Ein TaWo-Blog wird Buch

Der Autor Rudolf Bussmann hat für die TagesWoche einen Blog geschrieben, in dem er zeitgenössische Lyrik kommentierte. Nun sind alle 75 «Wochengedichte» als Buch erschienen.

Einer geht hinter den Worten. Headerbild aus Bussmanns Blog.

Der Autor Rudolf Bussmann hat für die TagesWoche einen Blog geschrieben, in dem er zeitgenössische Lyrik kommentierte. Nun sind alle 75 «Wochengedichte» als Buch erschienen.

Es ist schlüssig, Rudolf Bussmanns Blogposts zu zeitgenössischen Gedichten als Buch herauszugeben. Denn neben einem Kommentar ist Bussmanns Arbeit auch eine Lyriksammlung, die einen weiten Bogen durch den Bestand der Gegenwart zieht, mit Ausflügen ins 20. Jahrhundert. Jetzt ergeben sie eine Anthologie, ein Format, das Lyrik besonders gut steht. Man kann aufschlagen, blättern, überschlagen, einen Knick ins Buch machen und den jeweiligen Text in der Nähe halten.

Wenn dann beim Lesen Fragen aufkommen, blättert man um zu Bussmanns Kommentar. Oder vielleicht vor allem dann, wenn keine Fragen aufkommen, wenn das Gedicht einen reg- und ratlos zurücklässt. Es ist eine Binse, dass man Kunst dann am nächsten ist, wenn man sich in den Fragen aufhält, die sie aufgeworfen hat. Das tut auch Bussmann. Lieber formuliert er die Fragen, die beim aufmerksamen Lesen vom Text ausgehen, statt sie zu beantworten. Das Auffalten des Ungewissen ist sein Verständnis von der «Brücke für das Gedicht», wie er sein Buch nennt. Das ist schön zu sehen bei seiner Lektüre eines Gedichts von Uwe Kolbe.

Manchmal antwortet Bussmann auch. Etwa wenn es um Bertold Brechts Gedicht über Christi Geburt geht. Köstlich, fand ich, die totale Dekonstruktion der Heiligkeit. «Ochs und Esel waren dabei | Damit alles in Ordnung sei» heisst es da, das ist fast schon Loriot. Um auch mal eine Antwort zu geben. Bussmann gibt eine etwas andere und man fragt sich: Hat man den gleichen Text vor Augen? Mit der Zeit leuchtet sie jedoch ein, und man merkt, wie man selber anfängt den Text anders zu lesen.

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Rudolf Bussmann: Eine Brücke für das Gedicht. Offizin, 200 Seiten.
Im Gespräch mit Ulrike Draesner und Jürgen Theobaldy: Samstag, 8. November, 11 Uhr, Museum Kleines Klingental
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