Junge Kunst zu erschwinglichen Preisen verkaufen, das will Peter Whinyates mit seiner Online-Plattform The Literoom. Hilfe erhält er dabei nun aus Iran.
Wer Kunst verkaufen will, der braucht heute vor allem Leidenschaft und innovative Ideen. Beides hat Peter Whinyates. Während klassische Galerien mit Fixkosten kämpfen und krampfhaft versuchen, mit der veränderten Situation auf dem Kunstmarkt, mit den immer mobileren Künstlern und den ausbleibenden Sammlern klarzukommen, hat er ein Modell entwickelt, bei welchem er mit geringen Mitteln die möglichst grösste Reichweite erzielt: Er verkauft Kunst übers Internet.
The Literoom heisst das Projekt, das der 36-Jährige seit mittlerweile über drei Jahren betreibt. Nebenbei betreibt, muss man hier anfügen – denn Peter Whinyates ist hauptberuflich für einen Kunstsammler tätig und auch noch als einer der Mitgründer der Concierge Bar an der Utengasse aktiv.
Er habe schon während seines Studiums am Hyperwerk die Idee für den Literoom mit sich rumgetragen, sagt der Basler Designer mit englischer Herkunft. Doch statt sie gleich nach dem Abschluss umzusetzen, arbeitete er bei der Vermarktungsfirma Team AG und trug dort die Verantwortung für das Design der Uefa Champions League.
Die Idee für The Literoom aber blieb, und so nahm er nach vier Jahren eine einjährige Auszeit und machte sich selbstständig, um sich ganz dem Projekt zu widmen. Er reiste viel und lernte Künstler und Künstlerinnen kennen, die er für sein Projekt zu begeistern versuchte, das damals immer konkretere Form annahm. Gleichzeitig konnte er so die potenzielle Tragweite für eine solche globale Plattform testen.
Kunst für alle
Das Konzept von The Literoom ist heute immer noch dasselbe und recht einfach: Es ist eine Plattform für junge, aufstrebende Kunstschaffende, die Kunst zu erschwinglichen Preisen anbietet. Whinyates setzt dafür auf gedruckte Editionen. Und weil das Internet keine Lagerkapazität für reale Objekte hat, lässt er diese erst drucken, wenn ein Auftrag dafür eingegangen ist. Die vom Künstler signierte Edition wird aufgezogen, verpackt und dem Kunden dann geliefert, inklusive der Haken, die es zum Aufhängen braucht.
Damit die Kunst erschwinglich bleibt, verzichtet Whinyates zunächst gar auf Profit. Drei Auflagen plant er bei jeder Edition. Bei der ersten Auflage entspricht der Kaufpreis dem Produktionspreis plus dem Künstlerbeitrag, jeglicher Erlös geht an den Künstler. Bei der zweiten und dritten Auflage steigt der Preis um je 50 Prozent, und der Profit wird geteilt. So wird nur produziert, was einen Abnehmer findet, Whinyates‘ Kostenaufwand bleibt tief, und die Preise für ein Werk klettern nie über 650 Franken. Ein transparentes System, das den Aufwand tief hält.
Kunst aus Iran
Whinyates‘ Aufgabe besteht noch hauptsächlich in der Weiterentwicklung der Plattform und in der Suche nach neuen Künstlern. Hilfe erhält er nun vom iranischen Künstler Amir Farhad. Dieser wurde vor rund anderthalb Jahren über Facebook auf The Literoom aufmerksam und zeigte Interesse an einer Kollaboration. Sechs iranische Nachwuchstalente suchte er in den vergangenen Monaten aus, deren Werke er nun zusammen mit eigenen über The Literoom vertreibt.
Ein Werk des iranischen Künstlers Mimoo Emadi.
Für Whinyates ist das eine neue Situation: Zum ersten Mal wird die bislang sehr subjektiv geprägte Auswahl von The Literoom aufgebrochen – ein Experiment, auf das Whinyates sehr gespannt ist. «Da wir noch nicht gezwungen sind, Bilder zu verkaufen, können wir so wachsen und uns weiterentwickeln, wie es für The Literoom am idealsten ist», sagt er dazu.
Kunst in der Bar
Eine andere Weiterentwicklung ist das Hinausgehen in die reale Welt. So sind im «Concierge» seit Kurzem Werke aus The Literoom physisch an den Wänden präsent. Ein Werk anfassen oder es im Original sehen zu können, ist halt doch für einige noch unabdingbar zum Kauf eines Kunstwerks. Es sei durchaus schwierig, ohne direkten Kontakt das Vertrauen der Leute zu gewinnen, bestätigt Whinyates.
Im «Concierge» kann man nun in Kontakt treten, wenn man will. Allerdings muss man auch das aktiv tun – denn die Werke dort sind nicht beschriftet. Nur wer den Barkeeper darauf anspricht, erfährt, worum es sich dabei handelt. Eine neue Öffentlichkeit kann Whinyates dadurch trotzdem ansprechen, was ihm möglicherweise bei seinem Ziel hilft: The Literoom soll eines Tages auf weitere Länder expandieren. «Ich möchte ein wirklich und wahrhaftig globales Netz aufbauen», sagt Whinyates.
Die Plattform als Ganzes sei ihm wichtiger als die Summe der einzelnen Künstler, ergänzt er. «Je besser das Ganze, desto mehr profitieren die einzelnen. Deshalb ist er Aufbau wichtig: Ich will die Möglichkeiten des Internet optimal ausnutzen und den Zugang zur Kunst vereinfachen.» Die Ideen dazu sind da, doch fehlen ihm noch die Ressourcen, um die Umsetzung dieser Ziele voranzutreiben. Doch er arbeite daran – nebenbei zwar, doch immer mit der Zukunft im Kopf, in welcher The Literoom selbstständig werden soll. Und das «nebenbei» schliesslich wegfallen kann.