Für die Schweiz war sie stets nur das Vreneli, dabei tanzte sie auf den Tischen Hollywoods. Zu ihrem 85. Geburtstag widmet das Stadtkino Basel der Berner Schauspielerin Liselotte Pulver eine Werkschau. Bei der Ausstrahlung von «A time to love and a time to die» am 7. Dezember wird Liselotte Pulver persönlich zu Gast sein.
Die Nachkriegsjahre brauchten Leute wie sie: spitzbübisch das Gesicht, modern das Auftreten, und wenn sie lachte, erhellte sie jedes Filmstudio. Ihre ersten Schauspielengagements hatte sie auf den Theaterbühnen von Bern und Zürich, prägend für ihre Filmkarriere waren jedoch ihre Auftritte in den Gotthelf-Verfilmungen «Uli der Knecht» und «Uli der Pächter» an der Seite von Hannes Schmidhauser. In der Rolle des Vreneli wurde sie in der Schweiz der 1950er-Jahre zu einer nationalen Ikone, deren Leistung bald nach Deutschland strahlte. In der Titelrolle von «Ich denke oft an Piroschka» gelang ihr ein Lustspielklassiker des deutschen Kinos, das zehn Jahre nach Kriegsende nichts als solche Stoffe wollte: fröhliche, unschuldige und vor allem hochgradig unpolitische Liebesschmonzetten.
Auch Hollywood entdeckte das komödiantische Talent Pulvers, bleibend ist ihre Tischtanzszene für ein paar besoffene Sowjet-Apparatschiks in Billy Wilders Klassenkampf-Klamauk «Eins, zwei, drei».
Ihre stärkste Rolle spielte sie jedoch im Kriegsdrama «A time to love and a time to die», der Verfilmung eines Romans von Erich Maria Remarque. Darin mimt sie die Arzttochter Elisabeth, die eine Zeitlang in einem KZ inhaftiert war und mitten im Krieg, 1941, einen Soldaten auf Fronturlaub trifft, sich verliebt, heiratet. Bis er wieder an die Front muss, dort stirbt und die Ehefrau schwanger zurücklässt.
Die Niedertracht des Kriegs
Der Film ist nicht nur auf ein Melodram angelegt, wie es die kurze und tragisch verlaufende Liebesgeschichte andeuten könnte, sondern erzählt in düsteren Bildern und mit einem tristen Unterton von der Niedertracht dieses Kriegs: Ein ehemaliger Mitschüler hat jede Moral verloren, in der Partei Karriere gemacht und den gemeinsamen Geschichtslehrer ins Konzentrationslager geschickt. Die Asche des im Lager ermordeten Vaters von Elisabeth wird in einem Zigarrenkarton übergeben, Frontkameraden erschiessen ungerührt Zivilisten.
Wenig ist in diesem Film von der fröhlichen Liselotte aus den Gotthelf-Filmen zu sehen, dafür eine vom Krieg geprägte Frau, die bei jedem Granateneinschlag verstört zusammenzuckt. Der Applaus war gross: «Jene, die nicht gesehen haben, wie Liselotte Pulver am Ufer – ist es der Rhein oder die Donau? – entlang rennt, sich unter einem Tor hindurchduckt und wieder aufrichtet in einer einzigen fliessenden Bewegung (..), der hat entweder überhaupt nichts gesehen, oder er weiss nicht, was Schönheit ist», sagte Jean-Luc Godard über ihre Darbietung.
Hollywood vergass sie schnell wieder
Sie stand an der Schwelle zu einer Filmstarkarriere, die indes ohne finale Einlösung blieb: Bereits Ende der 1960er-Jahre blieben die grossen Hollywood-Rollen aus. «In den 68er-Jahren war Opas Kino tot, und ich war mit ihm gestorben», sagte sie einst im Rückblick. Vergessen ging sie indes nie: 2007 erhielt sie die Goldene Kamera, einen der wichtigsten deutschen Film- und Fernsehpreise, für ihr Lebenswerk.
Im Oktober feierte Liselotte Pulver ihren 85. Geburtstag. Das Stadtkino Basel ehrt sie zu diesem Anlass bis Ende Dezember mit einer Retrospektive ihrer bedeutendsten Rollen: Neben den Gotthelf-Verfilmungen und Klassikern des deutschen Nachkriegskinos wird auch ihr Schaffen in Hollywood und im französischen Film gezeigt. Herausragend wird die Ausstrahlung von «A time to love and a time to die» am 7. Dezember sein: Dann ist Liselotte Pulver persönlich im Stadtkino Basel zu Gast.