Kultwerk #9: Life of Brian

Schöne Bescherung: Monty Python brachten 1979 eine brillante Verwechslungskomödie ins Kino.

Fesselnd: «Always Look On The Bright Side Of Life»

Schöne Bescherung: Monty Python brachten 1979 eine brillante Verwechslungskomödie ins Kino.

Weils grad so feierlich ist: Haben Sie sich schon Gedanken über die letzte grosse Sause gemacht, also nicht jene des Jahres, sondern des Lebens? Die Briten tun das ­regelmässig. Weshalb in England sogar Hitparaden der beliebtesten Abdankungslieder erstellt werden. Immer wieder weit vorne taucht darin «Always Look on the Bright Side of Life» auf. Ein pfiffiges Lied, das wir einem Zufall verdanken: 1978 drehte die ­Komikertruppe Monty Python einen Spielfilm in der Hitze Tunesiens – seit Wochen schon. Was fehlte, war eine Schlusspointe. Ein Abgesang vor dem Abspann. Also schrieb und sang Eric Idle in seinem Hotelzimmer einen sarkastischen Text für die Kreuzigungs­szene: «Life’s a piece of shit, when you look at it!» Damit setzte er einem kolossalen Film die Krönung auf: «Life of Brian».

Die gesamte Idee ist Idle zuzuschreiben. Monty Python hatten gerade ihren ersten Spielfilm «Holy Grail» ins Kino gebracht (deutscher Titel: «Ritter der Kokosnuss»), als sie von Reportern gefragt wurden, wie ihr nächster heissen würde. Idle scherzte: «Jesus Christus – die Lust auf Ruhm». Auf die Provokation folgte die Produktion: Das Sextett erinnerte sich an das Neue Testament, schüttelte eine Parodie aus den Sandalen und schuf so die brillanteste Verwechslungskomödie der Filmgeschichte.
Im Zentrum: Brian von Nazareth, uneheliches Kind einer Jüdin und eines Römers, der in einem Stall zur Welt kommt und für den Messias gehalten wird. Ein fataler Irrtum, der ihn sein Leben lang verfolgt. Dabei möchte er doch nicht der Erlöser sein, sondern der Befreier! Er schliesst sich der Volksfront von Judäa an (und nicht etwa der judäischen Volksfront!), die die Imperialisten aus dem gelobten Land verjagen will. Dumm nur, dass Brian mit Jesus verwechselt wird und so nicht nur die erbosten Römer, sondern auch fanatische Jünger abschütteln muss.

Als der Film 1979 ins Kino kam, sorgte er für kontroverse Diskussionen und in den USA gar für Protestmärsche. War das Gotteslästerung? Das hatte sich zuvor schon die Filmabteilung von EMI gefragt und das Komikerkollektiv kurz vor Drehbeginn hängen lassen. George Harrison sprang ein und garantierte zwei Millionen Pfund. Sein Glaube an diese Beatles der Comedy zahlte sich aus: Der Film wurde ein Welterfolg. Vollendet die Handlung, grossartig die Dialoge und Rollenspiele. Ein Meisterwerk des britischen Humors, das in Irland und Norwegen verboten wurde. Dabei betonten Monty ­Python stets plausibel, dass sie sich nicht über Jesus oder die Religionen an sich ­lustig machten, sondern über die Auslegung der Menschen, über die Fanatiker. Wie ruft doch eine Schar Jünger dem verzweifelten Brian entgegen: «Wir sind alles Indivi­duen!». Und einer schiebt nach: «Ich nicht!» Köstlich. Nur die Tea Party findet das wohl heute noch nicht komisch.

Wie schon in «Holy Grail» spielte auch in «Life of Brian» der stillste Python die Hauptrolle: Graham Chapman, ausgebil­deter Arzt und ausgezeichneter Komiker. 1989 erlag er einem Krebsleiden. An seiner Abdankungsfeier sangen ihm seine Kollegen ein Ständchen: ­«Always Look on the Bright Side of Life».

Quellen

Monty Python Anthology

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23/12/11

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