«Im Sinne der Chancengleichheit» saniert der Kanton nicht nur die Bausubstanz der Kaserne, sondern auch die Vergabepraxis der dort angesiedelten Künstlerateliers: Die Genossenschaft wird abgeschafft, die Ateliers saniert und zum vierfachen Preis neu vermietet.
Ab Januar 2018 setzt der Kanton Basel-Stadt als Besitzer der Künstlerateliers auf dem Kasernenareal auf ein neues Vergabesystem: Weg von der bestehenden Genossenschaft, hin zu einer Gemeinschaft, könnte dieses umrissen werden. Bis Ende 2017 allerdings herrscht noch Schonfrist. Solange haben die 35 Mieter und Mieterinnen der Ateliers in der Klingentalkirche Zeit, sich neue Räume zu suchen.
An einer Medienkonferenz am Dienstagnachmittag verkauften Philippe Bischof, Leiter Abteilung Kultur, und Thomas Kessler, Leiter Kantons- und Stadtentwicklung, diesen Systemwechsel schlicht als Teil des neuen Gesamtkonzeptes für das Kasernenareal. Nicht nur würden im Rahmen des Umbaus des Kasernenhauptbaus und dem damit verbundenen seitlichen Teilumbruch zum Klingentalweglein und dessen Sanierung bauliche Massnahmen nötig, die nach einer Anpassung des Mietzinses verlangten, sagte Bischof. Sondern: «Wir wollen eine Öffnung des Areals, und dieses soll sich auch auf die Mieterschaft beziehen.» In den gegebenen Strukturen der Ateliergenossenschaft sehe man diese nicht gewährleistet.
Alteingesessene Mieterschaft
Die Ateliergenossenschaft hat tatsächlich den Ruf einer geschlossenen Gesellschaft. Seit Jahren moniert man in Teilen der Basler Künstlerschaft die Vergabepraxis der Ateliers in der Klingentalkirche – dem einzigen Atelierhaus, das sich im Besitz des Kantons Basel-Stadt befindet. Wer dort ein Atelier ergattert, kann dieses auf Lebenszeit behalten. Es gibt Künstler, die ihren Werkraum seit 20 oder 30 Jahren haben. Gerüchten zufolge sollen manche Ateliers gar nicht mehr genutzt werden, sondern als Lagerräume gebraucht.
Auf Nachfrage gibt Bischof zu, dass die Kritik ihn durchaus erreicht und sie in den Überlegungen des Kantons auch eine Rolle gespielt habe: «Wir wollen eine Durchmischung der Generationen. Diese muss gewährleistet sein, und das ist sie heute nicht.»
Tiefer Mietzins
Dass die Ateliers auf dem Kasernenareal begehrt sind, ergibt sich nicht nur aus ihrer zentralen Lage. 33 Atelierräume sind in der ehemaligen Kirche angesiedelt – insgesamt 1994 Quadratmeter. Dazu kommen 562 Quadratmeter Lagerfläche. Pro Jahr bezahlt ein Kunstschaffender heute einen Quadratmeterpreis von 19.50 Franken (exklusive Nebenkosten).
Damit wird ab 2018 Schluss sein: Nach einer minimalen Sanierung des Gebäudes wird der Quadratmeterpreis auf 80 Franken pro Jahr steigen – eine Vervierfachung des aktuellen Zinses. Dieser liege allerdings immer noch unter dem Marktwert des Areals und zudem unter dem durchschnittlichen Preis eines geförderten Ateliers, sagte Bischof. Bei einer privaten Institution (wie etwa der Christoph Merian Stiftung) betrage er rund 90 Franken im Jahr. «Der Preis soll tief bleiben, das ist uns wichtig. Ateliers sind ein wichtiges Förderinstrument.»
Ein «unabhängiges, von der Abteilung Kultur eingesetztes Gremium» soll künftig über die Vergabe der Ateliers entscheiden. Die Zusammensetzung eines solchen Gremiums ist noch offen – es soll aber darin für Experten wie auch für Kunstschaffende Platz haben, und es soll überschaubar bleiben.
Hohe Durchmischung angestrebt
Bischof betonte, dass der Kanton keine reine Nachwuchsförderung betreiben wolle: «Wir streben eine hohe Generationendurchmischung an.» Die Kritierien für die Ateliervergabe sollen bis 2015 ausgearbeitet werden, unter Mitsprache von Künstlern und verwaltungsexternen Experten. Was man sich jedoch wünsche, fügte Bischof an, sei eine Grundangabe, warum man ausgerechnet auf dem Kasernenareal seine Zelte aufschlagen wolle. Dieser Punkt steht in Einklang mit dem Ziel, dass künftig auf dem gesamten Areal mehr Wert auf Synergien und Ergänzungen gelegt werden soll.
Für die Ateliergenossenschaft, die vor 50 Jahren das Abenteuer Kaserne in Angriff nahm, bedeutet der Entscheid des Kantons das Ende. «Der Systemwechsel ist begründet», sagt Philippe Bischof, «aber nicht bewertend.» Und er fügt an: «Die Genossenschaft hat hochgradig von Privilegien profitiert, die heute nicht mehr verantwortbar sind.» Dass die betroffenen Künstler und Künstlerinnen gross gegen die Pläne des Kantons protestieren werden, bezweifelt er: «Es werden sicher nicht alle zufrieden sein. Doch unsere künftige Arealpolitik wird Erfolg haben, da bin ich mir sicher.»
Zu dieser Politik gehört auch, dass man die Ateliers nur noch befristet vermieten wird: Der Vetrag wird auf fünf Jahre laufen mit Option auf eine Verlängerung. «Wir wollen eine garantierte Rotation. Und wir wollen die Sicherheit haben, dass die Ateliers genutzt werden», sagt Bischof – damit indirekt Bezug nehmend auf die Gerüchte, manche Ateliers seien heute ungenutzt. Die heutigen Mieter dürften sich natürlich gerne wieder bewerben, fügt er an. Es gehe nicht darum, diese auf die Strasse zu stellen. Die Übergangsfrist bis zum neuen System sei mit über drei Jahren sehr kulant bemessen, ist sich auch Thomas Kessler sicher.