Eine Hommage an das ehemalige Jugendzentrum «Splash» zum 25. Geburtstag

Es war einmal ein Jugendhaus, das nannte sich Splash. Es war das erste im Oberbaselbiet. Es war Fresstempel, Schlupfloch, Sehnsuchtsort. Unser Autor erinnert sich.

(Bild: Lucas Huber)

Es war einmal ein Jugendhaus, das nannte sich Splash. Es war das erste im Oberbaselbiet. Es war Fresstempel, Schlupfloch, Sehnsuchtsort. Unser Autor erinnert sich.

«Wir essen wie Bauarbeiter: Viel und schnell», pflegte Gregor zu sagen. Gregor: einer von uns, Handelsschüler, 1998. Wir waren keine Kinder mehr, noch viel weniger aber waren wir Erwachsene. Aber hungrig über die Mittagspause zwischen Mathe und Geschichte wie Bären vor dem Winter. Da war das Splash genau richtig. Splash, du Sehnsuchtsort, du Schlupfloch und Refugium – du Liestaler Legende mit Mittagstisch.

Eigentlich warst du ein Loch, kaum Tageslicht, indirekte Beleuchtung durch Deckenstrahler mit dem Charme einer Baustelle, zerkratzte Tische, fahle Rigipswände, wurmstichiger Täfer, zerfledderte Comics: Splash, du Loch. Doch was für eins. «Lust ins Splash zu kommen? Dann bist Du hier willkommen», verhiessen die vergilbten Hausregeln. Und rauchen war genauso verboten wie Alkohol. Doch wer braucht Berauschendes, wenn er sich vom Splash berauschen lässt?

Mit leisem Stolz
Das Jugendzentrum Liestal, 1990 als Splash gegründet, später als Joy bekannt, befindet sich im ehemaligen Feuerwehrmagazin in der Liestaler Allee. Die hervorragende Lage und die vielfältig nutzbaren Räume haben es zu einem beliebten Treffpunkt gemacht. Zum 25. Geburtstag (Samstag, 19. September) hat die Stiftung Jugendsozialwerk, die das Jugendhaus im Auftrag der Stadt Liestal betreibt, eine Festschrift herausgegeben. Sozialvorsteherin Marion Schafroth lässt darin keine Zweifel aufkommen: «Es hat das Leben vieler Jugendlicher bereichert», blickt sie «zufrieden und mit leisem Stolz» zurück.

Bald gehörte das Jugendhaus Splash zu unserem Alltag. Hier lernte Stefan seine Frau kennen, Marc überwand den ersten Liebeskummer und Olli seine erste Schlägerei. Der Tee stand auf jedem Tisch, zusammen mit ein paar Gläsern, gratis für alle, die hier zu Mittag assen für sechs Franken. À discretion. Kartoffelauflauf, Spaghetti Napoli, Hörnli mit Ghacktem, dazu gab es Salat in Schüsseln aus Grossmutters Porzellanschränkchen. Splash, du Nostalgische, die du Handels- und Gewerbeschüler, Lehrlinge und Gymnasiasten unter ein Dach brachtest.

Billard bis zum Wandbruch

Das Splash war beliebt, wer zu spät kam, ass im Stehen oder zog unverrichteter Dinge davon. Regelmässig mogelten wir uns ein paar Minuten früher aus dem Englischunterricht, Frau Müller schüttelte dann ratlos den Kopf und liess uns ziehen. Ob ihr Gesichtsausdruck Wohlwollen bedeutete oder ein «Aus euch wird nie was», erschliesst sich auch rückblickend nicht.

Im Erdgeschoss übten die Breakdancer. Schien die Sonne, dröhnten die Bässe durch die ganze Allee. Wir töggelten uns die Finger wund und verkrümmten sie zwischen grünem Vlies und Billard-Queue. Jede Kugel aus jeder Position in jedes Loch, das war unser Credo – dann droschen wir drauf. Ausser Andi, der hatte den Dreh raus – mit Gefühl und grosser Klappe. Das Splash war ein friedlicher Ort, aber beim Billard übermannte uns der Ehrgeiz. Dann wurde es laut, man mahnte uns zur Ruhe. Wir hinterliessen sogar ein Loch in der Gipswand, welches wir schnell hinter einem Werbebanner versteckten.

Immer öfter kamen wir auch nach Schulschluss. Das Splash war der «place to be», melting pot und meeting point. Es war mehr als Zeitvertreib und Lückenbüsser. Und es war unkompliziert und günstig. Wir verloren uns in der Comic-Ecke und ignorierten das Regal mit den Broschüren gegen Gewalt und Sucht. Wir verstrickten uns an der Theke in Diskussionen über Sinnlosigkeiten, fläzten in der Sofaecke, besprachen miese Noten und feierten die guten.

Das waren Zeiten. Splash, du fast Vergessene. Als du in Joy umgetauft wurdest, ging deine Anziehungskraft verloren, «Joy! Wer heisst schon Joy?» Das verwitterte weisse Schild über dem Tor mit der blauen Schrift verschwand, und auch wir verschwanden. Ohne Abschied. Unsere KV-Tage waren gezählt.

Und irgendwann war auch der Mittagstisch im Splash – wohl bemerkt der erste seiner Sorte in Liestal – nicht mehr das, was er einmal war: Alternativangebote schossen aus dem Boden, und die Freiwilligen, die in der Küche und hinter der Theke ackerten, waren immer schwieriger zu finden. Schliesslich wurde er abgeschafft.

Ab 2002 machten Gangs das Jugendhaus unsicher, immer wieder kam es zu Prügeleien. Drogen und Vandalismus waren schon in der Startphase ein Problem, der Goodwill von Stadtrat und Bevölkerung wurde mehr als einmal auf die Probe gestellt. Doch Splash alias Joy: Du konntest dich behaupten, auch, weil es ruhiger wurde um die Jugend. Unruhe und Protest versiegten weitestgehend. 

Ungewisse Zukunft für das traditionsreiche Jugendzentrum

15, 16 Jahre ist das nun her. Wir wurden dann doch noch erwachsen. Und erwachsen wurde auch die Jugendarbeit im Kanton. Das Splash war das erste Jugendzentrum Liestals, am Ende der Allee, im ehemaligen Feuerwehrmagazin. Hier entstand die erste offene Jugendarbeit im oberen Kantonsteil. Heute ist es lediglich ein Teil eines ganzen Netzes von Jugendangeboten, vereint im Kompetenzzentrum KJF

Im Jugendzentrum «formerly known as Splash» gibt es heute eine Fülle an Angeboten. Das Haus leistet Integrationsarbeit, bietet Beratungen an, organisiert Events, unterstützt junge Rapper, bietet die «girls zone» für Mädchen und einen Treff für junge Eltern. Es gibt ein Tonstudio, einen Dancefloor, einen Fitnessraum, ein Jugendcafé, rund 350 Jugendliche nutzen die Angebote regelmässig. Allein die Frage, wie es langfristig weitergeht, steht in den Sternen. Denn die geplante Überbauung des Bahnhofs Liestal hängt wie ein Damoklesschwert über dem «Haus zur Allee», wie man es einst nannte. Käme nämlich der angedachte Durchgang ins Stedtli, stünde das Jugendzentrum genau im Weg.

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Zum Jubiläum des Jugendzentrum Liestal am Samstag, 19. September 2015, findet ein offizieller Festakt statt. Es gibt Konzerte, unter anderem der Liestaler Rap-Combo TAFs, und eine Party. 

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