Zu ihrem 70. Geburtstag schenkt sich die Basler Künstlerin Beatrice Steudler eine Ausstellung.
Es war immer der Mensch, der Beatrice Steudler interessierte. Von Anfang an, vom Moment weg, an dem die ausgebildete Grafikerin sich für die Kunst entschied. Ein paar Jahre lang hatte sie auf dem Beruf gearbeitet, tags und teilweise auch nachts, bis zu einer gewissen finanziellen Unabhängigkeit. Dies ermöglichte ihr das freie Schaffen weg von der Hektik der Branche. «Die Familie im Hintergrund erfordert einen geregelten Tagesablauf», erzählt die Künstlerin. «Ich komme morgens ins Atelier, mittags gehts nach Hause, kochen und essen, dann wieder ins Atelier.» Immer begleitet sie dabei Musik – für die Tochter einer Musikerin, die fünf Stunden täglich Klavier spielte, das Kind neben sich spielend, keine Überraschung.
Bis zur ersten Ausstellung vergingen ein paar Jahre. «Ich war sehr selbstkritisch», sagt sie heute dazu. Erst in den 1980er-Jahren wagte sie sich mit ihren Werken an die Öffentlichkeit. Bereits hatte sie ihre eigene Sprache entwickelt, aus der sie ihre Werke formulieren konnte. «Es braucht eine Zeit, seine Linie zu finden und dabei zu bleiben», sagt sie. «Ich habe meine gefunden, aber manchmal brauche ich einen Ausbruch. Das hält meine Arbeit lebendig.» Steudlers Menschen krümmen sich, sie lehnen sich auf, sie tanzen, sie umarmen sich, sind mal ausformuliert, mal nur noch Chiffren. Inspirierend können Filmszenen wirken oder Literatur, aber auch Episoden aus dem eigenen Leben. «Wahrscheinlich ist es vor allem das Schwächliche und das Unausgesprochene am Menschen, das mich reizt», meint sie.
Doch auch starke Ikonen können Vorbilder sein – ein Zyklus neuer Skulpturen setzt sich mit den verschiedenen Erscheinungsformen der Madonna auseinander. Nicht aus religiösen Gründen, sondern aus kunsthistorischen. Kaum ein Thema wurde öfter umgesetzt, kaum eines besass striktere Vorgaben, und doch mogelten die Künstler jahrhundertelang ihren eigenen Stil in die Gestaltung. Gerade das Richtige für Steudlers Interesse an der menschlichen Darstellung.
Während das Grundthema, der Mensch, bis auf wenige Ausnahmen gesetzt schien, variierten die Ausdrucksformen. Steudler setzte ihre Ideen nicht nur in der Malerei um, sondern auch in Skulptur und selbst in der Performance – wenn auch das malerische Werk klar überwiegt. Die Skulpturen entstanden aus der Reflexion über die gemalten Arbeiten heraus, die Menschen wuchsen in den dreidimensionalen Raum. Nun stellt sie sie erstmals aus. Aus Anlass ihres 70. Geburtstages gestaltet sie nach eigener Vorstellung eine Ausstellung im Maison 44. «Ein lang gehegter Wunsch», sagt sie.
Begleitet wird die Ausstellung von einer Publikation, in der Freunde und Bekannte über Steudlers plastische Arbeiten schreiben. «Erst war da die reine Neugier, wie die Werke gesehen werden», sagt Steudler. Dann war nur noch Freude. Und jetzt ist die Ausstellung da, und ihre «Madonna»-Statuen setzen sich dem Dialog mit den gemalten Vorgängern aus. Und was kommt danach? «Wenn ich das nur wüsste!», sagt Beatrice Steudler und lacht. Etwas wird ihr schon einfallen.
- Ausstellung & Konzert: Bis 26.2. im Maison 44, Basel. Täglich 14–18 Uhr. www.maison44.ch. Am Freitag, 17.2., 20 Uhr, Konzert mit Urs Ramseyer und Bruno Spoerri.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 17.02.12