Eine Romanze kühlt sich langsam ab

Die Stadt und die Art Basel waren 42 Jahre lang ein schönes Paar. Nun werden erste kritische Töne hörbar.

1970, an der allerersten Art Basel, herrschte noch ein wildes, buntes Durcheinander. (Bild: Kurt Wyss / Artwork: Hansjörg Walter)

Die Stadt und die Art Basel waren 42 Jahre lang ein schönes Paar. Nun werden erste kritische Töne hörbar.

Schon als Kind sei er alljährlich mit den Eltern an die Art Basel gepilgert, erzählt ein Freund. Das sei immer ein Fest gewesen, das schon auf dem Messeplatz losging. Ein Treiben wie auf einem belebten Markt habe geherrscht, und als Kind sei man aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen.

Die Art Basel, sie hat etwas Magisches. Eine Aura, die weit ausstrahlt. Immer Anfang Juni, seit nunmehr 42 Jahren, schaut die Kunstwelt nach Basel. Der Kunstmarkt in Köln (die heutige Art Cologne), 1970 der grösste Konkurrent, war schnell vergessen, und bis heute kämpft man in der nördlichen Rheinstadt um den Anschluss.

In Basel war der Nährboden offenbar reichhaltiger. Das lag auch am Gründungstrio der Art: Ernst Beyeler, Trudl Bruckner, Balz Hilt. Vor allem Beyeler und sein Name waren bis zu seinem Tod eng mit der Art Basel verknüpft. Mit seiner und der Hilfe seiner Mitbegründer gelang es schon bald, die international wichtigsten Galerien ans Rheinknie zu locken. Einige von ihnen kommen noch heute – Marlborough, Gmurzynska, Bischofberger etwa.

Damals war die Kunstmesse als Form der Kunstvermittlung und -vermarktung noch ganz neu. Heute buhlen weltweit rund 600 Kunstmessen jährlich um Händler und Publikum – sechs davon allein in Basel. 1970 aber wurde Kunst hier plötzlich und erstmals wie Ware behandelt. Und die Art stand, ganz im Gegensatz zur Kölner Messe, allen Galerien offen. Sie wurde Jahr für Jahr erfolgreicher, und die aus Holz gebaute Baslerhalle, in der sie anfangs stattfand, wurde nach wenigen Jahren gegen die präsentable Rundhofhalle eingetauscht.

Keller machte die Art zum Event

Der Erfolg hatte bald erste Änderungen des Konzepts zur Folge. Schon 1974 selektionierte ein Ausstellerbeirat erstmals die Galerien. In den 1990er-Jahren, mit Lorenzo Rudolf als Direktor und unter seinem Nachfolger Sam Keller ein Jahrzehnt später, wurde diese Selektion noch verschärft.

Sowohl Rudolf wie Keller aber machten sich auch einen Namen dafür, die Art Basel als Event zu positionieren, der über die Messehallen hinausging. Wir erinnern uns an legendäre Partys, offiziell oder nicht, oder ans «Art Zappening», eine Kulturnacht, die Theater, Kunst und Musik vereinte. Keine Messe, auch nicht die Uhren- und Schmuckmesse, trieb so viele Menschen hinaus in die Basler Strassen. Die Bevölkerung bekam unweigerlich das Gefühl, ein Teil dieses Anlasses zu sein, der sich nie als abgehobenes Ereignis verstand.

Die Art Basel war aus der Stadt heraus gewachsen und sie umarmte die Stadt, verzückte sie, so sehr, dass in der «Basler Zeitung» im Juni 2001 zu lesen war: «Wo die Art aufhört, beginnt sie eigentlich erst recht. Der Grossanlass der Kunstwelt hat seine Grenzen längst selbst gesprengt. Im engeren Sinn hat die Art Basel ihre Wände verlassen und organisiert immer mehr Events in der Stadt. (…) Die Kunstmesse ist längst zu einer Romanze zwischen einer ganzen Bevölkerung und ihren Besuchern aus aller Welt geworden.»

