Auf mittlerweile sieben Alben besingt die Ausnahmestimme Maximilian Hecker die Suche der gequälten Seele nach Erlösung. Das Thema ist nicht blosse Fassade, wie sein Konzert im Parterre Basel deutlich macht.
Mit gekrümmtem Rücken sitzt dieser hagere, nicht mehr ganz so junge Mann am Klavier, aus seinen Fingern tröpfeln die Mollakkorde derart behutsam, als glitten sie in der Schwerelosigkeit zu Boden. «Shining brilliant darkness», singt er, und «Tonight is the first night of my life / cause you are there to hold me». Eine selbstvergessen glühende Liebe muss das sein, denkt man, bis mit dem Refrain der doppelte Boden des Liedes aufklappt. «Anaesthesia» heisst die Ballade, und sie handelt von einem, der in der Verkapselung der Narkose Geborgenheit erfährt. So einer ist Maximilian Hecker.
Die erhabene Romantik ist seit sieben Alben das wärmendste Nest für diesen in Berlin wohnhaften Barden, aber es ist nicht die Romantik der kleinen, kitschfarbenen Träume, der er nachjagt, sondern die nebulöse Sehnsucht nach der unerfüllbaren Erlösung der gequälten Seele. Die korreliert mit den vollendet harmonischen Melodiebögen, die Hecker unter seine Lieder legt, mit seinen Albentiteln wie «Infinite Love Songs» oder, aktuell, «Mirage Of Bliss», und mit seinem Bühnenhabitus, der auf der intimen Parterre-Bühne vor einem eher spärlich erschienen Publikum zwischen den Liedern deutlich zur Geltung kommt.
Hecker ist keine unterhaltende One-Man-Show, obwohl ihm zwischendurch ein paar träfe Sätze herauskullern. In der Regel neigt er sich nach den Schlussakkorden stotternd und zaudernd dem Publikum zu, in der Hoffnung auf ein gnädiges Urteil.
Ein Grübler sucht Glamour und Glück
Diese Aura der Unsicherheit erstaunt, denn der Erfolg ist für Hecker keine unbekannte Erscheinung. Mit «Infinite Love Songs», seinem Debut, schaffte er es vor zwölf Jahren in die Top Ten der Jahrescharts der New York Times, der Zweitling «Rose» erhielt zusätzlich in der britischen Fachpresse hervorragende Kritiken. Ein Star ist er ausserdem in Asien: an die zehn Touren absolvierte er bereits durch China, Japan, Taiwan und Südkorea.
Dass sein fragiles Charisma nicht bloss eine Image pflegende Fassade ist, die sich so passend um die Figur des zweifelnden Liebesbarden schmiegt, wird deutlich, wenn Hecker zwischen zwei Liedblöcken zum Buch greift. «The Rise And Fall Of Maximilian Hecker» heissen seine 2012 erschienen Aufzeichnungen über das Leben auf Tour, die nicht nur reine Anekdoten aneinanderreihen, sondern tief blicken lassen in die verklemmte Not und die inneren Krämpfe dieses grübelnden Sängers.
In den zerfasernd vorgelesenen Auszügen aus dem Buch wird deutlich, wie Hecker angezogen wird vom glamourösen Star-Dasein und sich dennoch nicht den lustvollen Verlockungen ergeben kann. Etwas hält ihn ab von dem kurzen Glück aus Sex, Drogen und Anhimmelei, und im Klang seiner Lieder kann man diese Entsagung nachhören. Vor allem in seiner Stimme.
Erhabener Gesang
Eine solche wie die gibt es keine zweite, zumindest nicht in Deutschland. Ob Hecker nun sich hinter dem Klavier verbirgt oder, seltener, zur Zupfgitarre greift: Die musikalische Begleitung dient immer nur als spärliches Beiwerk zu seinem erhabenen Gesang. Hecker bleibt fast ausnahmslos im Falsett, das rein und erhaben in die Himmel schwebt und, durchdrungen von Seufzern und Schnaufern, dem Irdisch-Menschlichen doch stets verhaftet bleibt.
Vom Drang nach dem Vollkommenen ist seine Musik durchdrungen, was auf seinen Alben regelmässig instrumental von einer opulenten Grandezza orchestriert wird. Alleine auf der Bühne indes kontrastiert die thematische Erhabenheit scharf mit der dürren Liedgestalt, und Hecker tut gut daran, das Konzert straff zu halten, bevor sein sehnig gespanntes Falsett allzu locker wird. «I hope that you’re alright / Sleep my Snow White», flüstert er im letzten Lied vor den Zugaben. Erst im weltabgewandten Schlaf ist man ganz bei sich.