Immer noch voller Pläne

Seit 20 Jahren führt Tony Wuethrich seine Galerie an der Vogesenstrasse. Ein Grund zum Feiern.

bla (Bild: Nils Fisch)

Seit 20 Jahren führt Tony Wuethrich seine Galerie an der Vogesenstrasse. Ein Grund zum Feiern.

An Ruhestand will er nicht denken. Unmöglich, sagt Tony Wuethrich. Nicht, weil man sich als Galerist gar keinen Ruhestand leisten könne, ergänzt er – mit einem Lachen, das uns sagt, dass das durchaus auch eine Rolle spielen kann. Allerdings will sich der Basler Galerist vor allem um der Künstler willen, die er teilweise seit nunmehr 20 Jahren auf ihrem Weg begleitet, nicht zur Ruhe setzen.

«Ich müsste sie gut versorgt wissen», sagt Wuethrich. Doch ist es gar nicht mehr so einfach, für einen Künstler eine neue Galerie zu finden. Zu sehr hat sich der Kunstmarkt verändert, seit Wuethrich im Mai 1993 seine Galerie an der Vogesenstras­se mit Werken des Österreichers Siegfried Anzinger eröffnet hat. Internationaler ist der Markt geworden, es ist mehr Geld im Spiel. Die Konkurrenz ist gewachsen – auf Künstler- wie auf Galerienseite. Junge Künstler lernen, sich selbst zu vermarkten. Trotzdem: Gerade wenn sie anfangen, etwas zu verkaufen, merken sie, dass eine Galerie mit ihren Kontakten doch ganz nützlich sein kann.

Sie binden sich aber auch nicht mehr gerne an nur einen Galeristen, wie Wuethrich weiss. Denn um vorwärtszukommen, braucht es den internationalen Markt – und nicht jede Galerie schafft es, diesen anzusprechen. Denn dies geschieht hauptsächlich über die grossen Messen – und diese wiederum bedienen heute fast ausschliesslich ein exklusives Hochpreis-Publikum.

Schwierige Zeiten

Tony Wuethrich kann davon ein Lied singen. Bereits 1999, in seinem sechsten Galeriejahr, durfte er das erste Mal an der Art Basel teilnehmen. Elf Jahre lang hatte er seinen Stand. Dann war Schluss. «Das war einschneidend für meinen Betrieb», sagt er heute. «Ich büsste einen erheblichen Teil meines Umsatzes ein.» Gerade internationale Kunden bediente er dort – «Leute, die nur einmal im Jahr bei mir kauften, eben an der Messe, wenn sie in Basel waren».

Wie viele andere zog auch er einen Ortswechsel in Betracht.

Kurz habe er damals schon überlegt, wie es weitergehen solle, gibt er zu. Und wie viele andere hat auch er einen Ortswechsel in Betracht gezogen – und wäre wohl in Zürich gelandet. Doch statt an der Limmat seine Zelte dauerhaft aufzustellen, blieb er in Basel und intensivierte die Teilnahmen an der Kunst Zürich und an der Art Cologne. So gelang es ihm, den Betrieb der Galerie weiter aufrecht und sich einen Teil der Art-Kundschaft zu erhalten.

Zu Beginn seiner Zeit als Galerist hatte Wuethrich drohende finanzielle Engpässe mit Kunsthandel ausgeglichen. 1976 war er derart ins Kunstgeschäft eingestiegen: Vor allem klassische Schweizer Kunst verkaufte er damals, Vallotton etwa oder Amiet. Doch sein Interesse für zeitgenössische Kunst fing bald an zu wachsen. Mitte der 80er-Jahre mietete er eine Etage eines Schlosses in Fürstenau im Bündnerland und stellte diese jeweils für mehrere Monate Künstlern, die ihn faszinierten, zur Verfügung. Mit manchen von ihnen arbeitet er heute noch, etwa mit Leiko Ikemura.

Abstecher in andere Räume

Er habe immer darauf geachtet, dass in seinem Programm etablierte Künstler sich mit ganz jungen Positionen abwechselten oder vermischten. «Es braucht beides, um zu funktionieren», sagt er. Arbeiten von 55 Künstlern hat er bislang gezeigt in Gruppen- oder Einzelausstellungen, 95 Ausstellungen ausgerichtet und 25 Publikationen selbst herausgegeben oder massgeblich daran mitgewirkt. In den letzten paar Jahren setzte er vermehrt auf Gruppen- oder thematische Schauen. Weil es mehr Spass mache, diese zusammenzustellen als eine reine Solo-Show zu kuratieren.

Und weil er auch in seinem 62. Lebensjahr nicht ruhen will, schmiedet er nochmals ganz neue Pläne. Jenen beispielsweise, sich hier in Basel räumlich neu zu orientieren und Ausstellungen zu konzipieren, die zusätzlich an anderen, unterschiedlichen Orten stattfinden können. Eine erste solche Ausstellung ist für den Herbst geplant: Einen Teil der Werke von Conrad Jon Godly wird er in seiner Galerie zeigen, den anderen in einer Zwischennutzung in Zürich. Ein Konzept für die Zukunft? Warum nicht. Kommen wird diese so oder so. Und wer weiss schon, was sie mit sich bringt? Gerade der Kunstmarkt ist schliesslich immer wieder für Überraschungen gut.

  • Vernissage der Jubiläumsausstellung am Samstag, 1. Juni, 14–20 Uhr. Tony Wuethrich Galerie, Vogesenstr. 29, Basel.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.05.13

Nächster Artikel