Lichtspiele: Blue Jasmine

Jasmine hat in Woody Allens jüngstem Wurf den Wohlstands-Blues und fällt in die kleinbürgerliche Welt ihrer Schwester – eine Traumrolle für Cate Blanchett.

Kiss me, Cate. Jasmine (Cate Blanchett) probiert neues Leben und neuen Liebhaber. (Bild: Frenetic)

Jasmine hat in Woody Allens jüngstem Wurf den Wohlstands-Blues und fällt in die kleinbürgerliche Welt ihrer Schwester – eine Traumrolle für Cate Blanchett.

Sie redet ins Leere. Auch wenn ihr niemand zuhört. Sie durchlöchert ihre Tage mit Worten, um Halt zu finden, so, wie einst Filmstreifen perforiert wurden, damit sie im Projektor Halt fanden. Man geht ihr aus dem Weg, wenn sie sich neben einen setzt: Jasmine.

Wie einst Tennessee William Blanche – in «Streetcar named desire» – führt uns Allen eine feine Dame vor, die von ihrer Traumwelt eingeholt wird, besser: Von ihrer Albtraumwelt.

Aus den luftigen Wolken der High Society heruntergekommen, landet Jasmine in der stickigen Kleinwohnung der Kassiererin Ginger, ihrer Schwester, für dessen Armut sie verantwortlich ist. Sally Hawkins, die wir schon in Happy-Go-Lucky  als hinreissende Frohnatur erleben durften, ist diese Ginger. Bei ihr findet Jasmine einfache Menschen, Arbeit und sogar etwas Halt. Doch längst kann Jasmine zwischen Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr unterscheiden.

Blanchett spielt mit jeder Faser

Cate Blanchett spielt diese Jasmine mit jeder Faser ihres Körpers. Sie verwandelt sich in diese Frau, die zusehends sich selber spielt, wie sie gerne wäre, sich dabei aber immer weiter von sich selbst entfernt. Erst sind es nur kleine Ausflüchte, die Jasmine von der Wirklichkeit trennen, kleine Unwahrheiten, im Vergleich zu den grossen Betrügereien, die ihr Mann begeht. Doch dann werden die Lügen dicker. Und die Wirklichkeit im Gegenzug immer krasser. Am Schluss steht Jasmine neben sich. Doch je weiter sie sich von sich selbst entfernt, desto näher kommen wir der Schauspielerin Cate Blanchett.

Woody Allen hat selten so kompromisslos humorvoll die Fassade der Bürgerlichkeit niedergerissen. Er selber ist Film nicht zu sehen. Aber zu hören ist er unaufhörlich! Das ist auch besser so. So unerhört tiefsinnig wie seine Erfindungen, kann er selber gar nicht mehr sein. Dabei erzählt Allen geistreich, komisch, tieftraurig und – am Ende erbarmungslos – Jasmines Wirklichkeitsverlust. Selbst als die Fassade des Reichtums längst weg ist, klammert sie sich – an leere Worte. 

Nächster Artikel