Events finden auch heute noch statt. Doch immer seltener fungiert die Art Basel als deren Gastgeberin. Die legendäre «Art Party» wurde vor vier Jahren abgeschafft. Die «Art Public», deren grosse Kunstwerke auf dem Messeplatz als Bindeglied zwischen innen und aus­sen fungierten, fiel der Messebaustelle zum Opfer. Der «Art Parcours», der diese inzwischen zum dritten Mal ersetzt und heuer Kunst ins St. Johann trägt, verbleibt als einziges volksnahes Überbleibsel, und neu wird auch eine Kooperation mit den Offspaces der Stadt angestrebt.

Riegel gegen die Stadt

Partys jedoch werden inzwischen von privaten Veranstaltern organisiert, und die Galeristen und Sammler sind längst nicht mehr so präsent im Stadtbild, wie man es zeitweise gewohnt war. Stattdessen tummeln sie sich Abend für Abend an Privatanlässen. Die Art Basel und ihre Entourage ziehen sich immer stärker in die Messehallen zurück – ein Eindruck, der durch den entstehenden Messeneubau mit seinem Riegel gegen die Stadt hin noch verstärkt wird.

Natürlich kann noch immer jeder eine Eintrittskarte kaufen und erstmals sind in diesem Jahr auch Karten für die Vernissage in den freien Verkauf gelangt – zum stolzen Preis von 300 Franken pro Stück. Viele erinnern sich aber noch daran, dass die Ver­nissagekarten in grosser Zahl in der Stadt kursierten; wer hinwollte, der kam hin, auch die Studentin, die keinen Rappen auszugeben hatte. Das ist schon länger nicht mehr der Fall, weil die Messehallen laut den Veranstaltern irgendwann so hoffnungslos überlaufen waren, dass der Zugang beschränkt werden musste.

Die Vernissage der ersten Nebenmesse am Platz, der Liste, hat in den letzten Jahren auf der Popularitäts­skala vieler Basler die Vernissage der Art Basel abgelöst. Weil keiner ein ­Ticket braucht, kommen alle hierher: Auch im 17. Liste-Jahr bleibt der Eröffnungsabend öffentlich. Die Atmosphäre ist ungezwungen, das Warteck gleicht einem Volksfestplatz – Klöpfer und Bier machen den Eindruck perfekt. Doch auch bei der Liste kämpft man inzwischen mit ähnlichen Problemen wie bei der Art. «Es könnte durchaus sein, dass wir den Zugang bald ebenfalls beschränken müssen», sagt Liste-Direktor Peter Bläuer. Als Grund nennt er die Sicherheit: «Gerade in den verwinkelten Gängen des Wartecks ist diese sehr schwer zu gewährleisten, wenn so viele Leute hin­durchströmen.» Das zahlreiche Publikum, das man so gerne begrüsst, es hat auch seine Schattenseiten.

Wertvolle Stunden

Auch die Art Basel zog, je erfolgreicher sie wurde, desto mehr Besucher an. Und mehr Menschen überhaupt fingen an, sich für den Anlass zu interessieren. Alle wollten von dieser Magie kosten. Während der Art-Woche interessieren sich selbst Leute für Kunst, die unter dem Jahr kein einziges Museum betreten. Und fast jeder darunter wäre am liebsten ein kleiner VIP. Als der Zugang zur Vernissage schwieriger wurde, versuchte deshalb, wer die Möglichkeiten hatte, bereits vor der Vernissage in die Hallen zu gelangen, in den we­nigen Stunden der Previews. Zahlreiche doppelt verschickte, unpersönliche und weiterverschenkte Preview-Karten machten dies möglich.

Die Konsequenzen waren bald dieselben wie bei der Vernissage: Der ­Zugang musste besser kontrolliert respektive beschränkt werden. Denn während der Preview-Stunden machen viele Galeristen an der Art Basel einen Grossteil ihres Umsatzes. Ist der Galerist zu sehr abgelenkt, kann er sich nicht mehr aufs Geschäft konzentrieren. Er wird unzufrieden – und mit ihm die Messeleitung.

