Gerhard Richter: «Da fehlt ein Bild!»

Gerhard Richter freut sich zwar, dass das Kunstmuseum Basel vier seiner Werke erworben hat. Das entscheidende Bild, um den Zyklus «Verkündigung nach Tizian» verstehen zu können, fehle jedoch. Er schlägt daher vor, die Serie mit einer Replik zu ergänzen.

Kunstmuseumsdirektor Bernhard Mendes Bürgi vor dem Bild, das er nicht hat … (Bild: Dominique Spirgi)

Gerhard Richter freut sich zwar, dass das Kunstmuseum Basel vier seiner Werke erworben hat. Das entscheidende Bild, um den Zyklus «Verkündigung nach Tizian» verstehen zu können, fehle jedoch. Er schlägt daher vor, die Serie mit einer Replik zu ergänzen.

Gerhard Richter ist kein Mann, der durch einen überbordenden Redeschwall auffällt. Aber der grosse Künstler, der aktuell in der Fondation Beyeler einen wunderbaren Auftritt hinlegt, hat etwas zu sagen. Und es lohnte sich, genau hinzuhören, was er an der Medienkonferenz den vielen anwesenden Journalistinnen und Journalisten antwortete.

Ja, der Ankauf der vier Gemälde aus dem Zyklus «Verkündigung nach Tizian» für die Sammlung des Kunstmuseums Basel habe ihn sehr gefreut, meinte er auf eine entsprechende Frage. Es sei aber schade, dass es nur die vier abstrakten Teile des Zyklus seien. «Das erste Bild fehlt», sagt Richter und ergänzte: «Ich habe angeregt, von diesem ersten Bild, das zur Sammlung des Hirshhorn Museums in Washington gehört, eine Replik herzustellen und es mit den vier anderen zusammen zu zeigen.»

«Damit man den Zyklus versteht»

Dieses von Richter benannte erste Bild ist eine zwar durch eine gewisse Unschärfe bereits verfremdete, aber noch klar figürliche «Variante» von Tizians berühmter Verkündigung aus den Jahren 1542/43, die Richter in der Scuola di San Rocco in Venedig gesehen hatte. Und diese abstrahierte er dann in den restlichen vier Werken aus dem Zyklus zunehmend, indem er die Figuren und den Hintergrund mehr und mehr verwischte.

«Man müsste dieses erste Bild dazuhängen, damit man den Zyklus versteht», ergänzte Richter auf Nachfrage, «sonst hat man das Gefühl, dass hier einer einfach etwas dahingewischt hat.» Dazu wedelte er unterstreichend mit seine Hand hin und her.

Knifflige Frage der Umsetzung

In der aktuellen Ausstellung der Fondation Beyeler, die alle Gemälde der Serie zeigt, lässt sich Richters Anregung gut nachvollziehen. Darauf angesprochen, reagierte der Basler Kunstmuseumsdirektor Bernhard Mendes Bürgi allerdings zurückhaltend. Er habe die Anregung natürlich entgegen genommen, sich aber noch keine konkreten Gedanken über eine mögliche Umsetzung machen können, sagte er auf Anfrage der TagesWoche. «Ich freue mich erst einmal darüber, dass das Kunstmuseum die vier wunderbaren Werke in Empfang nehmen kann.»



... und vor zwei der vier Bilder, die «sein» Museum mit privater Hilfe erwerben konnte.

… und vor zwei der vier Bilder, die «sein» Museum mit privater Hilfe erwerben konnte. (Bild: Dominique Spirgi)

Aber es scheint klar zu sein, dass man die Anregung dieses bedeutenden Künstlers nicht einfach beiseite legen kann. Eines aber ist für Bürgi klar: Eine Kopie des Werks aus dem Hirshhorn Museum, das so tut, als wäre es ein Original, komme kaum in Frage. «Aber vielleicht wäre eine fotografische Illustration denkbar.»

Oder Gerhard Richter würde eigenhändig eine neue Eingangsvariante des Verkündigungs-Zyklus‘ schaffen – schliesslich hat er selber ja das Wort Replik benutzt. Aber das ist erst einmal ein vom Kunstmuseumsdirektor mit einem nachsichtigen Lächeln quittiertes reines Hirngespinst des Verfassers dieses Textes.

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