Kultwerk #39: Dirty Dancing

Der Erfolg von «Dirty Dancing» bleibt für einen Tanzfilm seit 25 Jahren nicht wiederholbar.

Tanzlehrer Johnny und «Baby» kommen sich näher. (Bild: Cinetext Bildarchiv)

Der Erfolg von «Dirty Dancing» bleibt für einen Tanzfilm seit 25 Jahren nicht wiederholbar.

Diese Hebefigur! Klar klappt sie zum Schluss, das gehört sich so für ein Happy End. Man stelle sich vor, Patrick Swayze ­alias Johnny Castle und Jennifer Grey alias «Baby» wären dabei so durch den Boden ­gekracht wie das Nachahmerpaar in der ­aktuellen Mobiliar-Werbung. Nein, in «Dirty Dancing» verlief alles problemlos: Johnny packt sein «Baby», hebt sie hoch, und alle strahlen. Auch die Zuschauer.

1987 wars, da tänzelten alle beschwingt aus den Kinosälen und schwangen ihre ­Hüften plötzlich engst umschlungen auf den Tanzparketten. Dirty Dancing, das «schmutzige Tanzen», löste eine wahre Paartanzwelle aus. Obs am «schmutzigen» Wörtchen lag? Dachte man Ende der Achtziger wirklich noch «Uiuiui», wenn man die sich anzüglich bewegenden Paare auf der Leinwand sah? Wohl kaum. Und doch: Offenbar musste die Filmcrew am Drehort Lake Lure in North Carolina das «Dirty» im Titel verleugnen – weil man befürchtete, dass der Film dort sonst gar nicht entstehen würde: Mit der Moral der Anwohner liess sich keinerlei Schlüpfrigkeit vereinen.

Folglich drehte man in Lake Lure nur ­einige Teile des Films «Dancing», und was haben die Einheimischen nun davon? Keine Werbung. Wären sie doch damals nur nicht so prüde gewesen, dann hätte der Film nicht grösstenteils im Mountain Lake Hotel in Pembroke, Virginia, gedreht werden müssen. Und würde jener Ort nicht den Grossteil an Touristen absahnen.

Dabei ist «Dirty Dancing» eine durch und durch harmlose Romanze, die genau gegen solcherlei Prüderie kämpft. Da ist ­Underdog und Tanzlehrer Johnny Castle, der abseits seiner Lektionen gerne etwas enger und ziemlich sexy tanzt. Kein Wunder, verliebt sich Frances «Baby» Houseman, eine 17-jährige Tochter aus reichem Hause, in den jungen Mann. Die Eltern sind dagegen sehr, und sie gilt es einen Film lang von der Ernsthaftigkeit der Liaison zu überzeugen.

Für Patrick Swayze war der «schmutzige» Tänzer eine Paraderolle. Und hach, was schmachteten die Frauen! Den Erfolg des Films konnte der Schauspieler nie wiederholen. Noch schlimmer allerdings traf es seine Filmpartnerin: Jennifer Grey war später in keiner relevanten Rolle mehr zu sehen – nach einer Nasenoperation erkannte man sie schliesslich gar nicht mehr wieder.

2004 versuchten ein paar Filmemacher, den Erfolg von «Dirty Dancing» mit einem Sequel zu wiederholen. Und scheiterten. Ob dem Remake des Originals, das schon länger angedacht ist und nach aktuellem Stand im Sommer 2014 in unsere Kinos kommen soll, mehr Erfolg beschert sein wird? Es wird schwierig werden – wie die Filmemacher selbst schon merken: Bislang scheitern sie bereits bei der Suche nach der richtigen Besetzung …

Patrick Swayze:
Die Rolle des Johnny Castle in «Dirty Dancing» war die Paraderolle des 1952 geborenen US-Schauspielers. Mitte der Achtziger bekannt geworden durch die TV-Serie «Fackeln im Sturm», wusste vorher keiner um die tänzerischen Qualitäten Swayzes. Viele Erfolge konnte er danach nicht mehr verzeichnen – am meisten Publikum lockte 1990 noch «Ghost» (mit Demi Moore) in die Kinos. Swayze starb 2009 mit 57 Jahren an Bauch­speicheldrüsenkrebs.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.08.12

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