Aufgrund des anhaltenden Besucherzuwachses aus der ganzen Welt hat man auf dieses Jahr hin einerseits ­einen zweiten Preview-Tag eingeführt, andererseits den Zugang an diesen Tagen selektiver gestaltet. Die Galerien wählen dabei in erster Linie aus, wer an diesen Tagen Zugang zur Messe hat. Die Art Basel aber hat in diesem Jahr selbst die VIP-Packages an jene Sammler verschickt, die von den Galerien ausgewählt und deren Namen mit Kontakten in zwei Listen – einer fixen Liste und einer Warteliste – der Art Basel übermittelt wurden. Kein Sammler soll mehr zwei oder mehr Karten erhalten und sie weitergeben können. Damit will die Messe die Qualität ihres Angebots verbessern.

Schlechte Kommunikation?

Gewünscht würden diese Massnahmen von den teilnehmenden Galeristen selbst, erklärt Art-Co-Direktorin Annette Schönholzer. Grundsätzlich wird dieses den Veränderungen am Kunstmarkt geschuldete Vorgehen auch begrüsst. Bei einigen Galeristen wurde jedoch Kritik laut, weil die Art Basel es versäumt habe, sie darüber zu informieren, welche ihrer Sammler sie für die Preview-Tage eingeladen hat.

Tatsächlich habe die Art Basel laut eigenen Angaben die Galeristen jedoch informiert, wenn nicht nur die Sammler der fixen Liste, sondern auch ein Sammler von einer Warteliste eine Karte erhielt. Trotzdem fühlt sich manch ein Galerist entmündigt und sieht Nachteile für sein Verhältnis zum Sammler (siehe auch TagesWoche vom 20. April 2012). Auch müsse sich weisen, ob die Verlängerung der Previews tatsächlich bessere Verkäufe bringe.

Diese Stimmen lassen aufhorchen. Denn Kritik im Zusammenhang mit der Art Basel war in der Vergangenheit äus­serst selten zu hören – mit Ausnahme von umstrittenen Zulassungsentscheiden für Galerien des «Art Committees», die immer wieder Anlass zu Diskussionen lieferten. Doch passend zum Juni herrschten zu Messebeginn stets Minne und Sonnenschein. Umso überraschter ist man, wenn man heute genau hinhört. Zwar stellt niemand infrage, dass die Art Basel nach wie vor die erfolgreichste und attraktivste Messe ihrer Art ist. Die Kritik richtet sich vor allem an die Adresse der Organisatoren. Man habe den Bodenkontakt verloren, sei unnahbar geworden, hört man selbst von Insidern. Öffentlich jedoch möchte niemand dazu Stellung nehmen – zu gross ist der Einfluss der Messe.

Doch Beispiele zeigen, dass beim Art-Team persönliche Nähe zur Stadt und selbst zu den Kunden verloren gegangen ist. Es sei schwierig, noch den richtigen Ansprechpartner zu finden, erzählt beispielsweise ein Galerist, der seit Jahrzehnten einen Stand an der Art hat und verschiedene Direktoren er­lebte. Auch erreiche man fast nur noch den Anrufbeantworter und müsse hauptsächlich per E-Mail kommunizieren – ein Eindruck, den die TagesWoche nach Erfahrungen in den letzten Wochen teilt. Auch ein zweiter Galerist bestätigt, dass mindestens 90 Prozent der Kontakte über E-Mail laufen.

Das Art-Team ist fremd geworden

Die meisten Galeristen jedoch werden den persönlichen Kontakt nicht vermissen, wenn die Messe ihren Bedürfnissen entsprechend und perfekt organisiert ist. An anderen Messen läuft das nicht anders. Und bei den interna­tional tätigen Galerien ist es heute selten mehr der Galerist selbst, der den Kontakt zur Messe herstellt, sondern ­einer seiner vielen Mitarbeiter oder ein externes Büro. Die Globalisierung hat längst auch die Galerien erreicht.

Die Kritik am Art-Basel-Team ist ­somit vor allem ein lokales Wahrnehmungsphänomen. Denn hier in Basel achtet man nicht nur auf organisato­rische Belange, sondern auch auf Veränderungen in der Atmosphäre. Die Art Basel, sie ist ein Basler Kind. Und so identifizieren sich viele Basler mit der Kunstmesse und registrieren auch minime Veränderungen. Die Messe werde austauschbar, findet ein Bekannter, man kenne die Köpfe dahinter nicht mehr. Bis auf zwei Personen wurde seit dem Abgang von Sam Keller vor vier Jahren das gesamte Team aus­gewechselt. Während Keller gerne in Basel in den Ausgang ging und «tout Bâle» kannte, trifft man Annette Schönholzer und Marc Spiegler nur selten an. Ihr vollgepackter Terminkalender lässt es wohl nicht anders zu.

