Der Film «Ai Weiwei – Never Sorry» porträtiert einen Künstler, für den Meinungsfreiheit das wertvollste Gut ist. Der aber leider in einem Land geboren wurde, dessen Regierung nicht so denkt: China. Trotzdem kämpft er täglich dafür.
Seit dem Frühling 2011 kennt alle Welt den Namen Ai Weiwei. Damals, im April, war der chinesische Künstler von den Behörden verhaftet und an unbekanntem Ort festgehalten worden. 81 Tage lang schmorte Ai in einem chinesischen Gefängnis, während weltweit Proteste gegen seine Verhaftung laut wurden. Fast täglich konnte man in den Medien Berichte lesen, bis zu seiner Freilassung auf Kaution im späten Sommer.
In Alison Klaymans Film «Ai Weiwei – Never Sorry» nehmen diese paar Monate nur ein paar Minuten ein. Mehr braucht es auch nicht. Der Rest des Filmes ist die Vorgeschichte, die Geschichte eines Kämpfers, der weiss, was er will, und der sich jederzeit bewusst ist, was die Konsequenzen dafür sein können. Deswegen klein beizugeben sieht er jedoch nicht als Option an. Er habe sehr wohl Angst, sagt er an einer Stelle des Films. Aber man dürfe den Kopf angesichts der Gefahr nicht in den Sand stecken, man müsse handeln, weil die Gefahr ansonsten nur stärker werde: «Ich will nicht Teil der Realitätsverleugnung sein.»
Drei Jahre lang ist Klayman Ai mit der Kamera gefolgt. Sie hat ihn bei der Arbeit gefilmt, beim Spielen mit seinem Sohn, beim Plaudern mit der Mutter, bei seinen diversen Behördengängen. 2008 begann die Aufzeichnung, in jenem Jahr, in dem bei einem Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan rund 70’000 Menschen getötet wurden, darunter viele Schulkinder, weil die Schulhäuser nur mangelhaft gebaut worden waren. Die Regierung interessierte sich nicht dafür, was Ai auf den Plan rief. Er lancierte ein Projekt, um den Kindern eine Stimme zu verleihen. Zwei Jahre dauerte und mehrere freiwillige Helfer brauchte es, bis rund 5400 Kindernamen die Wand seines Ateliers bedeckten.
Twitter = Redefreiheit
Spätestens seit jener Aktion ist der Name Ai Weiwei zu einem Brand geworden, zu einem Brand für freiheitliches Denken. Zur Stärkung dieses Brands nutzt Ai vor allem auch das Internet. Nachdem sein populärer Blog von den Behörden gesperrt wurde, nutzt der Künstler vor allem Twitter, um seine Gedanken zu verbreiten – auch heute, wo er unter Hausarrest steht und andauernder Bewachung ausgesetzt ist.
Klayman sucht in ihrem Film in Gesprächen mit Verwandten und Bekannten nach der Motivation Ais und findet sie in den unterschiedlichsten Ereignissen in seiner Vergangenheit. Da ist der Vater, ein frei denkender Dichter, der im Arbeitslager landete. Da sind die zehn Jahre, die Ai in New York verbrachte und wo sich sein politisches Bewusstsein ausbildete. Und da ist die Zukunft seines Sohnes, für den er sich ein anderes China wünscht.
Die Kunst kommt in «Ai Weiwei – Never Sorry» fast nur am Rande vor, der Regimekritiker steht im Fokus. Der Film empfiehlt sich deshalb nicht nur für Kunstfans, sondern für jede und jeden, der sich für politische Umstände im allgemeinen und in China im besonderen interessiert. Unbedingt empfehlenswert!
- «Ai Weiwei – Never Sorry» läuft ab dem 13.9 September in den kult.kinos Atelier und Camera.