Der Blick der Kommunikationsverantwortlichen des Museums verrät Skepsis. Hat der Journalist wirklich verstanden, was ihm beim Rundgang durch die Ausstellung erklärt wurde? Es ist tatsächlich nicht einfach, den Ausführungen der britischen Künstlerin Sarah Craske und des Ausstellungskurators Martin Kluge zu folgen.
Die Ausstellung «Theriak. Vergangenes gegenwärtig» im Pharmaziemuseum der Universität Basel bringt hochkomplexe Einzelteile aus Biowissenschaften, Pharmaziegeschichte und Kunst zusammen.
Da ist zum Beispiel von einem Peptid mit dem Namen Theriak die Rede – dem Kernpunkt der künstlerischen Arbeit. Peptide, muss ich mir erklären lassen, sind Zusammensetzungen von Aminosäuren, die zu wirkungsvollen bioaktiven Substanzen werden können. Zum Beispiel solche mit antibiotischer Wirkung. Mit Theriak wiederum wird eine alte Arznei bezeichnet, die in der Antike als Gegengift, später als Universalheilmittel Verwendung fand.
Ein zeitgemässer Wirkstoff nach altem Muster
In einer Vitrine im Museum ist nun ein kleines Laborfläschchen mit den Aufschriften «Peptide» und «Theriak» zu sehen. Umgeben ist es von schön gestalteten Porzellangefässen zur Aufbewahrung des historischen Theriaks aus der Sammlung des Museums.
Letztere sind grössere Gefässe, denn dieses historische Universalheilmittel setzte sich aus bis zu mehreren Dutzend Einzelzutaten zusammen – darunter so exotische wie Vipernfleisch oder Blüten höchst seltener Pflanzen. Die Zutaten im Laborfläschchen – sofern man hier überhaupt von Zutaten sprechen kann – sind weniger zahlreich. Craske hat im Labor des ETH-Instituts sieben Aminosäuren zu einem Peptid zusammengewürfelt, nämlich die mit den Anfangsbuchstaben T H E R I A K.
«Entstanden ist ein willkürliches, aber mein ureigenes Produkt», sagt die Künstlerin. Aber eines, das nicht marktfähig sei, fügt sie hinzu. Obwohl, ganz wirkungslos ist es offensichtlich nicht. Im Labor habe sie Versuche mit Cholera-Bakterien unternommen, so Craske. Und kombiniert mit Knoblauch habe das Peptid Theriak tatsächlich Wirkung gezeitigt.
Prozess wichtiger als das künstlerische Resultat
Das sind viel Erklärungen für einen künstlerischen Prozess. Aber diese sind nötig. Denn wie präsentiert man eine Arbeit, die als transparente Substanz in einem unscheinbaren kleinen Fläschchen steckt? Hier zeigt sich die Krux eines Prozesses, bei dem die künstlerische Arbeit um einiges wichtiger und spektakulärer war als das Resultat.
Kernpunkt der Ausstellung ist eine Vitrine, in welcher der berühmte historische Merianplan der Stadt Basel ausgelegt ist. Craske hat mit Hilfe der Naturwissenschaftler eine Choleraepidemie in Basel simuliert – die Stadt hatte Mitte des 19. Jahrhunderts tatsächlich unter der Infektionskrankheit zu leiden – und den theoretischen Versuch unternommen, sie mit ihrem Peptid Theriak zu bekämpfen. Farbprojektionen zeigen im Zeitraffer die Ausbreitung der Krankheit und den Erfolg ihrer Bekämpfung.
Pharmaziegeschichte mit Gegenwartsforschung konfrontieren
Ganz im Sinne des Bestrebens des Museums, die pharmaziehistorische Sammlung mit Errungenschaften der zeitgenössischen Forschung zu konfrontieren, werden daneben historische Dokumente zu Seuchen präsentiert. So zum Beispiel der minutiöse Basler Pestbericht des Stadtarztes von 1610/11. Oder einige Ausgaben der «Allgemeinen Cholera-Zeitung» von Justus Radius aus dem 19. Jahrhundert.
Diese und weitere Ausstellungsvitrinen haben aber keine wirklich sinnliche Ausstrahlung. Die Anziehungskraft der wunderbaren, wissenschaftlich-kuriosen Dauerausstellung darum herum ist ungleich grösser. Es lohnt sich also sicher, an einer Führung teilzunehmen.
Aber auch sonst lohnt sich der Besuch dieses kleinen, aber feinen Museums allemal.
Pharmaziemuseum der Universität Basel: «Theriak. Vergangenes gegenwärtig». Öffentliche Führungen jeweils am 1. Sonntag im Monat.