Bei der Art Basel sieht man darin kein Problem. Und selbst wenn es im Bereich des persönlichen Umgangs hapern mag, man pflegt den Kontakt zum offiziellen Basel und setzt in anderen Bereichen verstärkt auf Anbindung. Bei den Sponsoren etwa, wo man kürzlich Davidoff als neuen Partner neben der UBS präsentieren konnte.

Im gestalterischen Bereich wiederum führt der Weg vom Rheinknie weg: Die Basler Beat Müller und Wendelin Hess, die seit 13 Jahren das Gesicht der Art Basel prägen, wurden soeben durch die internationale Markenberatung ­Interbrand ersetzt, die weltweit zwar über 40 Standorte besitzt – darunter jedoch keinen in Basel.

Die Neupositionierung der Marke Art kurz vor der Lancierung des dritten Standbeins in Asien wirft Fragen auf – darunter auch jene, ob man möglicherweise bald vorhaben könnte, «Basel» aus dem Brand zu streichen und die ­beiden Schwestermessen verständlicher «Art Miami Beach» und «Art Hongkong» zu nennen. Keineswegs, ­betont Annette Schönholzer: «Wir werden den Namen ‹Art Basel› in Zukunft gestalterisch sogar noch stärker positionieren» (siehe Interview).

Globaler und kommerzieller

Trotzdem wird die Art Basel ein Jahr vor ihrer ersten Hongkonger Messe globaler und kommerzieller – ein Trend, der zwar schon unter Sam Keller und mit der seit 2002 im Dezember stattfindenden Art Basel Miami Beach ein­setzte, sich nun aber merklich ausprägt und auch stärker in Richtung Anonymität eines Gross­unternehmens zu führen scheint. Damit geht die Art mit dem Kunstmarkt, der ebenfalls immer globaler und internationaler agiert. Ein nachvollziehbarer Schritt der Leitung, der aber gleichzeitig zur Folge hat, dass sich die Art stärker von Basel entfernt. Und dass sie von Jahr zu Jahr exklusiver wird.

Diese neue Ausrichtung bringt nicht nur Veränderungen im Verhältnis zu Basel und seiner Bevölkerung mit sich, sondern birgt weitere Gefahren, meint Galerist Diego Stampa: «Die Kunst geht vergessen. Das, worum es an dieser Messe eigentlich geht.» Als Galeristen müssen ihm die Künstler am Herzen liegen, sagt er. Wenn diese aber nur noch für einen schnelllebigen und auf Kommerz ausgerichteten Markt produzieren müssten, leide die Kreativität. Und damit auch der Kunstmarkt. Nicht nur der lokale, sondern der globale.

Ernüchterte Veranstalter

Ausserhalb der Messehallen ist die Kunst in Basel noch nicht tot. Der Kunst­event lebt dank vieler privater Initiativen weiter. Doch die Romanze, welche der Autor der BaZ zwischen der Art und der Basler Bevölkerung vor elf Jahren ausmachte, hat sich abgekühlt. Mit ihrem Rückzugsverhalten machte die Art Platz für andere Veranstalter. Jährlich buhlen seit ein paar Jahren nicht nur mehr Messen, sondern auch mehr und mehr Partyveranstalter und Kunstschaffende in Clubs und auf den Stras­sen um die Gunst des Publikums. Die Kunststadt Basel boomt.

Also doch allseits eitel Sonnenschein, könnte man meinen. Mitnichten: Im letzten Jahr hat sich auch bei den Veranstaltern Ernüchterung breit gemacht. Trotz aufwendigen Bookings und international ausgerichteten Events endeten nicht wenige Anlässe in einem finanziellen Debakel. Sogar offizielle Partys der Nebenmessen Scope oder Volta blieben fast leer. Nur wenn der Anlass «exklusiv», das heisst strikt auf Einladung und gratis war, funktionierte er. Das Publikum der Art Basel und ihre Galeristen, so die Erkenntnis der Veranstalter, findet den Weg in normale Clubs nicht mehr. Hier ist man auf das reguläre Basler Publikum angewiesen – doch auch das hat sich rar gemacht.

