Die Basler Kulturveranstalter beklagten sich jahrelang über zu wenig Flächen für ihre Plakate. Die Regierung hat nun gehandelt, doch die neuen Regeln stossen auf wenig Verständnis.
Seit Monatsbeginn gilt in Basel ein neues System für die Klein- respektive Kulturplakatierung. In diesem Modell wird zwischen zwei verschiedenen sogenannten Nutzerkreisen unterschieden. Zum «Nutzerkreis 1» gehören laut Mitteilung der Regierung nichtrenditeorientierte Kulturveranstalter – also subventionierte Betriebe wie beispielsweise auch Museen.
Der «Nutzerkreis 2» betrifft «potentiell renditeorientierte» Kulturveranstaltungen in Clubs und Konzertlocations sowie Veranstaltungen aus den Bereichen Bildung, Soziokultur, Prävention und Sport.
Zum Jahresbeginn wurden die Flächen für Kleinplakate um 30 Prozent auf 2600 Stellen erweitert. Ein Entscheid der Regierung, der damals noch für Erleichterung bei «Kulturstadt Jetzt» gesorgt hat. Von dieser Anzahl gehören 60 Prozent nun neu den nichtrenditeorientierten Veranstaltern. 40 Prozent dienen dazu, die gewinnorientierten Anlässe zu bewerben. Zu wenig, heisst es vom Verein Kultur & Gastronomie aber auch von den Basler Plakatierern.
Schulterschluss der Konkurrenten
«Kulturservice» und «Kulturbox» heissen die beiden Firmen, die sowohl für die Bewirtschaftung wie auch für die Kontrolle der neuen Kontingentierung verantwortlich sind. Beide Unternehmen sind Konzessionsträger und liefern sich seit knapp zwei Jahrzehnten eine harte Konkurrenz auf dem Plakatier-Markt.
Nun stehen sie beide erstmals gemeinsam für ihre Sache ein. Sie sehen im neuen Nutzermodell das gleiche Problem: die Grenzen zwischen renditeorientiert und nichtrenditeorientiert seien zum Teil fliessend. «Wie soll man entscheiden, welcher Veranstalter in welchen Nutzerkreis gehört?» fragt sich Thomas Müller, von «Kulturservice», einer Firma, die dem Konzert-Grossveranstalter Thomas Dürr gehört («Act Entertainment»).
Zürich tickt anders
Das Rad müsse in Basel nicht neu erfunden werden, sagt «Kulturbox»-Geschäftsführer Mike Beuttner. «In Zürich beispielsweise besteht seit 2004 eine ausgeglichene, funktionierende Kulturplakatierung, ohne dass dafür extra Nutzerkreise geschaffen wurden.»
Philippe Bischof, Leiter der Abteilung Kultur vom Präsidialdepartement, verteidigt das neue Modell: «Wir haben auf der Grundlage der von uns geförderten Kulturveranstalter eine Liste erstellt, welche als einfach handbares Instrument dienen sollte. Anhand dieser Liste können die Plakatierer verwalten, wer sich in welchem Nutzerkreis befindet.»
Auf Druck der Regierung
Ursprünglich waren die Kulturplakatsäulen per Reglement den subventionierten Kulturbetrieben vorbehalten, da der Kanton diese zum Schutze ihrer Angebote prioritär behandelt hat. In Erweiterung zur Berechtigtenliste dieser Kulturplakatsäulen, welche ausschliesslich für die nichtrenditeorientierten Betriebe gedacht waren und bis Anfang Jahr von der Abteilung Kultur betreut wurden, sei der Entscheid zu den Nutzerkreisen gefällt worden, sagt Bischof. Ziel sei es dabei gewesen, den Nutzerkreis im sinnvollen Rahmen auszudehnen.
