Das Sinfonieorchester Basel zieht über seine erste Saison nach der Trennung vom Veranstalter AMG sehr zufrieden Zwischenbilanz. In der kommenden Phase wird es noch mehr neue Konzertformen à la «Late Night» geben. Auf dem Programm steht neben ewig guten Namen ein Fokus aufs 20. Jahrhundert.
Vor einem Jahr gab das Sinfonieorchester Basel (SOB) überraschenderweise bekannt, dass es sich von der Allgemeinen Musikgesellschaft (AMG) trennt und seine Konzerte künftig selber veranstaltet. Das Sinfonieorchester hat gegenüber dem Kammerorchester und der Sinfonietta die weitaus längere Tradition, aber durch die kantonale Subventionierung und die Einbindung ins Theater Basel auch die meisten Verpflichtungen. Darum bemühte es sich schon länger um mehr Eigenständigkeit und um die Profilierung des Ensembles.
Den Startschuss dafür gab vor allem Dennis Russell Davies, der seit 2009 Chefdirigent des Orchesters ist. Die erste Saison nach der Trennung von der AMG wurde mit Spannung erwartet, auch mit Anspannung, wie Barbara Schneider, Stiftungspräsidentin des SOB, an einer Medienorientierung vom 19. März sagte. Doch schaut sie bereits sehr zufrieden auf die aktuelle Saison, in der das Orchester alle künstlerischen und strategischen Entscheidungen selber trifft.
Die Auslastung der Konzerte liegt bei 70 Prozent, das ist sogar etwas mehr als noch zu AMG-Zeiten. Die Abonnements, fügt der Pressesprecher Simon Niederhauser hinzu, sind zwar etwas zurückgegangen, von schätzungsweise 1100 auf nunmehr 900, dafür habe man mehr Karten an der Abendkasse verkauft. Ausserdem freut man sich über eine Verjüngung des Publikums: Das Orchester hat diese Saison 65 der neu lancierten Studentenabos verkauft.
Entdeckerkonzerte
Für die kommende Saison will sich das Sinfonieorchester zunächst mehr Aufmerksamkeit verschaffen. Es arbeitet nun mit «TeleBasel» zusammen und wird eine Beilage in der «bz Basel» veröffentlichen. Bereits gut besuchte Konzertreihen wie «Late Night» und die Papiermühlenkonzerte, welche die klassische Aufführungspraxis um frischen Wind ergänzen sollen, werden weitergeführt. Hinzu kommen für die neue Saison sogenannte Entdeckerkonzerte: Hier können die Gäste in verborgenere Regionen des Stadtcasinos vorpirschen und über Einführungen und moderierte Konzerte den Stücken näher kommen. Das Sinfonieorchester arbeitet dafür mit Musikwissenschaftlern und der Paul-Sacher-Stiftung zusammen.
Keine Skandale, dafür Geburtstage
Ein neues und zugleich wohlbekanntes Gesicht an der Medienorientierung: Hans-Georg Hofmann, der noch vor kurzem beim Kammerorchester Basel war, ist nun für künstlerische Planung und Vermittlung beim Sinfonieorchester angestellt. Nach zwölf Jahren beim Kammerorchester sei mal etwas Neues angebracht, sagt er, ausserdem reize ihn die grosse Besetzung und das breite Repertoire des Sinfonieorchesters.
Auf dem Programm der nächsten Saison wird ein Fokus auf Musik aus dem 20. Jahrhundert liegen. «Ein Programm der Skandalstücke,» nennt es Hofmann, so zum Beispiel «Le Sacre du Printemps» von Igor Strawinsky, das bei seiner Uraufführung im Jahr 1913 Furore machte. Heute ist es ein Klassiker der Moderne. Neben dem 100-jährigen Jubiläum des «Sacre» gibt es noch einige weitere Geburtstage zu feiern: Heinz Holliger wird 75 (und wird selbst musizieren), auch Richard Strauss und Alban Berg haben runde Daten. An vielen Stellen zieht das Repertoire der Saison weite Bögen: von einer Uraufführung eines Stücks von Jost Meier bis hin zu Evergreens wie dem Violinkonzert in D-Dur von Brahms. Mit David Garrett, Matthias Goerne und Véronique Gens sind dabei einige grosse Namen vertreten.
Sehr amüsant klingt übrigens: Für eine Hommage an Frank Zappa wird sich das Sinfonieorchester keine Hippiebärte wachsen lassen, es sei denn, man hat schon einen, sondern den Rocker mit Schubert konfrontieren.
Das ausführliche Programm des Sinfonieorchesters finden Sie hier.