Ist das Angebot zu wenig attraktiv geworden? Oder im Gegenteil die Auswahl zu gross? Oder ist den Galeristen gar das Feiern vergangen? Manchen vielleicht, die älter geworden sind. Die anderen treffen sich an den altbekannten Orten. In der Kunsthalle mit der angegliederten Campari-Bar und dem offiziellen Art Club zum Beispiel. Oder im Acqua und dessen Lounge und neu dort auch am Stadtstrand, dem ehemaligen City Beach – alles eher konventionelle Orte des Nachtlebens.

Auch die Liste hat ihre Eröffnungsparty, die seit Jahren erfolgreich auf dem nt/Areal stattgefunden hatte, in diesem Jahr dorthin verlegt – aus rein pragmatischen Gründen, wie Peter Bläuer betont: «Nach der Schliessung des nt mussten wir eine Alternative finden. Und viele gibt es leider nicht.»

Ab nach Zürich!

Viele Sammler und Galeristen zieht es in andere Schweizer Städte, meist an Privatanlässe oder in die exklusiveren Clubs von Zürich. Die Schweiz ist klein geworden in der Woche der Art Basel. Und andere Städte wie Zürich beginnen, ihren Nutzen daraus zu ziehen (siehe hier).

Doch auch beim offiziellen Basel ist man (noch) zufrieden. Solange die Art Basel das Publikum zwar nicht mehr in die Clubs, aber immer noch in die Stadt zieht. Die ganze Woche rund um die Art Basel stelle ein stadtrelevantes Ereignis dar, sagt die Leiterin des Standortmarketings, Sabine Horvath: «Dazu trägt die Art massgeblich bei, aber ebenso die Nebenmessen oder die Museen, die während dieser Woche immer ein aufwendiges Programm mit Sonderver­anstaltungen bieten.»

Tatsächlich kommen während der Art so viele ausländische Besucher in die Stadt wie sonst nie im Jahr. Das merkt man nicht nur in den Hotels und den Läden, sondern auch in den Museen, die primär dank der Gratiseintritte mit den VIP-Karten (und der vergünstigten Eintritte mit den Tageskarten) der Art Basel ihre Besuchszahlen merklich steigern können. Eva Keller, die Leiterin der Basler Museumsdienste, spricht von Zahlen im fünfstelligen Bereich.

Keine Wegweiser

Umso unverständlicher erscheint es angesichts solcher Lobeshymnen, dass auch während dieser Ausnahmewoche vonseiten der städtischen Behörden wenig Kulanz herrscht. Nicht nur Kunstschaffende und Veranstalter kleinerer Happenings wie Performances klagen über die Verweigerung von Bewilligungen, auch die Art Basel muss für die einzelnen Kunstwerke ihres «Art Parcours» jährlich die Mühlen der Verwaltung über sich ergehen lassen. Ebenso die Liste: Ihr werden seit drei Jahren die Wegweiser nicht bewilligt, die die Besucher zum Warteck ­führen sollen. Was den «kleinen» Kunstschaffenden trösten mag, der seine Bewilligung nicht erhält – angesichts der Publikumsrelevanz einer Messe wie der Liste ist das eher kleinlich. Und das Argument, zu viele Verkehrsschilder würden die Autofahrer verwirren, darf man angesichts der wenigen Schilder mit dem Liste-Schriftzug sicherlich mit einem Stirnrunzeln quittieren.

Doch auch wenn nicht mehr so viele Partys wie früher stattfinden, und wenn auch einige Bewilligungen fehlen: Vermissen muss der Kunstlieb-haber in dieser Juniwoche nichts. Staunen kann man als Kind an der Hand seiner Eltern noch immer – und das längst nicht mehr nur an der Art.

Trotzdem darf man den alten Esprit vermissen, der die Art Basel ausmachte. Vielleicht ist es aber auch nur so, wie einer bemerkt, der die Art seit Jahren aus nächster Nähe kennt: «Nur wir ­alten Kulturromantiker sehen wahrscheinlich ein Manko. Und doch wäre es nobel, wenn die Art den Humus wieder legen könnte.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.06.12

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