Bischof erklärt die Verhältnismässigkeit bei der Verteilung der Flächen so: «Der Entscheid der Kontingentaufteilung hat nichts mit einem steigenden Bedarf der nichtkommerziellen Betriebe zu tun, sondern mit dem ursprünglichen Gedanken des Kantons, diese in ihrer Präsenz im öffentlichen Raum gegenüber kommerziellen Veranstaltern zu schützen.» Diese Aufteilung sei in der heutigen Kulturlandschaft immer schwerer zu treffen und daher auch teilweise fragwürdig.
Bleiben Plakatflächen künftig leer?
«Unsere Kunden haben einen wöchentlich schwankenden Bedarf. Mit einer sakrosankten Definition per Tag und Plakatstelle von 60 zu 40 Prozent befürchten wir, dass Plakatflächen künftig leer bleiben», sagt Beuttner von «Kulturbox». Das wiederum würde dazu führen, dass sie ihr Geschäft nicht aufrecht erhalten könnten, befürchtet er.
Beuttners Konkurrent Müller ergänzt: «Die kommerziellen Veranstaltungen machen erfahrungsgemäss den grössten Teil bei der Plakatierung aus. Die Erwartungen von der Stadt an die subventionierten Kulturbetriebe, die neu für sie bestimmten Plakatstellen zu füllen, scheint uns zu gross.»
Gemeinsam Rekurs eingelegt
Sowohl Müller wie auch Beuttner hätten in Vorgesprächen beim Präsidialdepartement um eine Vorlaufzeit gebeten. «Hätten wir früh genüg von der Einführung dieses neuen Modells erfahren, hätten wir Zeit für eine nötige Bedarfsanalyse gehabt. Diese fehlt nun komplett», sagt Beuttner. «Zusammen mit unserem Konkurrenten haben wir darum nach dem Regierungsentschluss Rekurs eingelegt und hoffen auf weitere konstruktive Gespräche.»
Es sei nachvollziehbar, dass die Plakatierungsfirmen eine fehlende Vorlaufzeit vermissen, sagt Bischof. Aber der Auftrag sei auf den Termin des 1. April gesetzt gewesen, an den sich das Präsidialdepartement hätte halten müssen. «Wir sind während der einjährigen Pilotphase bereit, jederzeit die neue Regelung zu überprüfen», sagt Bischof.
Clubs wie die Kuppel sehen sich als Leidtragende
Der Dialog mit der Verwaltung ist für Stefanie Klär, Konzertveranstalterin in der «Kuppel Basel» und Co-Präsidentin des Kultur und Gastronomie, eigentlich positiv verlaufen. Das Endergebnis «Nutzerkreis-Modell» sei für sie allerdings überraschend und inhaltlich nicht nachvollziehbar, sagt Klär. «Ich finde es schwierig, dass man zwischen zwei Arten von Kulturveranstaltern unterscheidet und so einen aus unserer Sicht unnötigen Graben aufreisst.»
Nichtsubventionierte Veranstalter sollten in ihrem Schaffen zumindest ideell unterstützt, sicher aber nicht gehindert werden, sagt Klär weiter. Neben der erfreulichen Aufstockung der Plakatstellen bedarf es für sie einer Anpassung der geplanten Kontingentierung, damit auch privat organisierte Kulturveranstalter und Projekte endlich wieder die Chance haben, zu kulturfreundlichen Preisen in der Stadt für ihre Veranstaltungen zu werben.
Alles für die Katz?
Klär ist hörbar besorgt: «Seit über vier Jahren hoffen wir auf eine Verbesserung der Plakatsituation – sollten künftig tatsächlich weniger Plakatstellen für uns zur Verfügung stehen, sind alle Bemühungen und Gespräche der letzten Jahre ad absurdum geführt.»
Auch nach jahrelangem Prozess und Entwicklungsarbeit scheinen in dem Basler Kulturplakatierungs-System also immer noch Unstimmigkeiten zu existieren. Weitere Gespräche zwischen allen beteiligten Parteien werden spätestens nach der Pilotphase des neuen Modells mit höchster Wahrscheinlichkeit nötig sein.