Ein reizend verspielter «Pinocchio»

Das Theater Basel zeigt auf der Kleinen Bühne eine mit viel Musik aufbereitete Bearbeitung des berühmten Kinderbuchs «Pinocchio» von Carlo Collodi.

Pinocchio auf dem Weg ins Spielzeugland. Mit Jörg Schröder, Andrea Bettini, Basso Salerno, Johannes Schäfer, Adrian Fähndrich (Bild: Simon Hallström)

Wie reich vordergründig armes Theater sein kann, beweist die Bearbeitung des berühmten Kinderbuchklassikers «Pinocchio» von Carlo Collodi auf der Kleinen Bühne des Theater Basel.

Kinder haben, zumindest als Zuschauerinnen und Zuschauer im Theater, immer recht. Nach dem tosenden Applaus zu beurteilen, muss es sich bei der Bühnenbearbeitung von Carlo Collodis «Pinocchio» auf der Kleinen Bühne also um ein überaus gelungenes Theatererlebnis handeln. Nach ihrem Urteil befragt, sagte meine zehnjährige Begleiterin Maria nach der Premiere: «Ein schönes Stück, sehr kindergerecht gemacht, für Erwachsene aber wohl weniger interessant.»

In diesem Fall hat das Kind nun doch nicht ganz recht. Denn das Duo «I Pelati delicati», bestehend aus dem Ensembleschauspieler Andrea Bettini und dem Musiker Basso Salerno, zaubert einen «Pinocchio» auf die Bühne, der durch seine Verspieltheit und durch seine erfrischende, aber nicht aufdringliche Selbstironie auch dem erwachsenen Begleiter von Maria grosses Vergnügen bereitet hat.

Frecher Holzbengel

Im Zentrum der Aufführung steht natürlich Pinocchio, der faule, etwas freche, aber liebenswert verspielte Holzbengel, der nichts lieber sein möchte als ein richtiger Junge aus Fleisch und Blut. Adrian Fähndrich gibt ein reizendes Abbild dieser Figur ab: ein langer, schlacksiger Junge, der mit grossen, staunenden Augen und spitzer langer Nase von einem Fettnäpfchen ins andere tritt und dennoch alle Sympathien auf seiner Seite hat.

Um ihn herum hat das Regisseurenduo Christian Vetsch und Andrea Bettini (der zudem als Pinocchios Vater Gepetto, Meister Kirsche, Fuchs und als Polizist wie die weiteren Mitspieler auch gleich ein ganzes Rollenbündel trägt) eine wunderbar unaufdringliche Märchenwelt geschaffen, die trotz der zum Teil prächtigen Kostümen den Charme eines armen Wanderzirkus‘ verströmt, der die (scheinbar) beschränkten Mittel für die Ausstattung und die Requisiten mit umso mehr Phantasie wettmacht (Bühne und Kostüme: Ariane Salzbrunn).

Selbstironische Verspieltheit

Zur Aura des Wanderzirkus‘ passt auch das dreiköpfige Hasenorchester, welches – immer wieder verstärkt durch Basso Salerno – das Geschehen musikalisch untermalt und die Gesangsnummern begleitet. Dieses Kleinorchester geht mit ebenso viel Freude zur Sache wie das Ensemble, das klar zu spüren gibt, dass diese Kinderproduktion keinesfalls nur Pflichtübung ist.

Da ist neben den bereits erwähnten Protagonisten die blaue Fee (Joanna Kapsch, die zudem noch als Grille zu erleben ist), die der Figur mit ihrer liebenswerten Zerstreutheit jeglichen drohenden Disneyland-Kitsch austreibt. Jörg Schröder hat sichtlich Gefallen an der Verkörperung der unheimlich-bösen Figuren des Puppenspieldirektors Mangiafuoco, Dr. Eule, des Richters, Kutschers und Zirkusdirektors. Und Johannes Schäfer beweist als Pinocchio-Kumpan Lucignolo unter anderem, dass auch eine zeitgemässe Rap-Einlage gut ins Geschehen passt. 

Viel Spass am Spiel

Dieser grosse Spass am Spiel, der zwischendurch auch schöne Albernheiten zulässt, überträgt sich ungebremst aufs Publikum. Auf die kleinen Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich von der Geschichte mitreissen lassen (und auch Gelegenheiten erhalten einzugreifen). Und auf die Erwachsenen, die nicht zuletzt durch die wohldosierte Portion an Selbstironie ebenfalls viel Freude an der 90-minütigen Kinderproduktion haben können.

«Pinocchio»
von Carlo Collodi (in einer Bühnenbearbeitung durch «I Pelati delicati»)
Regie: Andrea Bettini und Christian Vetsch, Bühne und Kostüme: Ariane Salzbrunn, Musik: Andrea Bettini und Basso Salerno
Mit: Adrian Fähndrich, Andrea Bettini, Basso Salerno, Jörg Schröder, Joanna Kapsch, Johannes Schäfer, Benjamin Brodbeck, Hannes Fankhause, Mathias Gubler
Weitere Vorstellungen bis Ende Dezember 

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