Die Ausstellung «Sensing Place» macht im Haus für elektronische Künste Raum erfahrbar. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf digitalen Raumkonzepten, auf der Überlagerung geografischer Merkmale durch eine Informationssphäre.
Die neue Ausstellung im Haus für elektronische Künste (HeK) ist nichts für Leute mit Angst vor Elektrosmog. Nicht, weil hier diverse elektronische Geräte ungehindert vor sich hinstrahlen, sondern weil sich gleich einige Arbeiten mit Elektrofeldern beschäftigen und sie für uns aus der Unsichtbarkeit holen und plastisch darstellen: Timo Arnall macht WLAN-Netzwerke mittels Leuchtdioden sichtbar, Christina Kubisch elektromagnetische Strahlung hörbar. Was schön aussieht oder sich nett anhört, wirkt – sobald man sich die Quelle in Erinnerung ruft – nicht nur befremdend, sondern auch ein wenig beängstigend.
Netzwerke sind für uns heute wichtiger denn je, gerade und vor allem die digitalen. Ohne WLAN droht die häusliche Krise, ohne Mobiltelefon sowieso, ohne GPS irren wir hilflos herum. Doch je mehr wir solche technischen Errungenschaften nutzen, desto stärker verändert sich auch unsere Wahrnehmung. Soziale Netzwerke lassen uns schlimmstenfalls die realen Freunde vergessen, das Mobiltelefon ersetzt das direkte Gespräch und macht uns immer und überall verfügbar, und vor lauter Starren auf das GPS vergessen wir uns umzusehen.
Neuorientierung
Vor einem halben Jahr hat Sabine Himmelsbach ihren Job als künstlerische Leiterin des Hauses für elektronische Künste angefangen. Frisch aus Oldenburg in Basel angekommen, musste sie sich hier neu orientieren, nicht nur auf dem Stadtplan, sondern auch im sozialen Bereich. Dass ihre erste fürs HeK kuratierte Ausstellung nun «Sensing Place» heisst, kommt nicht von ungefähr, sondern ist exakt dieser Neuorientierung entsprungen. Auch die Baustelle vor der Arbeitsplatz-Haustür auf dem Dreispitz-Areal liess sie stetig über Raumerfahrung nachdenken.
Elf künstlerische Positionen befassen sich nun mit den Auswirkungen der medialen Durchdringung unseres Raumes auf unsere Wahrnehmung und enthüllen «unsichtbare Topografien» des Digitalen. Dies geschieht auf ganz unterschiedliche Weise. In der Arbeit des Senseable City Lab erhält die Absicht eine ernsthafte Note, wenn der Think Tank des Forschungsinstitutes MIT aufzeigt, wie wenig nachhaltig die Wege sind, die unser Abfall zurücklegt. Unzählige Objekte wurden dafür mit Sensoren ausgestattet, mittels denen ihr Weg, der etwa im Falle eines Mobiltelefons quer durch die USA führte, nachgezeichnet werden kann. Spassiger geht es bei Gordon Savicic zu. Der Performancekünstler untersucht unsere immer dichter werdenden Netzwerke auf Spaziergängen. Ein Korsett, das er sich dabei um den Oberkörper schnallt, wird enger, je dichter die WLAN-Netze werden. Der digitale Informationsraum wird hier physisch spürbar.
Savicics Korsett kann an einem Spaziergang durch Basel selbst getestet werden (am 22. September). Sowieso weist die Ausstellung im HeK mit mehreren Arbeiten über die eigenen Räumlichkeiten hinaus, zum Beispiel mit der App von Ulrich Fischer, mit der via iPhone auf einer Runde durch das Dreispitzareal ein ganz persönlicher Film generiert werden kann. Weil Raum ja nicht nur drinnen, sondern vor allem auch draussen erfahrbar ist. Nicht immer physisch, aber im besten Falle mit allen Sinnen.
- Haus für elektronische Künste, bis 11. November 2012.