahr auf dem Wagenplatz in Leipzig und dauerte drei Monate. Einem alten VW Polo verdankt sie ihre Beweglichkeit. Für das zugehörige Männlein reichte ein Moped.
Düstere Steampunk-Performance
Wie sein Pendant in der Natur lebt die Fisch-Skulptur in der Dunkelheit. Mit Anbruch der Nacht erstrahlt die tödliche Lock-Leuchte, im Fischbauch tanzt eine Kraken-Tänzerin zu Klängen der fischeigenen Bass-Theremin-Band, und begleitet von einem Fischmenschen-Schwarm geht es auf Beutefang.
Am Ende des zeremoniellen Zuges wartet eine postapokalyptische Performance solcher Mutanten – halb Fisch, halb Mensch – in verschiedenen Aquarien. Das sieht dann in etwa so aus:
Was soll das alles? «Wir thematisieren vom Mensch gemachte Umweltschäden», erklärt Schwarz. Es sei eine Show, die mehr als emotionales Bild funktioniere denn als Theater. «Als Schauspieler sind wir Amateure. Schweissen und Bauen können wir definitiv besser.»
Die Ästhetik des Spektakels erinnert an die Steampunk-Bewegung – eine Subkultur, die grosse Freude an retro-futuristischen Maschinen und Objekten hat, wie sie in einem Jules-Vernes-Abenteuer vorkommen könnten. Es knarzt und dampft während der Performance. Blubbergeräusche und gequälte Walgesänge unterstreichen das Unheimliche. Eine richtige Tiefsee-Kreation eben.
Der Trupp aus Leipzig macht nach Deutschland-Stationen wie dem Fusion Festival einen Zwischenstopp in Basel. Danach gehts für drei Monate weiter nach Frankreich. Wo genau die Suche nach sauberen Gewässern endet, ist unklar. Doch für Schwarz steht fest: «Der Fisch muss an den Atlantik.»
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Freitag bis Sonntag ab 21 Uhr, Walking Act & Performance Tiefseefisch. Am Freitag spielt im Anschluss bei der «Marina» die Basler Band Walrus 70er Heavy Stuff. Am Samstag spielen Mandelbajo und Polikarpa y sus Viciosas von Surf und Rockabilly bis Punk.