Eine originelle und witzige Theater-Andacht zum Tabuthema Eigentum

Haben oder Nichthaben: Das Berliner Performance-Kollektiv She She Pop lädt zu einem originellen «Oratorium» zu einem Thema, über das man normalerweise nicht spricht.

«Oratorium» von She She Pop: Szenenbild mit der Berliner Besetzung.

Der Auftakt des Abends gehört uns. Also denen, die Eintritt bezahlt und nun auf der Zuschauertribühne in der Reithalle der Kaserne Platz genommen haben und sich auf den jüngsten Streich der hoch gehandelten Berliner Perfomance-Truppe She She Pop freuen. Denn ein an die Rückwand der Bühne projizierter Text ruft zum chorischen Sprechen auf. Zuerst alle, dann die schlecht situierten Selbständigen, die Rentner, die Klassenkämpfer, Erben und alleinerziehenden Mütter in prekären Verhältnissen.

Es ist ein bisschen wie bei einer Zeremonie in einer Freikirche (stelle ich mir zumindest so vor), nur dass der Erlöser an diesem mit «Oratorium» betitelten Abend abwesend ist. Es geht um den ganz irdischen Besitz — oder das «Geheimnis des Eigentums». Dieses wird durch den chorischen Dialog zwischen denen, die Eigentum haben und den anderen, die es nicht haben, teilweise gelüftet. Es geht im Stück um Nichthabende, die von den Habenden zum Beispiel aus der Mietwohnung, die zur Eigentumswohnung wird, vertrieben werden.

Dialektik und Ironie

She She Pop präsentiert, verstärkt durch einen Bühnenchor mit Basler Darstellern (und eben dem Publikum als multichorisches Kollektiv), eine dialektische und zugleich ironisch durchbrochene Revue, für die Bertolt Brecht Pate gestanden haben könnte. Mit Nummern, die mit «Katechismus vom Eigentum», «Lüge von der Leistungsgesellschaft» oder «Fabel der Entmietung» angekündigt werden. Musikalisch untermalt wird das Ganze von einem wunderbar aufspielenden Duo mit Trompete und Vibraphon.

Der Abend überzeugt in erster Linie durch seine überaus originelle und überraschende Form und hintersinnigen Witz – eine Kombination, die das Publikum dazu anregt, mit viel Engagement und bestens gelaunt an der «kollektiven Andacht» teilzunehmen. Inhaltlich bleibt der Diskurs um das brennende Thema Eigentum und der damit verbundenen sozialen Verantwortung aber in den Ansätzen stecken.

Allzu viel Erkenntnisgewinn hat man am Schluss des Abends, den man ja so aktiv mitgestalten durfte, also nicht. Aber dafür das wohltuende Gefühl, höchst vergnügliche 90 Theaterminuten erlebt zu haben.

«Oratorium » von She She Pop. Weitere Vorstellungen am 25. und 26. Mai in der Kaserne  Basel.

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