Lichtspiele: Ein Miss-Erfolg?

Zwei Horrorfilme führen das Genre ad absurdum – mit unterschiedlichem Resultat.

Missen Massaker (Bild: zVg)

Zwei Horrorfilme führen das Genre ad absurdum – mit unterschiedlichem Resultat.

Horrorfilmemacher würzen ihre ­Horrorfilme gerne mit Zitaten aus Horrorfilmen. Sie wollen uns damit sagen, dass das Horrorfilmemachen gelernt sein will. Horrorfilmzitate machen aus einem Horrorfilm einen komischen Horrorfilm, weil die Horrorfilmgemeinde beim Wiedererkennen der Horrorfilmzitate Lustgefühle empfindet, die Horrorgefühlen verwandt sind, und schreit oder lacht oder beides. Für ­Horrorfilmanfänger bietet sich nun bald zweifach Gelegenheit, ihre Tauglichkeit für Horrorfilmgemeindesäle zu prüfen.

Sie wollen killen

In «The cabin in the woods» (ab. 6. 9. im Kino) fahren fünf Studenten in den Wald, in eine einsame Hütte: Eine Jungfrau, ein Held, ein Glatzkopf, ein Chick und ein durchgeknallter Kiffer wollen chillen. ­Dagegen haben die Untoten im Wald etwas. Sie wollen killen. Die grausige Opferung wird von einem internationales Team gelenkt, mit Pillen. So kommt es zu Hinrichtungen. Die alten Götter der Unterwelt ­verlangen das so: Doch diesmal geht das ­Ritual schief.

Wo «The cabin in the woods» das Genre durch Genremittel ad absurdum geführt, kommt Michael Steiners «Missen Massaker» wie eine Ferienreise von Kuoni daher: Dort fahren statt Studenten Missen, da morden statt Zombies Gummimasken aus Horrorfilmklassikern. Immerhin schockiert uns, was wir längst vermutet haben, gleich zu Beginn mit voller Wucht: Um Miss zu werden, braucht es keinen Kopf. Um Miss zu bleiben, aber schon. Dass die Miss Schweiz ihren Kopf so gruselig verliert, ist logisch. Krönung und Köpfung finden in einem Aufwisch statt. In Sachen Gänsehaut wird nicht gespart. Miss um Miss darf sie zeigen (ohne dass es uns unter dieselbe geht).

Gellen können die Missen allesamt prächtig

Woran fehlts? Das Drehbuch macht sich über etwas lustig, was als solches schon fast eine Satire-Sendung ist. Missenwahlen gehören traditionell nicht gerade zum Unesco-Weltkulturerbe. Es braucht also mehr freiwilligen Witz, als das Missenbusiness ohnehin schon unfreiwillig hergibt.

Schrecke ich Sie ab? Ist das bei einem Horrorfilm nicht gerade ein Grund hineinzugehen? Dann will ich loben: Wohl tut, dass Steiner sich selbst nicht so ernst nimmt. Er lässt uns sehr früh in seinen Trickkoffer schauen, in dem sämtliche ­Horrorklassiker mit Faschingsmasken vertreten sind. Kommt erst «Scream» oder «Hostel» oder gleich «Gingerbreadman»? Wohl tut auch, dass Steiner gewohnt rasant erzählt. Wohl tun auch die beiden Rapolds, die auf der männlichen Seite der Leinwand das Vorurteil Lügen strafen, nur Missen könnten unterbelichtet und tödlich giftig sein. Am meisten wohl tut, dass unter den Missen Lisa Bärenbold die Balance von Komik und Horror nicht missen lässt. Sie trägt auch den hübschesten Geisterbahn-Schrei des Filmes bei! Überhaupt: Gellen können die Missen allesamt prächtig. Mehr loben sollte ich nicht, sonst werden Sie wieder abgeschreckt und gehen doch hin.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 24.08.12

Nächster Artikel